So ich bin durch! Meine Rezi:
Dave Pelzers autobiographisches Buch befasst sich mit den unglaublichen Erinnerungen des Autors an seine Kindheit. Diese wird beherrscht von dem absolutem Horror.
Dave ist einer von drei Söhnen der Bilderbuchfamilie Pelzer. Seine Eltern liebt er abgöttisch, das Glück ist perfekt. Dann allerdings ändern sich die Umstände rigoros. Aus der Bilderbuchfamilie wird der fleischgewordene Kinderalptraum. Die Schilderungen lassen den Leser fassungslos zurück, schlimmer geht es wirklich nicht mehr. Seine Mutter hasst ihn. Er wird zum Sklaven der Familie, mit Gaskammerspielchen gefoltert, muss Spülmittel schlucken und stundenlang in der eiskalten Badewanne liegen.
Natürlich hat Pelzer mit einer solchen Vergangenheit das Mitgefühl und die Sympathien voll auf seiner Seite. Wie könnte es auch anders sein. Auch ich war fassungslos. Oft habe ich gedacht, es ist einfach zu viel, dass das nicht mehr wirklich real sein sein. Wie kann eine verätzte Lunge, verätzte Zunge, ständig wieder blutende, eiternde Stichwunden, von der Schule unbemerkt bleiben ? Schwer zu glauben, aber theoretisch durchaus denkbar.
Leider kann man das Buch an sich, trotz allem Mitgefühl, dann allerdings doch nur als mittelmäßig bewerten. Es fehlt einfach zu viel.
Der Hintergrund der Misshandlungen wird in keiner Form erwähnt, er bleibt komplett im dunkeln. So hat man zwei Kapitel lang die Beschreibung einer Bilderbuchfamilie, im dritten Kapitel kommentarlos dann die Horrorfamilie. Was ist geschehen? Warum trinken beide pötzlich? Warum hasst die Mutter plötzlich ihren Sohn Dave ? Warum nicht die anderen Kinder? Warum wird niemand auf ein stinkendes, verlottertes, verletztes Kind aufmerksam? Diese Fragen hätten unbedingt behandelt werden müssen! So bleibt am Ende nur Unverständnis und Unglaube. Statt Fakten gibt es dann ein pathetisches Ende und ein Nachwort, das eine Lobeshymne auf Amerika und die Air Force ist. Scheinbar hat Pelzer den Krieg zuhause nur gegen Desert Storm im Irak-Krieg ausgetauscht. Was solls, ist ja für das Gute an sich, sprich: Amerika ! Er behauptet weiter, dass nur in Amerika ein misshandeltes Kind die Chance hätte vom Verlierer zum Sieger (Bestsellerautor) aufzusteigen. Das kann man nun wirklich nicht so stehen lassen. Auch ist mir sein Mitgefühl für misshandelte Kinder im Nachwort zu sehr auf Amerika beschränkt. Als Patriot dient er auch heute noch seinem Land, jetzt in dem er amerikanischen Kindern hilft. Diese Denkungsart ist mir etwas befremdlich. Lobenswert ist dieser Wechsel von Desert Storm (wie viele Kinder mögen wohl dabei gestorben sein?) zum Helfer misshandelter Kinder natürlich alle mal.
Es war interessant und unglaublich zu lesen, wie eine Kindheit sein kann. Ohne Fundamente kann man jedoch kein Haus bauen. Zu viel schwebt in diesem Buch in der Luft und kann sich so nicht halten.
Meine Bewertung: