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Schmitter, Elke - Frau Satroris




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Schmitter, Elke - Frau Satroris

Beitragvon Katia » 09.06.2010, 16:54

Elke Schmitter: Frau Sartoris


Frau Sartoris war als junge Erwachsene schön, intelligent, selbstständig - sie verliebte sich zunächst glücklich, alles schien perfekt. Erst als ihr Freund, der aus besseren Kreisen stammt, sie abrupt verlässt, ist sie so tief gekränkt, dass sie Ernst heiratet. Den lieben Vereinsmeier Ernst Sartoris mit der Beinprothese und der netten Mutter, der sie auf Händen trägt, dessen abenteuerlichstes Attribut sein Nachname ist: dies verspricht ein einfaches Leben im kleinen Landstädtchen. Damit ist Fr. Sartoris erstmal zufrieden. Jahre später, die Tochter bereits in der Pubertät, verliebt sie sich: Michael, der Theaterwissenschaftler, auf einmal scheint ein aufregenderes Leben wieder möglich.

Elke Schmitters dünner Roman wird von Fr. Sartoris selbst erzählt, kurze Absätze sind eingestreut, die einen Verkehrsunfall andeuten, dessen Bedeutung erst im Lauf des Romans klar wird. Geschildert wird ein ganz normales Leben, die Spießigkeit und Muffigkeit der 60er Jahre und eine Frau, die sich verletzt, eigentlich genau wissend, was sie erwartet, darauf einlässt. Ob es die Kriminalromanelemente wirklich gebraucht hätte? Sie machen das Buch spannend, haben mich aber irgendwie an Ingrid Nolls "Der Hahn ist tot" erinnert. Was aber wahrscheinlich weniger an der Ähnlichkeit der beiden Bücher, als an meiner Verweigerung Kriminalromane zu lesen, liegt, da fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten. Tatsächlich fand ich die Auflösung etwas unbefriedigend, obwohl das auch wieder sehr gut zum Leben der Fr. Sartoris passt. Und dieser ganze Vorabendkrimi-Handlungsstrang gut zur spießigen Atmosphäre der Kleinstadt.
Die Grundhandlung "unzufriedene Frau in der Provinz nimmt sich Liebhaber" lässt natürlich im Hintergrund Flaubert anklingen, eine moderne Bovary sozusagen (auch eine Begegnung mit einer Kutsche darf da natürlich nicht fehlen). Da zielt Fr. Schmitter mit Fr. Sartoris natürlich hoch, aber in weiten Zügen gelingt ihr das auch, auch wenn Sie sich manchmal hart an der Grenze zum Klischee rumtreibt.

Alles in allem eine spannende, gut geschriebene Lektüre für einen langen Nachmittag auf der Couch. Ich hab' es sehr gerne gelesen!

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