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Mason, Richard - Minutenwalzer

04.12.2008, 11:36

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Ein großartiger Unterhaltungsroman, der allerdings ein paar nachdenkliche Fragen hinterlässt in wie weit da über eine Krankheit spekuliert wird und sie evtl. verharmlost.

Die erste Handlungsebene ist schnell beschrieben: Eloise ist Investmentmaklerin und sucht für ihre Mutter ein passendes Altersheim. Das luxuriöse “Albany” erfüllt ihren Ansprüchen, es ist allerdings auch sehr kostspielig. Und so setzt Eloise ihre kompletten Karten (privat und unternehmerisch) auf einen Rohstoff, der laut Aussage eines guten Freundes in der Zukunft eine große Rolle spielen wird. Zunächst steigt der Kurs steil an, doch dann fällt er ins bodenlose. Panik bricht bei Eloise aus.

Viel interessanter fand ich die Erzählebene von Joan, Eloises Mutter. Sie ist die Enkeltochter einer Burenfamilie in Südafrika. Ihre Großmutter wurde während des Burenkriegs in ein Konzentrationslager interniert, wo sie ihre Kinder der Reihe nach sterben sah.
Diese Geschichte verknüpft sich später mit einer anderen historischen Geschichte, und beide zusammen sollen dann die Phantasie und Halluzinationen von Joan darstellen, die Wirklichkeit und Traum nicht mehr auseinander halten kann.

Ich war zunächst begeistert davon, dass sich ein Autor in das Empfinden einer Demenzkranken hinein zu versetzen versuchte. Und was er über diese Krankheit schreibt, Lewy-Body-Demenz (Demenz mit Parkinson gekoppelt), hat Hand und Fuß und ist stimmig. Aber nach und nach kamen meine Bedenken, ob dies nicht zu positiv dargestellt wurde. Denn Joan verfällt gerne in diese Anfälle, sie flüchtet in sie hinein, sie werden ihr zum Sinn und Lebenszweck, und sie entzieht sich “bewusst” der Realität.
Zu Beginn hatte der Leser noch das Gefühl, dass es sich um harmlose Phantasien handle, doch sukzessive stellt es sich als ernst zunehmendes Problem dar.

Was der Autor allerdings glänzend herausarbeitet hat, ist die Zerrissenheit. Nicht nur zwischen Halluzination und Wirklichkeit, sondern auch bei den Emotionen der Protagonisten und ihren Beziehungen zueinander sowie zu ihrem Lebensstil.

Mir hat der “Minutenwalzer” eigentlich sehr gut gefallen, wenn der bittere Beigeschmack der Verharmlosung nicht gewesen wäre. Es hat mich gepackt, es war spannend, unterhaltsam und sogar informativ, ein guter Schmöker.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: :stern:
Schwierigkeitsgrad: leicht

04.12.2008, 11:36

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