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Rytchëu, Juri - Traum im Polarnebel




Rytchëu, Juri - Traum im Polarnebel

Beitragvon Karthause » 28.01.2008, 21:16

Broschiert: 369 Seiten
Verlag: Unionsverlag
ISBN-13: 978-3293203518

Im Jahr 1911 zog es John MacLennan, der bisher in der Nähe des Ontariosees in Kanada lebte, in die Ferne. Er lernte den Kapitän des Walfangschiffes „Belinda“, Hugh Grover, kennen. Gemeinsam träumten sie davon als erste bis zur Mündung des sibirischen Stromes Kolmya vorzustoßen. Auf der Fahrt durch das Eismeer achteten sie weder auf das Wetter noch auf den Kalender und blieben im Eis vor der nordostsibirischen Küste stecken. Beim Versuch, das Schiff freizusprengen, erlitt John einen folgenschweren Unfall. Die nächste Krankenstation war 30 Tagesfußmärsche entfernt. Die eingeborenen Tschuktschen sollten helfen und John mit dem Hundeschlitten zum Arzt fahren. Kapitän Grover versprach ihnen Winchesterbüchsen und Orwo, Toko und Armol machten sich mit John auf den Weg. Als sie feststellten, dass John der Wundbrand befallen hatte, brachten sie ihn zu Kelena, der Schamanin. John sieht einer ungewissen Zukunft entgegen. Was hatten die Wilden, die er misstrauisch und vorurteilsbehaftet betrachtete, mit ihm vor? Zwangsweise musste er bei dem fremden Volk mit den für ihn unbekannten Traditionen überwintern. Aber diesem einen Winter folgten viele weitere.
„Traum im Polarnebel“ ist ein Roman der ganz besonderen Art. Ganz schlicht und leise erzählt Juri Rytchëu die Geschichte des Kanadiers John MacLennan, dem nach seinem schweren Unfall die Hilfe der Tschuktschen zuteil wurde. Er berichtet von gegenseitigem Misstrauen und vorhandenen Vorurteilen, aber auch von tiefer Freundschaft. Dieser Roman kommt ohne jede Actionszene und Effekthascherei aus, dafür besticht er durch beeindruckende Naturbeschreibungen. Rytchëu, selbst Tschuktsche und Kenner beider Kulturen, schildert das Leben seines Stammes im Einklang mit der unberührten Natur, er erzählt von der „Weißen Frau“, der Urmutter aller Tschuktschen, beschreibt Bräuche und Sitten. Aber er romantisiert das Leben im Polarklima nicht, er zeigt in seinen Alltagsbeschreibungen deutlich auch die Härte des Lebens und die Nachteile gegenüber der „zivilisierten“ Lebensweise.
Die Sprache des Autors ist einfach, ruhig und einfühlsam, aber die Gedanken gehen sehr tief. An John MacLennans Schwierigkeiten, in der neuen Umgebung klar zu kommen, wird der Unterschied zwischen den verschiedenen Lebensformen sichtbar. Die Frage nach den wahren Werten im Leben des Menschen wird unausweichlich.
Ich kann nun meinen Lieblingsbüchern ein weiteres hinzufügen und freue mich auf weitere Bücher dieses Autors.

Über den Autor
Juri Rytchëu wurde 1930 als Sohn eines Jägers in der Siedlung Uëlen auf der Tschuktschenhalbinsel im äußersten Nordosten Sibiriens geboren. Der erste Schriftsteller dieses Volkes mit zwölftausend Menschen wurde mit seinen Romanen und Erzählungen zum Zeugen einer bedrohten Kultur und eines vergessenen Volkes.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Danke, lieber Richard, für dieses so einzigartige Wichtelbuch!!!
Viele Grüße
Karthause

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von Anzeige » 28.01.2008, 21:16

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Beitragvon wolves » 29.01.2008, 09:46

:D Wie ich schon einmal geschrieben habe, dieses Buch gehört zu einen meiner Lieblingsbücher. Vielen Dank für diese wundervolle Rezi Karthause!

Ich selbst bin auf diesen Autor durch eine Buchhändlerin gekommen. Das war damals noch ein echter Geheimtipp! Von ihm habe ich noch zwei weitere Bücher gelesen, "Die Reise der Anna Odinzowa" und "Der letzte Schamane". Beide Bücher habe mir auch noch sehr gut gefallen.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Welf » 31.01.2008, 20:08

Hallo Heike,

Deiner Rezi ist nichts hinzuzufügen. Obwohl die Lektüre dieses Romans bei mir schon ca. 4-5 Jahre zurückliegt, so waren die von Dir beschrieben Eindrücke und Gedanken auch bei mir sofort wieder präsent.
Auch ich würde heute 5 Sterne für diesen Roman vergeben.
Es ist sicherlich ein Buch das auf sehr unaufdringliche und angenehme Art und Weise zu Nachdenken anregt, wenngleich die Botschaft zwischen den Zeilen nicht zu übersehen ist.

Sollte von eurer Seite Interesse bestehen, könnten wir auch mal ein anderes Buch dieses Autors gemeinsam lesen. Ich denke hierbei z.B.an"Wenn die Wale fortziehen". Das Buch hat 135 Seiten und könnte mal so zwischendurch eingeschoben werden. Oder vielleicht sogar zu einer Lesenacht?

Gruß
Richard
Welf
 

Beitragvon Krümel » 31.01.2008, 20:18

Welf hat geschrieben:
Oder vielleicht sogar zu einer Lesenacht?


Stellt das Buch dort doch vor :thumright:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Karthause » 31.01.2008, 21:18

@Welf
"Wenn die Wale fortziehen" möchte ich auch unbedingt noch lesen. Eigentlich möchte ich alle Rytchëu's lesen. Das sind ja eine ganze Menge.
Viele Grüße
Karthause

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