Klappentext
Personen und Zutaten: der dreißigjährige namenlose Held, geschieden, intelligent, müde. Sein Partner: Ein Trinker. Seine Freundin: ein etwas gewöhnliches Mädchen mit übersinnlich schönen Ohren. Außerdem der Alte, gequält von einem golfballgroßen Gehirntumor; ehemaliger Kriegsverbrecher, Boß der Rechten und Ultrarechten, Herr über ein Imperium aus Politik, Finanzen und Massenmedien. Und dessen Sekretär: ausgebildet in Amerika und effizient bis zur Perfektion. Vor allem aber das Schaf.
Meine Meinung:
Mein 1. Murakami! Und was für ein Einstieg! Ich bin immer noch platt von der Geschichte, die sowas von wirr und skurril ist, das ich wohl das Ende nicht wirklich verstanden habe... :
Der namenlose Ich-Erzähler wird gegen seinen Willen in die Suche nach einem ganz besonderen Schaf hineingezogen. Er wird entführt, erpresst und überrumpelt. Und dennoch versucht er so zu handeln, wie es ihm richtig erscheint.
Wovon der Roman handelt, wird auch erst nach ca. einem Drittel klar. Den Anfang (der Bericht über seine Ex-Freundin) fand ich etwas überflüssig, zumal er für den Roman absolut unwichtig ist. Nach dem ersten Drittel steigerern sich das Tempo und die Faszination, bevor letztere zwischendurch abfällt, weil man zu wissen meint, was noch kommen muss. Einige Seiten lang habe ich den Roman nur noch überflogen, bevor ich über einen Satz stolperte, der mir wieder klar machte, warum das Buch so geschrieben ist, wie es geschrieben ist.
Bereits am Anfang sagt der Ich-Erzähler: "Mir fällt immer viel auf, wenn es zu spät ist." (S. 19) - auf S. 229 wiederholt er sich: "Die wichtigsten Sachen fallen mir immer erst hinterher ein. Es hätte mir gleich auffallen müssen, ..."
Wir erleben die Geschichte also wirklich aus der Sicht des Erzählers mit. Danach hat mich sein schleichendes Vorangehen nicht mehr so gestört.
Ich hatte mitunter das Gefühl, dass Murakami genau weiß, was er sagen will, aber einige Nebenhandlungen einfach vergaß einzubinden, anzuknüpfen oder auszublenden.
Spoiler hat geschrieben:z. B. wird Rattes Roman erwähnt, der in der Schublade des Erzählers verschwindet. Danach wird er nie wieder in die Handlung eingebunden... dabei stünde darin doch sicher seine Geschichte mit dem Schaf... Ich hätte erwartet, dass der Erzähler wenigstens so etwas sagt wie: "Wie konnte ich nur so dumm sein, mich nicht an den Roman zu erinnern!" oder sowas...
Ich hatte zwar vermutet, dass
Spoiler hat geschrieben:Ratte Wirt des Schafes wurde. Dass er es und sich aber umgebracht hat, wäre mir nie in den Sinn gekommen! Meine Intuition hat hier kläglich versagt! Verdammt
Abschließend noch eine Frage an euch: für was steht eurer Meinung nach das Schaf?! Eigentlich hätte sich der Roman hervorragend für eine Leserunde geeignet, weil zu der Frage sicher viele unterschiedliche Meinungen (oder zumindest Ausprägungen) zum Diskutieren entstanden wären.
Ich habe es so aufgefasst, dass
Spoiler hat geschrieben:das Schaf für das Machtstreben der Menschen steht. Ihre "Dummheit", Mittelmäßigkeit und Langeweile als tadelnswerte Werte zu betrachten statt des Strebens nach Ruhm, Geld und dem konsumorientierten Leben. Irgendwie stellt es zudem eine Gesellschaftskritik dar, die mit denjenigen hadert, die ihren freien Willen aufgegeben und sich angepasst haben egal ob dies ihren Überzeugungen entspricht oder nicht.
Bin schon gespannt auf die Fortsetzung "Tanz mit dem Schafsmann" und das viel gelobte "Naokos Lächeln". Mein Dank gilt Pippi, ohne deren Rezension zu "Naokos Lächeln" dieser Roman noch immer bei mir subben würde.