Vor dem Haus der Familie Steenwijk wird ein nazifreundlicher holländischer Polizist von Widerständlern erschossen. Die deutsche Besatzung macht kurzen Prozess, fasst den Täter, erschießt in einem Akt der Willkür das Ehepaar Steenwijk sowie deren Sohn Peter. Das Haus wird in Schutt und Asche gelegt. Anton, der damals 12-jährige Sohn ist der einzige Überlebende. Nach einer Nacht im Gefängnis wächst er dann bei Verwandten auf und führt eigentlich ein recht „normales“ Leben.
In insgesamt 5 „Episoden“ im Zeitraum von 1945 bis 1981 wird das Leben des Anton Steenwijk erzählt, der eigentlich dieses Erlebnis verdrängen und die Vergangenheit ruhen lassen will. Doch immer wieder wird er mit Menschen und Szenen konfrontiert und das Erlebte begleitet und überschattet sein Leben.
Der Stil ist nüchtern, fast beiläufig wird die Geschichte „erzählt“, ohne aber Distanz zum Protagonisten zu erzeugen.
Es ist die Frage nach der Schuld, die sich wie ein roter Faden durch das 200-Seiten-Buch zieht.
Sind die Deutschen schuld? Sind es die holländischen Kollaborateure oder gar die Widerständler, die den Polizisten erschossen haben? Wären da noch die Nachbarn, die auch ihre Finger im Spiel hatten ….
Anton beginnt zu verstehen, dass es keinen „Schuldigen“ gibt, bzw. dass man, um die Schuldfrage zu klären, wohl bis zu Adam und Eva zurückkehren muss.
Ein Satz ist mir aufgefallen, es geht um die Namensgebung bei Kindern:
„Erst wenn es wieder Adolfs gibt, haben wir den 2. Weltkrieg wirklich überwunden“
Es gibt viele Bücher, die sich mit der Vergangenheitsbewältigung und dem Thema 2. Weltkrieg beschäftigen. Aber dieses Buch behandelt die Thematik in einer Form, die mich sprachlos macht. Neben Imre Kertesz’ „Roman eines Schicksallosen“ ist „Das Attentat“ für mich ein ganz wichtiges Buch, das jeder gelesen haben sollte! Aufrüttelnd, nüchtern, ohne anzuklagen, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne Besserwisserei und es hinterlässt das Bewusstsein, dass man sehr vorsichtig sein soll mit Pauschalverurteilungen und Schuldzuweisungen!
Ganz große Literatur!