Readers will sympathize with him [Julius Winsome] every step of the way
Leser werden jeden Schritt des Weges mit ihm [Julius Winsome] sympathisieren so zu lesen im Oktober 08 bei RBI.
Als ich das Buch beendet hatte war aber eher das Gegenteil der Fall oder zumindest hatte ich den Eindruck das der gebürtige Ire Gerard Donovan das Gegenteil erreichen wollte.
Julius Winsome ist ein Eremit in den nördlichsten Wäldern von Maine, an der Grenze zum französischsprachigen Teil Kanadas, wo er alleine in einer Hütte mit seinem altgdienten Terrier Hobbes lebt.
Des Sommers über verdient er Geld mit Gelegenheitsjobs und die langen kalten Winter verbringt er meist lesend in seiner Hütte die nicht weniger als 3 282 Bücher beherbergt.
Eines Novembertages jedoch, als sich sein Hund mit einer Schussverletzung aus dem Wald schleppt und selbst der Tierarzt nicht mehr helfen konnte, wird Julius´ Weltbild erschüttert. Vor allem als der Arzt Vermutungen darüber anstellt das der Hund aus einer Entfernung von gerade einmal einem halben Meter erschossen worden ist.
Julius entschließt sich zur Selbstjustiz und greift am nächsten Tag zum alten Enfield Scharfschützengewehr seines Großvaters aus dem ersten Weltkrieg mit dem er sich, am vermeintlichen Ort des Geschehens, auf die Lauer legt und auch nicht lange warten muss bis sich ein Jäger zeigt.
Nun scheint nicht nur die Jagsaison auf das viel gejagte Wild eröffnet zu sein sondern auch auf die Jagenden selbst, denn dieser eine Jäger soll nur der Erste in einer langen Reihe von Toten sein.
Anfänglich ist die Tat die Winsome hier begeht noch verständlich. Mit dem fortschreiten der Geschichte erfährt man auch wie Julius zu seinem Hund gekommen ist und auch welche Gefühle und Erinnerungen er an das Tier geknüpft hat. Das nun so ein wichtiger Teil seines Lebens einfach von ihm genommen wurde und das er nun versucht, im Affekt, Rache am Schuldigen zu nehmen ist verständlich und bringt ihm viele Sympathien der Leserschaft. Jedoch nicht wirklich verständlich ist das sich dieser eine Mord zum Amoklauf in Zeitlupe auswächst und er, Julius, über mehrere Tage hinweg immer weitere Menschen umbringt. Schon beim ersten Toten wird erschreckend klar das Julius wahllos schießt, sich nicht mal auf Vermutungen stützt sondern einfach drauflos knallt. Und das ist es dann auch wo Donovan den Leser zu verlieren beginnt. Das kaltblütige Vorgehen des Protagonisten wird unverständlich, seine -zuerst schießen und dann fragen- Methode wird im Verlauf des Buches immer fragwürdiger. Zwar kommt es im Charakter Winsomes immer wieder zu Selbstreflexionen und Einsichten die sich mit dem töten Unschuldiger auseinandersetzen aber generell neutralisiert sich die anfängliche Sympathie des Lesers und man bekommt sogar etwas Wut auf die Sturheit dieses Mannes.
Dies geht Hand in Hand mit der arg rudimentären bis überhaupt nicht vorhandenen Charakterisierung der Hauptfigur. Zwar erfährt man einiges vom Wesen seines Vaters bzw. seines Großvaters, der von den alten Geistern seiner Opfer im ersten Weltkrieg gejagt wurde die ihn des Nächtens wach liegen ließen, aber von Julius erfährt man leider überhaupt nichts. Ob dieser Mann nun Normal oder Geisteskrank ist, wie er in der Schule war und mit welchen sozialen Schwierigkeiten er sich vielleicht herumschlagen musste bleibt alles in einem dunklen Kämmerchen vor dem Leser verborgen.
In dem Zusammenhang könnte ich mich fast zu der Behauptung versteigen das der wahre Hauptcharakter schon am Anfang des Buches erschossen wurde.
Gerade in der Erzählperspektive des toten, danach vielleicht geisterhaften, Hundes Hobbes hätte sehr viel erzählerisches Potenzial gesteckt. Eine Stimme die Julius Winsome vielleicht charakterisieren hätte können, diese, sich zur Sinnlosigkeit steigernde, Wut hätte erklären können.
Somit verliert das Buch ab der Hälfte eindeutig seine Legitimität und bringt den Schriftsteller ins Stolpern und anschließend, am Ende, zu Fall.
Denn zäh gestaltet sich das Ende das mit der “Serientäterschaft” Winsomes klar bricht und seinen eigenen Regeln widerspricht und noch mehr Konfusion verbreitet.
Was man nun nicht erwarten wird ist das ich klar und deutlich anerkenne das Gerard Donovan ein wirklich sehr guter Schriftsteller ist der mit
Winter in Maine lediglich einen mittelmäßigen Roman abgeliefert hat. In vielen Details erkennt man seine Klasse als denkender Kopf aber diese reicht nun mal nicht um das Buch über die halbgare Story hinwegzuretten.
Interessierte sollten sich das Buch mal ausborgen und sich ihre eigene Meinung darüber bilden. Leser die jedoch schon artverwandte Bücher wie z.B.
Go with Me von Castle Freeman gelesen haben können das Buch ruhig im Regal stehen lassen.