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Irving, John - Zirkuskind




Irving, John - Zirkuskind

Beitragvon Susannah » 23.04.2007, 18:24

Autorenportrait
John Irving wurde 1942 in Exeter in New Hampshire geboren. Als Berufsziele gab er schon sehr früh an: Ringen und Romane schreiben. Irving lebt und schreibt heute abwechselnd in New England und Kanada.


Kurzbeschreibung
Irvings turbulente Geschichte spielt zum größten Teil in Bombay. Held ist der pummelige Arzt Dr. Daruwalla, dessen Hauptaufgabe es ist, Blutproben von Zwergen in indischen Zirkussen zu untersuchen, um das "Zwergen-Gen" zu lokalisieren. Seine Freizeit verbringt er vorzugsweise im Golfclub. Dort hat er auch Zeit darüber nachzudenken, wer das Clubmitglied auf dem Gewissen hat, das im Gebüsch beim neunten Loch tot entdeckt wurde. Als weitere handelnde Personen treten auf: ein Hippie-Mädchen aus Iowa, das einen indischen Polizeikommissar liebt, ein brutaler Transsexueller, ein deutscher Drogenhändler, ein gefeierter Filmstar nebst seinem jesuitischen Zwilling, eine kastrierte Transvestiten-Prostituierte.

(http://www.amazon.de)

Nachdem ich das Buch beim ersten Mal nur bis Seite 50 gelesen habe, war ich dieses Mal restlos begeistert.

Es ist einfach nicht zu fassen, wieviele Charaktere, Handlungsstränge und Entwicklungen in Irvings Geschichten vorkommen. Wahrscheinlich wäre es bei anderen Schriftstellern zu viel, aber bei ihm verliert man nie den Überblick. Das Buch ist schnell, gefühlvoll, chaotisch (im positiven Sinne), skurril und klug. Wie man es bei John Irving gewöhnt ist. Während der ganzen 970 Seiten habe ich mir kein einziges Mal gedacht, dass eine Stelle überflüssig oder langweilig wäre.

Natürlich kommen, wie fast in jedem seiner Bücher, kleine Männer und große Frauen vor - und diese Eigenschaften zeichnen nicht nur ihre körperliche Erscheinung aus. Man bekommt einen guten Einblick in das Privatleben der Protagonist/innen und auch ein wenig in das Leben von Bombay. (Ich kann nur hoffen, dass letzteres in Wirklichkeit nicht ganz so schlimm ist, wie in dem Roman beschrieben...!!!)

Jedenfalls ist das Buch ein Muß für jeden Irving-Fan und für alle, die es noch werden wollen!!

Lg
Susannah
Nichts ist schöner und nichts erfordert mehr Charakter als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!
(Kurt Tucholsky)
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von Anzeige » 23.04.2007, 18:24

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Beitragvon Karthause » 23.04.2007, 18:38

@Susannah
"Zirkuskind" wird ganz bestimmt mein übernächster Irving. Aber erst steht "Owen Meany" auf dem Programm. Danke für deine Rezi, sie macht den Lesewunsch dringender. :D
Viele Grüße
Karthause

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Beitragvon Krümel » 11.08.2008, 09:55

Bild

Es braucht schon einen langen Atem um in diesen Roman hineinzufinden.

Bei mir hat das ungefähr 200 Seiten gedauert. Das liegt zum größten Teil daran, dass Irving zu Beginn wahnsinnig springt, oder einfach nicht zu Potte kommt, weil er immer wieder eine kleine Anekdote dazwischen schiebt. Dieser Stil geht sehr zu lasten der Figuren, denn sie werden dadurch überhaupt nicht greifbar. Ferner tauchen immer mehr, und mehr Figuren auf, und der Autor hat auch Mühe sie dem Leser jedes Mal wieder vorzustellen, oder an sie zu erinnern, damit man den Überblick behält.
Dann folgen viele Seiten, bei denen man aus dem Lachen nicht mehr heraus kommt . Beim Kapitel “Dildo” habe ich Tränen gelacht. Einfach köstlich!

Aber worum geht es überhaupt? (Klappentext)
“Die Handlung von John Irvings achten Roman >Zirkuskind< spielt hauptsächlich in Bombay. Dr. Farrokh Durawalla, der unheroische Held des Buches, ist eine der bisher bezauberndsten Schöpfungen des Autors: ein von zweifeln geplagter, pummeliger Arzt, fremd sowohl in Kanada, seiner Wahlheimat, als auch in Indien, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist. Wenn sich Dr. Daruwalla nicht gerade vergeblich bemüht, Blutproben von Zwergen in indischen Zirkussen zu sammeln, um das >Zwergen-Gen< zu lokalisieren, verbringt er seine Zeit damit, im Duckworth-Golfclub von Bombay an einem Bier zu nippen und darüber nachzudenken, wer der Mörder eines ehrenwerten Clubmitglieds sein könnte, das im Bougainvillea-Gebüsch beim neunten Loch entdeckt wurde. Indien ist ein buntes, unvorstellbar kontrastreiches Land, und entsprechend schießt Irvings Roman los - wie ein aus der Zirkuskanone gefeuerter Clown. Weitere unvergeßliche Figuren bevölkern Irvings turbulente Geschichte: das Hippie-Mädchen aus Iowa, das einen indischen Polizeikommissar liebt; ein brutaler Transsexueller und ein deutscher Drogenhändler; ein undurchsichtiger, vom indischen Kinopublikum ebenso gehaßter wie geliebter Filmstar samt seinen jesuitischen Zwilling; Kastrierte Transvestiten-Prostituierte und ein zwergwüchsiger Chauffeur. >Zirkuskind< ist ein wildes Buch.”

Ja, es ist ein wildes Buch! und auch der Klappentext vermag nicht alles wiederzugeben was im Roman geschieht.
Das Leitmotiv beschreibt Menschen, die nirgends richtig Zuhause sind, wie der Protagonist Farrokh. Er ist in Indien aufgewachsen, hat in Europa studiert, ist verheiratet mit einer Schweizerin, und lebt schon seit Jahrzehnten in Kanada. Dort ist er nach wie vor ein Einwanderer, und in Indien eher nur ein Fremder. Seine Zweifel beruhen auf der nicht vorhandenen Zugehörigkeit, und selbst mit Anfang sechzig hat er noch nicht zu sich selber gefunden.

Auch bei der Zwillingsgeschichte, die bei der Geburt getrennt worden, und auf verschiedenen Kontinenten aufwuchsen, findet man dieses Syndrom der Heimatlosigkeit.

Erotik, sexuelle Ausprägungen und alle mögliche Formen von Geschlechtsorganen und deren Verstümmelungen, kommen in diesem Roman nicht zu kurz. Es wird so ziemlich alles erwähnt, selbst typisch indische Abarten.

Ein Mord und dessen Aufklärung runden die ganze Handlung ab. Aber auch meine Aufzählung ist nur ein Bruchteil von dem was im Buch abgehandelt wird.

Im zweiten Drittel hören diese Sprünge auf, aber auch leider der Humor. Irving widmet sich Problemen zu, die einem manchmal arg mitnehmen können. Indien ist doch ein Land voller Rätsel und Katastrophen.

Es ist bestimmt nicht der beste Irving, aber dennoch lesenswert. Über gewisse Längen muss sich der Leser im Klaren sein, doch das ist ja ein Markenzeichen des Autors, er schreibt ja gerne diese Schinken.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: / :stern:
Schwierigkeitsgrad: leicht
BildLiebe Grüße,
Krümel



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