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Damm, Sigrid - Goethes letzte Reise




Damm, Sigrid - Goethes letzte Reise

Beitragvon Wirbelwind » 01.12.2007, 16:54

Nachdem Krümel schon mal den Vorschlag gemacht hat ,man könne auch während des Lesens seine Eindrücke weitergeben - greife ich den Gedanken auf und schreibe (oder versuche) ein kleines Lesetagebuch zu erstellen.
Eigentlich war ich der festen Überzeugung das Thema Goethe nach allen Seiten abgedeckt zu haben. Jetzt entdeckte ich ihr neues Buch, dass mir schon nach kurzem Querlesen einen Geburtstagsgutschein aus der Tasche gezogen hat. :D
Wie auch schon in "Christiane und Goethe" hat Sigrid Damm intensiv recherchiert und ihre Rückschlüsse sind sehr beeindruckend.
Es beschreibt die letzten Jahre des hoch betagten Genies mit menschlichen Schwächen. Sofort habe ich das Gefühl noch nie so viel über Goethe erfahren zu haben wie in diesen Seiten. Seine Gedanken zum Alter machen mich nachdenklich, amüsieren mich zum Teil auch. Bei einer damaligen Alterserwartung von 35 Jahren (laut S.Damm) kann er auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Doch es ist mehr als ein Blick zurück. Er sagt dem Nachlassen körperlicher Fähigkeiten mit enormer Geistessteigerung entgegengetreten zu sein und spekuliert mit Zwinkern (nehm ich mal an) zu welch Taten er noch die nächsten 4o Jahre in der Lage wäre, wenn man ihn ließe.
Er schreibt "Faust Teil II" endlich fertig. Eine Arbeit, die er nicht mehr zu hoffen gewagt hat, ihn nun nach Vollendung erleichtert und befriedigt.
Sein Blick zur Außenwelt bleibt offen und sein Interesse für die neuesten Entwicklungen in Kunst und Kultur, Politik, Technik und Naturwissenschaften stets vorhanden. Er beschäftigt sich mit Farbenlehre, Morphologie (Lehre von der Gestalt u. Formenbildung) und Geologie. Seine Tage sind stets zu kurz. Über Einsamkeit kann er sich auch nicht beklagen. Er lädt und empfängt fast täglich Gäste und hält Briefkontakte zu Zeitgenossen im Ausland und gerne auch zur jungen Generation.
Das eigene Land behandelt er zumindest öffentlich etwas sträflich. Ihm sind Angriffe und Kritik auf seine Person durchaus bewußt. Die schnelllebige Welt mit all ihrer Technik, die zu mehr Geschwindigkeit verhelfen soll, beobachtet er skeptisch, manchmal ablehnend, sieht er doch die Gefahr des Verlierens auf anderen Gebieten. Auch beklagt er die Einsamkeit durch das Fehlen von Gleichdenkenden um sich und deren Unvermögen auf dieser Erde noch eine Weile durchzuhalten. Wäre er jünger würde er sogar ans Auswandern denken. Amerika kommt ihm in den Sinn, aber er erkennt dass sich dieses Land schon selbst eingeholt hat. Aber wir wäre es mit einer pazifischen Insel? Ich erlaube mir ein breites Grinsen.
So zahlreich sind seine Gedanken - immer wieder lege ich das Buch zur Seite, um mir die letzten Sätze noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Krankheiten trieben ihn schon immer zur Flucht, seine Gedankenwelt ist klarer denn je, aber auch die Gewissheit jeden Tag als Geschenk betrachten zu dürfen.
Eines sei schon jetzt gesagt. "Goethes letzte Reise" ist kein Einsteigerbuch. Ich bin froh auf genügend, wie ich hoffe,Informationen
und Wissen zurückgreifen zu können. Sigrid Damm macht, zumindest bis jetzt, keine ausführlichen Erklärungen mehr zu einzelnen Personen, was ich verstehen kann, sie würden das Buch sprengen. Zu vielfältig sind die letzten Jahre Goethes und seines Umfelds.
Daher ein nicht einfach zu lesendes Buch. Manchmal muß ich meine Erinnerungen erst wieder hervorholen und überdenken. Dazu werde ich mir Zeit lassen und wenn es euch recht ist und interessiert jeden Tag ein wenig darüber berichten.
Ich picke nur einige wenige prägnante Stellen heraus und versichere euch nicht zu viel Preis zu geben. Sollte irgendwann einmal eine LR zustande kommen, würde ihr außer meinen geschilderten Empfindungen und Überlegungen nichts vorweggenommen.
Ich bin gespannt auf eure Reaktion.
Liebe Grüsse
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von Anzeige » 01.12.2007, 16:54

