Wir begleiten Joachim im Jahr 1964. Er ist Besitzer eines Schleppkahns irgendwo in Frankreich und füllt seinen Tag mit Zaunstreichen und Trinkgelagen aus, vorzugsweise Fenchelessenz mit Kranewasser. Außerdem schläft er viel: morgens, mittags, abends …
Wir begleiten Joachim im Jahr 1264. Er ist Herzog von Auge und verlässt seine Heimat, weil er sich weigert, an einem der sinnlosen Kreuzzüge teilzunehmen. Er reitet gemächlich drauf los, trifft Leute und trinkt mit ihnen, vorzugsweise Fenchelessenz mit Kranewasser. Außerdem schläft er viel: morgens, mittags, abends …
Der träge Tagesrythmus der Beiden ist Programm, denn sobald der eine einschläft, erwacht der andere. Queneau treibt mit seinen Lesern ein Spiel, ein Experiment um das Thema Identität. Wer träumt hier wen? Sind sie Doppelgänger oder sind sie ein und dieselbe Person?
Ohne Absatz wird von einer zur anderen Figur gezappt, Dialoge werden in einem anderen Jahrhundert fortgesetzt, Figuren tauchen in beiden Epochen auf - mit gleichen Namen, doch mit zeitgemäßen Rollen. Queneau spielt dieses Szenario konsequent durch, selbst die Sprache wird in diesem Experiment mit einbezogen. So werden altertümliche Floskeln in die Gegenwart übertragen (heute würde man „geschwollen“ dazu sagen) und neumodische Wörter in den Mund des archaischen Gegenparts gelegt. Während Zeitgenossen der Vergangenheit von einer Eingebung des Teufels reden, sollte der Herzog mal wieder eines jener fremdartigen Wörter benutzen, so hapert es beim modernen Joachim bereits an der Rechtschreibung bei der Erwähnung eines technisch fortgeschrittenen Objekts: Ouagen statt Wagen oder Tevie statt Fernseher. Der Grund ist simpel, denn sollte der Herzog träumen, kann er Dinge nur nach ihrer Lautschrift folgen.
Die Geschichte plätschert dahin, völlig belanglose Angelegenheiten werden beschrieben, und doch wird es niemals langweilig, weil der Leser ständig mit der Frage beschäftigt ist, was genau dort abgeht. Märchenelemente wie sprechende Tiere und wundersame Alchimisten werden zwischendurch eingestreut, um die Möglichkeit eines Traumes zu untermauern. Nach jeder Reiseetappe des Herzogs nähert er sich zeitlich seinem gegenwärtigen Doppelgänger, bis sie sich irgendwann im Jahr 1964 treffen. Und der Leser kommt nicht umhin, sich zu fragen, wer denn nun wen träumt, gar sich gegenseitig? Oder ist das ganze Leben nur ein Traum?
Ein witziger, ein irrwitziger Roman eines Surrealisten.
Gruß,
chip