Boot Camp ist ausgelesen, aber es war wieder einmal ein Buch, dass sich fest in mein Gedächtnis gedrängt hat.
Vor dem Lesen dachte ich noch, in Ordnung, jugendliche Straftäter müssen mal lernen, dass es in einer Gesellschaft Regeln und Normen gibt, die einzuhalten sind. Deshalb auch mein Vergleich zu den Jugendwerkhöfen in der DDR. Da kamen Jugendliche hin die schon etwas auf dem Kerbholz hatten, solche kannte ich. Es soll auch eine politische Umerziehung dort gegeben haben. Aber mein Vergleich hinkt gewaltig. Denn im Roman gibt es keinen Staatsanwalt, der anklagt und keinen Richter, der die Jugendlichen verurteilt. Es sind die ELTERN, die ihren Kindern das antun.
Beim Lesen des Boot Camp fragte ich mich in den ersten Kapiteln, was hat Connor denn nur getan.
Spoiler hat geschrieben:Er hat sich verliebt. Er hat sich einfach nur in seine Lehrerin verliebt. Ok, sie ist 10 Jahre älter, er ist noch minderjährig. Wenn meinem sohn das passiert wäre, hätte ich auch erst mal ein Problem gehabt. Aber er wäre sicher nicht in einem Boot Camp gelandet. Das kann sich Otto Normalo sowieso nicht leisten.
Für die Eltern, der Vater erfolgreicher Anwalt und die Mutter selbständige Krisenmanagerin, wurde die ganze Situation unbequem, sie konnten mit ihrem hochintelligenten Sohn nicht mehr in ihren Kreisen brillieren (dachten sie sicher). Sie hätten sich Gedanken machen, Argumente finden, vor allem sich Zeit nehmen und reden müssen. Aber währscheinlich kannten sie nur Erziehungsmethoden, die man mit Dollars bezahlt. So wird der "missratene" Sohn zur Umerziehung abgeschoben und sie machen sich wohl keine Gedanken, wie diese Umerziehung erfolgen soll. Sie delegieren die Verantwortung. Aber es ist ja gar keine Umerziehung, der Willen der Jugendlichen wird gebrochen.
Ja, Cassa, bei dem von dir zitierten letzten Satz bekam ich Gänsehaut und einen ganz dicken Kloß im Hals. Denn, nein, diese Behandlung hat kein Jugendlicher verdient. Das ist einfach unmenschlich.
Bezeichnend für das ganze Buch sind die Kapitelüberschriften, die den Regeln des Boot Camps entsprechen. Morton Rhue hat seinen Roman in der Ich-Form geschrieben, das zieht den Leser aktiv in das Geschehen ein.
Du kommst hier nicht raus,
wenn du ihnen vorspielst,
was sie haben wollen.
Du kommst hier erst raus,
wenn du bist,
was sie haben wollen.
Diese Zeilen sind dem Buch voran gestellt. Und ich finde, sie sagen mehr als jede Rezi es könnte. Deshalb möchte ich euch nur sagen, lest dieses Buch. Ich habe Cassa schon eine lange PN geschrieben und sie mit meinen Gedanken zugeschüttet. Aber es war so ein bemerkenswertes Buch. Hier habe ich noch einen interessanten Artikel im
Spiegel gefunden.