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Beitragvon wolves » 02.12.2007, 04:04

Ich werde deine Eindrücke sehr gerne verfolgen. Noch ungelesen schlummert Christiane und Goethe bei mir im SUB.
Liebe Grüße
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Beitragvon Wirbelwind » 02.12.2007, 16:01

Hallo wolves,
habe gesehen, dass "Christiane und Goethe" noch in deiner SUB liegt - dann hast du noch ein ganz faszinierendes Buch vor dir!
"Goethes letzte Reise" schließt auch qualitativ daran an.
Wundert mich irgendwie, dass sonst niemand sein Interesse bekundet hat.
Im Augenblick lese ich im Schneckentempo.
Goethe ist mit seinen Enkeln nach Ilmenau aufgebrochen. Eine Fahrt in die Vergangenheit, aber auch so eine Art Wallfahrt.
Sigrid Damm dreht die Zeit zurück als Goethe dort das alte Bergwerk wieder zum Leben erwecken wollte......
Liebe Grüsse
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Re: Damm, Sigrid - Goethes letzte Reise

Beitragvon marilu » 02.12.2007, 18:40

Wirbelwind hat geschrieben:Das eigene Land behandelt er zumindest öffentlich etwas sträflich. Ihm sind Angriffe und Kritik auf seine Person durchaus bewußt. Die schnelllebige Welt mit all ihrer Technik, die zu mehr Geschwindigkeit verhelfen soll, beobachtet er skeptisch, manchmal ablehnend, sieht er doch die Gefahr des Verlierens auf anderen Gebieten.


Das klingt sehr nach dem Goethe, den man schon in "Goethe und Christiane" kennenlernte. In seiner Jugend begeisterungsfähig und "stürmend und drängend" wird er im Alter zunehmend konservativer.

Und das Leben auf einer einsamen Insel?! Das geht doch nur mit Christiane, die ihm die Unbarmeherzigkeit des Lebens fernhält... Ich denke, ich müsste an der Stelle ebenfalls schmunzeln. :wink:

Danke für deine Gedanken! Ich bin sehr gespannt auf weitere Eindrücke von dir!
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Beitragvon Wirbelwind » 02.12.2007, 19:03

@marilu
Sicher ist Goethe auch ein Stück weit konservativ, aber ihn interessieren die Fortschritte der Technik. Er befürchtet nur, dass durch die Geschwindigkeit, die nötige Ruhe und Besinnlichkeit Schaden nimmt und auch das Menschliche zu kurz kommt. Das ist dann doch eher Weitblick. Der Romantik ist er allerdings weniger zugetan, weswegen ihn besonders Heinrich Heine angreift. Auch der immer mehr zunehmende Patriotismus der Deutschen lehnt er ab. Er träumt davon mehr Verbindung und Gemeinsamkeiten zwischen den Völkern zu schaffen. Lobenswert finde ich und nahezu modern.
Liebe Grüsse
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Beitragvon Karthause » 03.12.2007, 20:10

@Wirbelwind

Dieses Buch hatte ich letzt auch schon in der Hand. Ich verfolge gespannt deine Beiträge. Aber es ist schon auf der "Will-ich ganz- sicher-haben-Liste".
Viele Grüße
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Beitragvon Wirbelwind » 04.12.2007, 01:19

So ihr Lieben mal sehen ob es mir zu später Stunde noch gelingt in Kurzfassung das Gelesene zusammenzufügen.

