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Detering, Monika - "Herzfresser"




Detering, Monika - "Herzfresser"

Beitragvon Karthause » 11.01.2007, 20:57

Seiten: 192
Verlag: Gipfelbuch
ISBN: 3937591273

Kurzbeschreibung (www.amazon.de)
Die dicht dargestellte Angst eines missbrauchten Mädchens, ein schonungsloser Blick zurück auf eine Kindheit der Nachkriegszeit, den Preis der Angst, der Scham zu zahlen, am Ende darüber weinen und lachen zu können ...


Meine Meinung

Madena, Marie, wie sie früher hieß, reist in die Vergangenheit. Schon im Prolog wurde deutlich, was für ein ergreifender Roman vor mir lag. Marie wurde in ihrer Kindheit, in den 50er Jahren, immer wieder von Vater und Onkel missbraucht. Die Mutter bekommt davon nichts mit, sie ist von ihrem Mann geschieden wundert sich nur, dass ihre Tochter immer wieder rebelliert. Sie ist kein pflegeleichtes Kind. Die Mutter muss Marie oft drängen, sich mit dem Vater zu treffen, der sich einen „schönen“ Tag mir dem Mädchen machen will. Im zweiten Teil des Romans erlebt der Leser Marie als Erwachsene. Sie hat einen ersten Freund, wird schwanger und um nicht in Schande zu leben, muss sie heiraten. Die Ehe scheitert, wie noch etliche weitere Beziehungen in den folgenden Jahren. Eine der Ursachen dafür ist ihre innere Zerrissenheit.

Diesen Roman las ich am Stück von Anfang bis zum Ende durch. Die 50er Jahre erwachten vor meinen Augen zum Leben, so wunderbar schilderte die Autorin die damalige Zeit. Sie beschrieb die Spießigkeit und die Verlogenheit sehr authentisch. Ich konnte den Mief dieser Zeit förmlich riechen. Die Sprache, manchmal empfand ich sie schon fast als poetisch, die ich im 1. Teil vorfand, hat mir sehr gut gefallen. Monika Detering fand treffende Worte für den Missbrauch, ohne dabei bis ins letzte Detail zu gehen, man wusste, was mit Marie geschah. Marie hat die Hölle durchlebt. Ihre Gefühle, ihr Leid, ihre Ängste, ihre Zerrissenheit und ihre Suche nach sich selbst haben mich zutiefst erschüttert und aufgewühlt. Ich erlebte beim Lesen dieses sehr dichten Romans die ganze bandbreite der Gefühle, von Lachen bis Weinen. Im zweiten Teil ändert sich mit Maries Alter auch der Erzählstil. Häufig werden Sätze nur angerissen. Das sollte zwar Maries Inneres reflektieren, mich hat es aber doch etwas gestört. Den sprachlichen Ausdruck des 1. Teils vermisste ich. Auch konnte ich Marie nicht immer verstehen, manche Frage nach dem WARUM ihres Handelns blieb unbeantwortet. Trotzdem hat mir „Herzfresser“ sehr gut gefallen. Marie ist keine wirklich lebende Person, sie ist das Ergebnis der Recherchearbeit der Autorin, ein Konglomerat verschiedener Einzelschicksale. Ein Lob noch für den äußerst zutreffenden Titel. Ich würde dieses Buch jedem, der sich auf diese Thematik einlassen kann, ans Herz legen.
:stern: :stern: :stern: :stern:

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von Anzeige » 11.01.2007, 20:57

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Beitragvon Krümel » 11.01.2007, 21:40

Diese Rezi könnte meiner Meinung nach im Blog aufgenommen werden, einverstanden?
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Karthause » 11.01.2007, 21:51

Das kannst du gerne tun, Krümel. :wink:
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