Anlässlich des angekündigten Besuches des chinesischen Ministerpäsidenten Wen Jiabao im indischen Bengalore beschreibt Balram Halwai in sieben (fiktiven) Briefen seinen Aufstieg von der untersten gesellschaftlichen Schicht zu einem erfolgreichen Unternehmer im Indien im 21. Jahrhundert.
Balram Halwais Familie gehört der Kaste der Zuckerbäcker an und lebt in einem indischen Dorf. Der Junge zeigt sich als sehr wissbegierig und unangepasst, lernt lesen und schafft es, aus dem Familienverband (und somit seinem vorgezeichneten Lebensweg als Diener im Teehaus) auszubrechen. Er bekommt eine Stelle als Fahrer und Diener eines Großgrundbesitzers in Delhi und lernt die Welt der Oberschicht – der Reichen - kennen. Schnell findet er heraus, dass man nur mit Korruption, Gewalt und Ausbeutung zu Wohlstand kommt. Er macht sich diese Mittel zu Nutzen und schafft den eigenen Aufstieg von der „Finsternis“ ins „Licht“.
Schonungslos und sehr provokant beschreibt Aravind Adiga das Indien des 21. Jahrhunderts. Er räumt auf mit der „Romantik“ rund um Mahatma Gandhi und der Idee des gewaltlosen Widerstands, möchte aufzeigen, dass das immer noch stark verwurzelte Kastensystem sich selber überholt hat. Einzig mit Korruption, Gewalt und Rücksichtslosigkeit erreicht man den gesellschaftlichen Aufstieg. Inwieweit diese Darstellung der Realität entspricht, kann ich nicht beurteilen. Ich habe allerdings ein ungutes Gefühl, wenn ich das Andenken an Gandhi mit Füßen getreten und das religiöse Empfinden ins Lächerliche gezogen sehe. Ich habe aber vor allem große Zweifel daran, dass ein Schriftsteller, der zwar in Indien (Madras, 1974) geboren wurde, als Sohn eines Arztes aber wohl nicht der untersten Schichte angehörte, teilweise in Australien aufwuchs und in Oxford studierte, die soziale und gesellschaftliche Situation in Indien authentisch darstellen kann.
Im Übrigen erwarte ich mir von einem „Booker“-Preisträger auch eine höhere literarische Qualität.