Interessant fand ich seine Äußerungen zur Unsterblichkeit.
Er vertritt die Ansicht, dass dies nur den vornehmen Ständen und besonders den Frauenzimmern, die nichts zu tun haben, vorbehalten sei.
Ein tüchtig arbeitender Mensch läßt die Welt auf sich beruhen und ist tatkräftig auf dieser.
In einem Brief macht er jedoch das Zugeständnis, wer trotzdem an den Fortbestand nach dem Tode glaubt, solle glücklich sein im Stillen.
Wieder einmal bewundere ich Goethes Vielseitigkeit.
Um das Kupferbergwerk in Ilmenau zu neuem Leben zu erwecken befasst er sich mit Geologie, besucht andere Berwerke.
Um das nötige Kapital zu beschaffen gründet er so eine Art Aktiengesellschaft, an der hohe Tiere aber auch kleine Handwerker beteiligt sind, die sich natürlich dementsprechend Gewinn versprechen. Doch bald übersteigen die Kosten die Einlagen, es muß aufgestockt werden. Immer wieder Rückschläge. Es dauert acht Jahre bis die erste Tonne gehoben wird, die dann auch noch minderwertig ist.
Mehr will ich nicht verraten, aber es ist eine sehr spannende Sache, deren Niederlage Goethe noch lange zu schaffen macht.
In Ilmenau fand Goethe auch einen Gesteinsbrocken, den er nach seinen Forschungen für vulkanischen Gebirgsstein hielt.
Humboldt erklärt später wissenschaftlich, dass dieses Gestein aber aus dem Inneren nach oben befördert wurde als Lavamasse. Daraufhin zieht sich Goethe zurück und gibt keine öffentlichen Stellungsnahmen mehr von sich. Er konnte sich den neuen Tendenzen nicht stellen.
Zu dieser Zeit mit der Entdeckung der Photographie noch nicht gesegnet, bleibt nur die Malerei um Goethes Äußeres darzustellen. Anfragen von Künstlern gibt es zu genüge und das Resultat schmeichelt dem Gemalten eher - macht ihn jünger. Goethe gibt einige ironische Kommentare dazu von sich. Nur ein Bild nähert sich dem Alter des Dichters.
Es folgt eine Beschreibung der Autorin.
Goethe war keinesfalls von stabiler Gesundheit gekennzeichnet. Ab dem 5o Lebensjahr hatte er Probleme mit den Zähnen.
Mit den Jahren beklagte er seine reduzierte Arbeitskraft, bemerkte das Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses und zunehmende Altersschwerhörigkeit. Kanzler Müller klagt über ihn als schwierigen Gesprächspartner, aber es wird vermutet, dass er seine Gebrechen oft als List einsetzte sobald ihn ein Gespräch nicht interessierte oder langweilte. Seine Kleidung war stets gepflegt, aber konservativ, er hielt sich bis ins hohe Alter auffallend gerade und behandelte sein Haar mit der Brennschere.
Es folgen kleine Episoden mit seinen Enkeln, die ihn Apapa nennen und schließlich seine Begegnung mit der 17 jährigen Ulrike.
Diesen Teil muß ich noch fertig lesen und berichte morgen weiter. :wink:
Liebe Grüsse
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Beitragvon Wirbelwind » 06.12.2007, 07:36

