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Gruen, Sara - Wasser für die Elefanten




Gruen, Sara - Wasser für die Elefanten

Beitragvon marilu » 22.02.2009, 21:07

Originaltitel: Water for Elephants

"Wasser für die Elefanten" beginnt mit eine Rückblende ins Amerika der 20er Jahre - genauer gesagt, in eine Menagerie eines Wanderzirkus. Der Leser wird in eine tumultartige Szenerie hineingeworfen und erlebt mit, wie die Tiere dieses Zirkus ausbrechen und ein Mord geschieht.

Ca. 70 Jahre später erinnert sich der 90 oder 93 Jahre alte Erzähler Jacob Jankowski an seine Jugend. Mittlerweile im Altersheim, erlebt er mit wie auf dem Platz neben dem Heim ein Zirkus seine Zelte aufschlägt und sein Tischnachbar damit prahlt, früher als Kind Wasser für die Elefanten getragen zu haben. Jacob, ehemals Tierarzt eines Zirkusses bezichtigt ihn der Lüge und die Situation eskaliert. In seiner Einsamkeit und Unfähigkeit das eigene überzogene Verhalten zu erklären, erinnert er sich an die Geschehnisse seiner Jugend.

Kurz vor der Abschlussprüfung zur Beendigung seines Tierarztstudiums an der angesehenen Universität Cornell erfährt er vom Tod seiner Eltern. Zusätzlich zu diesem Schock muss er hören, dass er mittellos ist - beides zieht ihm den Boden unter den Füßen weg. Statt die Prüfungen zu schreiben, springt er auf den nächsten vorbeifahrenden Zug und findet sich in der Gesellschaft eines Zirkusses wieder und wird als Veterinär eingestellt. Hier lernt er seinen Vorgesetzten August kennen, Tierzähmer - Ehemann der erfolgreichen und bezaubernden Dressurreiterin Marlena. Ehe er es sich versieht, verstrickt sich Jacob in diesem gefährlichen Beziehungsdreieck. Dieses wird zum "Quartett", als der Zirkusdirektor Uncle Al die Elefantendame Rosie erwirbt und zu der Sensation seiner Show bestimmt... leider spielt die schwergewichtige Dame nicht mit. Und wird ebenso wie Marlena zum Mittelpunkt eines tödlichen Machtspiels...


Sara Gruen versetzt ihre Leser in ihre fiktive Zirkuswelt. Wie sie in ihrem Nachwort sagt, wurde sie von Fotografien der amerikanischen Wanderzirkusse in den 20er Jahren zu diesem Roman so inspiriert, dass sie ein anderes Projekt beiseite legte. Ihre Euphorie und Recherche geben der eigentlich absehbaren Geschichte eine sehr lebendige und fesselnde Atmosphäre sowie viele erinnerungswürdige Charaktere. Zeitsprünge zwischen den 20ern und 90ern (also Jacobs Vergangenheit und Gegenwart) fördern die Intensität meiner Meinung nach noch. Liebevoll sind zudem die Fotografien echter Zirkusschnappschüsse vor jedem Rückblick.

Rundum gelungene Unterhaltung! Ich bin sehr froh, das Buch nach Jahren von der Wunschliste befreit zu haben!

:stern: :stern: :stern: :stern:

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Beitragvon Nerolaan » 23.10.2009, 20:52

[center]<<Was ist los? Was ist passiert?>>, fragte ich.
<<Psst>>, zischte Grady.
Das Orchester spielte jetzt <<Stars and Stripes forever>>.
<<O Gott. Verdammter Mist!>> Grady warf seinen Hamburger auf den Tisch und sprang so hastig auf, dass die Bank umfiel.
<<Was? Was ist los?>>, schrie ich, denn er war bereits losgerannt.
<<Der Katastrophenmarsch!“, rief er mir über die Schulter zu.
(Sara Gruen – Wasser für die Elefanten, S. 10)

[/center]

Jacob Jankowski ist 93 Jahre und lebt in einem Pflegeheim. Richtig glücklich ist der rüstige Rentner damit nicht, denn – und er wird nicht müde es zu betonen – er ist alles andere als gebrechlich. Seine Unzufriedenheit wächst, als ein Zirkus beginnt, genau vor dem Heim seine Zelte aufzubauen. Jacob wird ungeduldig, denn er möchte unbedingt die Vorstellung sehen.
Doch bis es soweit ist, erinnert sich Jacob an seine eigene Jugend und an seine Zeit als Tierarzt beim Zirkus...

