Berlin, Sommer 1923. Die Inflation galoppiert, die Verzweiflung und Aussichtslosigkeit der Menschen ist grenzenlos. Wolfgang Pagel wohnt mit seiner Freundin Petra Ledig in der Georgenkirchstraße im dritten Hinterhof, vier Treppen bei Pottmadam, die untervermietet. Ursprünglich entstammt er einer angesehenen Familie, mit der er sich jedoch überworfen hat. Nun lebt er, arbeitslos, ohne Lebensinhalt und -ziel, das unstete Leben eines Glücksspielers. Trotzdem will er Petra heiraten, muss jedoch erst noch das Geld für die Trauung auftreiben. Um zu seinem Freund, der ihm das Geld leihen soll, fahren zu können, bringt er die Kleidung der Freundin ins Pfandhaus. Aber sein Versuch, an das Geld zu kommen, scheitert. So muss er später von seiner Mutter erfahren, dass Petra von Pottmadam auf die Straße gesetzt wurde. Dort wurde sie halbnackt von der Polizei aufgegriffen und eingesperrt.
In einem zweiten Erzählstrang erfährt der Leser wie sich das Leben in ländlicher Gegend gestaltet. Zur gleichen Zeit versucht der Rittergutspächter Joachim von Prackwitz-Neuenlohe in Berlin Arbeitslose als Erntehelfer anzuwerben. Sein Pachtvertrag ist gespickt mit verzwickten Klauseln, die einzig dazu dienen sollen, die Unfähigkeit des Pächters zu belegen, denn der Verpächter ist der Schwiegervater von Prackwitz-Neuenlohe, dieser will den ungeliebten Schwiegersohn ruinieren und so die Scheidung von seiner Tochter erzwingen.
Dieses Werk Falladas wurde im Jahr 1937 veröffentlicht und zählt zu den bedeutendsten, die zur Zeit des Nationalsozialismus erschienen sind. Da sich aus dem Roman Parallelen zum Naziregime ergaben, wurde das Buch bereits kurz nach seinem Erscheinen wieder aus dem Handel gezogen.
Die Handlung des Romans ist sehr vielschichtig. Sie gewährt Einblick in die verschiedenen Gesellschaftsschichten. Eindrucksvoll schilderte der Autor den Kampf der Mittelschicht gegen den sozialen Abstieg. Die Figuren sind in ihrem sozialen Umfeld fein charakterisiert und geschickt in Szene gesetzt. Besonders die Entwicklung des Wolfgang Pagels ist bemerkenswert. Aber ebenso wie die Figuren berichtet Fallada umfassend über das politische und gesellschaftliche Geschehen während der Inflation. So entstand ein fantastisches, farbiges und lebensnahes Zeit- und Sittenbild.
Hervorzuheben ist auch die Sprache, deren sich Fallada bedient. Die Protagonisten lässt er in der ihnen eigenen Mundart sprechen. Das macht das Lesen stellenweise etwas mühsam, weil es ungewohnt ist, es wird aber nie langweilig, sondern rundet das Bild, das vor dem inneren Auge entstand, ab. Irgendwie schlichen sich beim Lesen auch immer wieder die Bilder von Heinrich Zille in meinen Kopf.
Mein Fazit: „Wolf unter Wölfen“ ist ein äußerst interessant zu lesender Roman, der auch viele Bezüge zum aktuellen Wirtschaftsgeschehen aufweist. Der Titel ist für die gesamte Handlung programmatisch, es geht schließlich um das Fressen oder das Gefressen werden. Dieses Buch (bei mir waren es zwei) kann ich guten Gewissens empfehlen.
Gebundene Ausgabe: 916 Seiten * Verlag: Aufbau-Verlag * ASIN: B0000BHXDA
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