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Taylor, Sam - Die Republik der Bäume




Taylor, Sam - Die Republik der Bäume

Beitragvon marilu » 05.10.2008, 11:09

Originaltitel: The Republik of Trees

Inhalt:
Zwei Geschwisterpaare vollziehen den Ausstieg aus der Gesellschaft. Während ihrer Schulferien ziehen sie in einen französischen Wald, wo sie die Republik der Bäume errichten.
Louis und Michael sowie Isobel und Alex schlagen ihr Lager in den Weiten des Waldes auf und genießen die Freiheit von Zwängen, Schule und Verantwortung. Anfänglich ist alles Spiel: Alex und Louis gehen zur Jagd, der kleine Michael (Erzähler der Geschichte) schwingt sich in die Höhe und klettert von Baum zu Baum. Er, der von jeher zu Tagträumen neigt, schafft sich als Art Pascha sein eigenes Glück. Fasziniert von Isobel glaubt er sich am Ende seiner Träume, als sie ihn als Liebhaber auswählt. Louis andererseits treibt - inspiriert von Jean Jacques Rousseaus "Gesellschaftsvertrag" eine Revolution voran. Er glaubt an dessen Grundsätze: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Mit einer Theateraufführung versucht er die anderen "Bürger" für seine Sache einzunehmen. Gespielt wird die Erstürmung der Bastille. Das Hinzustoßen des Mädchens Joy verleiht den Vorgängen in der neuen Republik eine Eigendynamik, die in ihrer Konsequenz keiner der vier vorausahnen konnte.

Zum Autor (kopiert bei dtv.de):
Sam Taylor, geboren 1970, war 1992 - 2001 Popkulturkorrespondent des Observer. Er lebt mit seiner Familie in Frankreich als freier Schriftsteller.

Meine Meinung:
Was sich fröhlich, ausgelassen, frei von Konventionen anlässt, wird zunehmend gezwungener und von Regeln bestimmt. Das unschuldige Spiel des Anfangs wird bittere (blutige) Realität. Die Ereignisse überrollen die kleine Bürgerschaft ebenso wie sie die berühmten Vorbilder der Französischen Revolution in den Blutsog zogen. Glaubt man zwischenzeitlich, das Abenteuer laufe von alleine aus und verliere zunehmend seine Attraktivität für die Geschwisterpaare, erhält die "Revolution" neuen Schwung mit der Ankunft von Joy (welche Ironie in der Namenswahl steckt). Michaels Erzählung ist fortan rauschhafter, schemenhafter und verwirrender, was die Erlebnisse auf eine andere Ebene führt. Die eher lockere Ausgestaltung der neuen Republik wird nun gestrafft. Ein Glaubenssystem wird erstellt, Ministerposten verteilt und ein Strafgericht eingerichtet. Die Beziehungsgeflechte werden zusehends brisanter. Ahnte ich am Anfang schon, dass die Konstellation (3 Jungen, ein Mädchen) ein unglücklicher Anfang für eine neue Republik ist, überraschte mich das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe dann doch! Manipulation, Machtstreben, Eifersucht und Charisma konkurrieren mit den ursprünglichen hehren Zielen des Revolutionsführers Alex.

Der Roman ließ mich schockiert, bedrückt und nachdenklich zurück.

"Republik der Bäume" wird mit "Herr der Fliegen" und "1984" verglichen. Da ich beides nicht kenne, kann ich dazu allerdings nichts sagen.

:stern: :stern: :stern: / :stern: :stern: :stern: :stern:

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Re: Taylor, Sam - Die Republik der Bäume

Beitragvon tom » 05.10.2008, 11:44

marilu hat geschrieben:

"Republik der Bäume" wird mit "Herr der Fliegen" und "1984" verglichen. Da ich beides nicht kenne, kann ich dazu allerdings nichts sagen.


Während ich Deine interessante Rezi las (danke!) - und ohne runterzuscrollen - dachte ich eben an diese beiden Romane. Also ist was dran mit dem Vergleich!
tom
 



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