Inzwischen bin ich beiden letzten 60 Seiten angelangt.
Goethes "Liebesgechichte" zu der blutjungen Ulrike ist Vorsicht und Zurückhaltung geboten, denn es gibt keine zuverlässigen Quellen. Ich nehme an Goethe hat die Briefe vernichtet. Zu tief lag der Schmerz und die Erkenntnis nicht mehr erobern zu können.
Er lernte Ulrike in Begleitung der Mutter und Schwester in Karlsbad näher kennen, wo seine Gefühle von der Mutter sehr schnell zur Tochter übersiedelten. Ein Mädchen, das keine seiner Werke bisher gelesen hat, nur Schiller und Voltaire kennt, sich jedoch geschmeichelt fühlt von so einem geachteten Mann umworben zu werden.
Goethe dagegen fühlt sich verjüngt, wird geradezu ausgelassen. Er tanzt auf allen Bällen, was Spitzelberichte der Marienbader Badepolizei bestätigen. Im Winter korrespondiert er mit ihr, spricht da noch von sich als liebenden Papa, bezeichnet sie als treue schöne Tochter. Er träumt vom Sommer.
Wenige Wochen später erleidet er einen Herzinfarkt, ist in Todesnähe, aber erholt sich. Dies ist für ihn der Wink des Schicksals. Die Liebe als Lebenselexier. Die Gerüchteküche brodelt, er soll ihr einen Heiratsantrag gemacht haben. Doch die Begehrte reagiert nicht wie erhofft. Wen wundert's - 55 Jahre Altersunterschied. Nach langem Hin und Her muß er der Wahrheit ins Gesicht sehen und fällt in ein tiefes Loch.
Ulrike profiteirte ein Leben lang von dieser "Romanze". Die Nähe zu ihm läßt sie als prominent erscheinen. Sie überlebt ihn, alle ihm Nahestehenden sogar die Enkel um 69 Jahre im Alter von 95.
Nur schwer kann Goethe sich aus dem seelischen Tief befreien. Er stürzt sich in sein Allheilmittel Arbeit.
So morgen geht es weiter.
Liebe Grüsse
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Beitragvon wolves » 06.12.2007, 10:41

Wirbelwind hat geschrieben: Sie überlebt ihn, alle ihm Nahestehenden sogar die Enkel um 69 Jahre im Alter von 95.

Sie wurde 95 Jahre alt :shock: Für dieses Zeitalter ein beachtliches Lebensalter.
Liebe Grüße
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Beitragvon Wirbelwind » 07.12.2007, 01:00

Ja muß wohl verdammt gute Gene gehabt haben. :wink:
Ob Segen oder Fluch weiß ich nicht, aber einsam auf jeden Fall.

Liebe Grüsse
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Beitragvon Wirbelwind » 07.12.2007, 22:21

Habe gestern das Buch beendet.
Auf den letzten Seiten hat mich das Verhältnis von Sohn August und Goethe sehr beschäftigt. Extrem traurig.
Zu Anfang des Buches habe ich geschrieben wieviel menschlicher Goethe mir, besonders in der Beziehung zu seinen Enkeln, in diesem Buch erscheint. Doch spätestens jetzt sehe ich erneut den abweisenden, manchmal kalten und überheblichen Teil seines Charakters wieder.
August ist stets an seiner Seite, nimmt ihm Arbeiten ab, die er nicht mag oder wozu er keine Zeit findet. Er vertritt ihn oft auch bei öffentlichen Veranstaltungen. Sein ganzes Leben ist nur dem Vater gewidmet, auf dessen Anerkennung und Liebe hoffend. Der penible Goethe reagiert aber häufig mit Kritik. Es ihm recht zu machen ist äußerst schwierig, was ihm nahestehende Zeitgenossen bestätigen. Bei Goethe muß man sich zum Affen machen ist ein Ausspruch eines "Freundes". Wer nicht seiner Meinung ist, zu anderen Resultaten seiner Forschung gelangt, gefährdet die Freundschaft erheblich.
Dass August in die Fußstapfen des hochgeachteten Vaters tritt, ist für Goethe selbstverständlich. Er sieht es sogar als dessen absolute Pflicht an.
Wer den Tagesablauf Goethes betrachtet, kann ermessen wie anstrengend solch ein Leben für August gewesen sein muß. Er kommt bei den Leuten gut an, aber es gelingt ihm nie aus dem Schatten seines Vaters zu treten.
Das Verhältnis verschlechtert sich noch als Goethe seiner Familie die neue Liebe zur blutjungen Ulrike eröffnet. Er erwartet Verständnis, aber sein Sohn reagiert verständlicherweise sehr ablehnend.
Als die häusliche Atmosphäre zu explodieren droht, schlägt ihm Goethe eine Italienreise vor. Er erhofft sich dadurch eine Erneuerung, wie er sie selbst vor Jahren gefunden hat. Für August ist diese Reise eher eine Flucht. Seine Ehe steht kurz vor der Scheidung und seine Nerven sind aufs Höchste angespannt.
So mancher wünscht sich er möge nicht zurückkommen, was sich dann auch bewahrheitet. August stirbt in Rom. Er hat hohes Fieber - eine eitrige
Hirnhautentzündung, wie sich später herausstellt.
Der Todesnachricht steht Goethe verschlossen gegenüber. Er macht seinem toten Sohn noch Vorwürfe, gönnt ihm nicht einmal einen eigenständigen Grabstein. Nicht der Name des Sohnes ist dort zu finden, sondern der Hinweis - Goethes Sohn. Ich bin entsetzt und kann so viel Eigenliebe nicht nachempfinden.
Später mehr - Heidenreich ruft zum Lesen auf. :wink:

