Vorweg:
auch diesmal hatte ich eigentlich keine Zeit für einen Schmöker, brauchte ihn aber trotzdem und so habe ich schon heute "Drei Minuten mit der Realität" beendet.
Zum Inhalt nur dieses Zitat (alles weitere wurde ja schon oben erwähnt):
Damián über Tango:
Es gibt keine Regeln, aber es gibt Codes. Es ist wie im Zauberwald im Märchen. Du kannst durchlaufen und nur den Wald sehen. Dabei machst du eigentlich nichts falsch, und es passiert dir auch nichts. Wenn du aber die Geheimsprache kennst, dann liegt hinter jedem Baum eine Überraschung, eine selbständige kleine Welt, die du dort nie vermutet hättest. Aber ohne die Geheimsprache kommst du dort nicht hin."
Anfangs fühlte ich mich noch wie der unbedarfte Spaziergänger, glaube aber am Ende des Romans mehr Verständnis für den Tanz erlangt zu haben.
Dass Fleischhauer eine erzählende Form gewählt hat, um seinem Publikum den Tango und die Kultur Argentiniens näher zu bringen, gefiel mir sehr gut. Immerhin lebt beides von Ausdruck und Stil - sind sie gut, fesseln sie den Leser und vermögen mit Hilfe fktiver Charaktere eine bestimmte Stimmung zu erzeugen und eine Botschaft zu übermitteln.
Ich bin sehr froh, der "
Purpurlinie" nur 4 Sterne gegeben zu haben, denn so kann ich diesem Roman gerechterweise einen höheren Stellenwert geben. Die fehlende Identifikation mit den Hauptpersonen war damals der Grund für den Punktabzug. Hier war es so, dass mir Giulietta zwar nicht immer symphatisch war, sie aber zumindest ein starkes Interesse an ihr hervorrief. Dafür schwebte Damián, der rätselhafte, charismatische Damián immer über der Handlung. So sehr, dass ich am liebsten fortwährend vorgeblättert hätte, ob (bzw. wann) er wieder in Giulettas Leben auftaucht.
Vorteil beim Lesen war sicher, dass ich nicht so unbedarft wie Giulietta war und mehr über die Geschichte des Landes Argentinien wußte.
Einige kleine Ungereimtheiten haben sich für mich nicht geklärt (fallen aber nicht besonders ins Gewicht, weil ich mich so gut unterhalten fühlte!):
1. An Giulettas Stelle hätte ich definitiv versucht, mir mehr Informationen über das Land zu besorgen, aus dem mein Geliebter kommt.
Spoiler hat geschrieben:Spätestens nachdem sie in der E.S.M.A. war oder doch zumindest nahc Damiáns "Selbstmord"...
2. Perfekt wäre sicher gewesen, wenn Wolfram seine Handlung in die Vorgaben des Tangos verpackt hätte. Um keinem das
Ende vorweg zu nehmen, spoiler ich den folgenden Teil.
Bereits zu Anfang und später gegen Ende des Romans wird gesagt, dass ein Tango-Tanz immer tragisch endet. Später dann, dass beim Tango der Mann denkt, die Frau aber lenkt.
Mit diesen beiden Motiven hätte man noch mehr spielen können und so evtl. ein noch intensiveres Gefühl erzeugen können.
3. Für mich hätte es
das Happy End nicht geben müssen. Wobei sich mir die Frage stellt, wie glücklich das Ende überhaupt ist, aber da hat sicher jeder einen anderen Interpretationswinkel. Gut, dass es so offen gelassen wurde.
Aber das nur so am Rande...
Bin ja froh, dass der Roman so ist wie er ist!