Bernhard Schlink – Die Heimkehr
Der Ich-Erzähler, Peter Debauer, erinnert sich zurück an die Kindheitsaufenthalte der 50iger Jahre bei den Großeltern in der Schweiz, durch die er, der den Vater am Ende des Krieges verloren zu haben scheint, fasziniert Geschichten des Krieges, der Heimkehrer etc vernimmt, vielleicht unbewußt auf den Spuren seines Vaters. Eines Tages entdeckt er auf einem Sudelpapier solch eine Geschichte, deren Ende er nicht erfährt, doch mit dem er sich später weiter beschäftigen sollte.
Später wird aus der Suche nach dem Ende der Geschichte eine Suche nach deren Autor, dessen Wege sich mit Orten und Personen seines Lebens verknüpfen. Dabei wird das Thema der Heimkehr wie ein Leitmotiv oder auch Grundmuster den Roman durchziehen, z.B. auch durch einen Bezug zur Odyssee etc. Die Handlung und Suche führt bis an den Anfang des XXI. Jahrhunderts und durchquert so einen weiten Teil der deutschen Geschichte, angefangen in den Entscheidungen der Kriegsjahre, bis hin zu heutigen Formen zwielichtiger Entscheidungen und Lebensentwürfe.
Ein paar Gedanken:
Ja, Schlink kann definitiv schreiben und nimmt erneut ein Kapitel der deutschen Geschichte vor, von dem man behaupten könnte, dass es ja weit zurückliege: Fehlen des Vaters am Ende des Krieges, Kriegsheimkehrerschicksale, Entscheidungen im Umfeld des totalen Krieges etc. Doch der Autor schreibt keinen Roman über Vergangenes, sondern setzt dieses Vergangene auf recht verwickelte Weise – wie ich meine – mit der Gegenwart in Verbindung, zeigt auf, wo auch heute Menschen in anderen Situationen vor Entscheidungen stehen, in denen sie „kippen“ können, in denen die Gratlinie zwischen Gut und Böse immer schmaler wird.
Im Gegensatz zu Klappentexten und Kommentaren fand ich den Roman nicht so geradlinig und wunderbar präzise wie angepriesen. Ich bleibe auch ein klein wenig ratlos, ob ich am Ende „alles verstanden habe“. Vielleicht aber will uns der Autor auch – angesichts des schnellen Urteils über die Vergangenheit, in der die heutigen Zeitgenossen alle gut dastehen – gerade diese Prise Verwirrung und Unsicherheit nahelegen, die eine Garantie gegen den Totalitarismus ist???
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Bernhard Schlink (* 6. Juli 1944 in Bielefeld) ist ein deutscher Professor für Rechtswissenschaften und ein weltbekannter Romanautor.Er lebt in Berlin und New York.
Bibliographie:
1987 Selbs Justiz (zusammen mit Walter Popp), ISBN 3-257-21543-6
1988 Die gordische Schleife, Kriminalroman, ISBN 3-257-21668-8
1992 Selbs Betrug, ISBN 3-257-22706-X
1995 Der Vorleser , ISBN 3-257-22953-4
2000 Liebesfluchten, ISBN 3-257-23299-3
2001 Selbs Mord, ISBN 3-257-23360-4
2006 Die Heimkehr, ISBN 3-257-86136-2
2008 Das Wochenende, ISBN 978-3-257-06633-3
(Informationen aus Wikepedia und Umschlageinband)