Die Amerikanerin Sara Gruen arbeitete an einem anderen Buch, als sie über das Leben in Zirkussen, während der Depression stieß. Vom Thema gefangen und fasziniert, recherchierte sie das Thema, ließ ihr anderen Buch links liegen. Herausgekommen ist Wasser für die Elefanten (Original: Water for Elephants).

Während der Roman in den USA gefeiert wurde und lange die Bestsellercharts regierte, ist er hier zu Lande eher unbekannt.
Zurecht?

Einen Pluspunkt hat die Autorin von Anfang an: nicht viele Romane spielen in einem Zirkus und beleuchten das Leben in selbigen.
Und diese Beschreibung gelingt der Autorin rundum, denn man blickt hinter die Kulissen, lernt zu verstehen, wie das Konstrukt Zirkus funktionierte, wie Zirkusmitarbeiter die Welt erlebten.
Alles wirkt sehr authentisch und in sich stringent. Gruen versteht es bei ihrer Beschreibung Akzente zu setzen und vergisst keinen Baustein.

Da das Leben in einem Zirkus selbst zur Zeiten der Depression relativ gediegen war, bringt die Autorin die Liebe mit ins Spiel, die für die nötige Dramatik sorgt. Dabei verliebt sich der unbedarfte 19-jährige Jacob in die verheiratete Marlene und sorgt so für jede Menge Ärger...

Eigentlich kann und mag ich gar nichts Negatives über diesen Roman schreiben: er ist farbenfroh, lebendig und atmosphärisch.
Und dennoch bleibe ich mit einem fast gleichgültigen Gefühl zurück.

Gruen ist ohne Frage ein Roman gelungen, mit dem einige Stunden in eine andere Welt tauchen kann und sich ein verregnetes Wochenende verschönern kann.
Aber leider bleibt der Roman einem nicht lange im Gedächtnis: er ist nett, aber da er ohne nennenswerte Höhen und Tiefen bleibt, keine Hacken schlägt, ist er mir unterm Strich zu 'glatt', um nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Schade, denn ich hatte mir so einiges mehr versprochen.

Fazit:Sara Gruen ist mit Wasser für die Elefanten ein toller Unterhaltungsroman gelungen, der einen für ein paar Stunden mehr als gut unterhält. Trotzdem fällt der Roman leider dennoch eher in die Kategorie „schnell gelesen, schnell wieder vergessen“.

:stern: :stern: :stern:
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Beitragvon Krümel » 24.10.2009, 12:55

Ist das schon im Blog? Ich schau mal, kann ich ja ne Doppelrezi draus machen, oder?
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon marilu » 24.10.2009, 18:18

Nerolaan hat geschrieben:Fazit:Sara Gruen ist mit Wasser für die Elefanten ein toller Unterhaltungsroman gelungen, der einen für ein paar Stunden mehr als gut unterhält. Trotzdem fällt der Roman leider dennoch eher in die Kategorie „schnell gelesen, schnell wieder vergessen“.

Schade, dass der Roman deinen Erwartungen nicht gerecht wurde. Mir haben die Kleinigkeiten, die so nebenbei einfliessen so gut gefallen, dass ich ihm damals 4 Sterne gegeben haben (z.B. Jakobs Weigerung, sich zu seinem Alter zu bekennen oder seine grummelig-sarkastische Art im Altenheim und dann der "Alleingang" zum Zirkus und die Beschuetzerhaltung des Direktor, der mir die Erzaehlung so unheimlich sympatisch machte).
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Beitragvon Nerolaan » 24.10.2009, 18:56

marilu hat geschrieben: (z.B. Jakobs Weigerung, sich zu seinem Alter zu bekennen oder seine grummelig-sarkastische Art im Altenheim und dann der "Alleingang" zum Zirkus und die Beschuetzerhaltung des Direktor, der mir die Erzaehlung so unheimlich sympatisch machte).


Das hat mir auch sehr gut gefallen; würde ich nur diese Dinge bewerten, würde das Buch auch bei mir "besser wegkommen".
Aber als Ganzes ist der Roman für mich doch eher unscheinbar....
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