Liebe Grüsse
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Beitragvon Wirbelwind » 11.12.2007, 11:37

Sorry die Weihnachtszeit ist nicht immer so geruhsam wie allgemein deklariert.

Goethes letzte Tage verbringt er behütet und liebevoll umsorgt im Kreise der Familie. Welch ein Gegensatz zu seinem Handeln in gleicher Situation anderer. Für ihn bedeutete Tod gleich Flucht.

Fazit:
Erneut ein Buch der Autorin, das mich in Begeisterung ausbrechen läßt. Eine gelungene Mischung aus Information und einer wiedererwachten Persönlichkeit. Lebhaft, bis ins kleinste gut recherchiert, zum Nachdenken anregend und genügend Freiraum gebend um sich eine eigene Meinung zu bilden.
Durch die vielen Rückblicke für mich eine Fortsetzung und Ergänzung zu "Christiane und Goethe" - noch intensiver, manches neu entdeckend.
Goethe das dichterische Genie, der gewandte Weltbürger, der großzügige Gastgeber, der neugierige,wissbegierige Forscher, der unperfekte Ehemann, Vater und Freund, der liebevolle Großvater, der Liebhaber des weiblichen Geschlechts und der Lebenskünstler - all das läßt sich hier entdecken und miterleben.
Ein faszinierendes Buch und meine absolute Empfehlung.
* * * * *

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Beitragvon wolves » 12.12.2007, 09:02

@Wirbelwind: Vielen Dank für deine Leseeindrücke. Ich werde mir das Buch vormerken. Zuerst will ich aber noch "Christiane und Goethe" lesen.
Liebe Grüße
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Beitragvon Casoubon » 22.01.2010, 11:19

Ich bin nun bei der Hälfte des Buches angekommen - Zeit für eine erste Bilanz.

Nach den ersten Seiten war ich ziemlich skeptisch, ob ich wirklich bei der Stange bleiben konnte - die ganzen Zitate haben mich zu Beginn etwas erschlagen. Aber mit der Zeit merkte ich, dass es gerade diese Zitate sind, die das Buch lebendig machen. Sigird Damm zeichnet ein sehr umfassendes Bild von Goethe, seinem Leben und seinen Lebensbegleitern. Bis zu diesem Buch war es mir nicht bewusst, dass Goethe vieler seiner Zeitgenossen überlebt hat, dass er ungewöhnlich alt geworden ist und dass er erst in zunehmenden Alter in der Lage war, sich mit dem Altern und dem Tod auseinander zu setzen. Man gewinnt ein ganz anderes Buch, als den "Schul-Goethe", den man gelehrt bekommen hat - wer hätte gedacht, dass der große Dichter nicht in der Lage war, an Beerdigungen teilzunehmen und sich lieber in "große Arbeit" stürzt?

Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut, wobei es jetzt wahrscheinlich erst richtig um die Auseinandersetzung mit dem Tod geht.

Bine
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das Leben ist gedankenlos
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