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Füst, Milán - Die Geschichte meiner Frau




Füst, Milán - Die Geschichte meiner Frau

Beitragvon Krümel » 06.12.2007, 16:23

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Eine zeitlose Geschichte, die zeigt wohin Besessenheit führen kann!

Jacob Störr ist Seemann. Als grobschlächtiger Kapitän ist er auf den Meeren der Welt zuhause. Bis er eines Tages Lizzy kennen lernt. Sie ist eine Schönheit, grazil, leichtfüßig und ihr edles Auftreten sorgt überall für Aufregung und Entzücken.
Schon kurz nach der Heirat entdeckt der Seebär einen Nebenbuhler, der dem Paar nach Paris gefolgt ist. Doch das maßlose Auftreten des Protagonisten lässt den Rivalen schnell das Weite suchen, und die Zwei verbringen glückliche Monate.

An dieser ersten Reaktion des Kapitäns erkennt der Leser schnell, dass es sich hier im Roman um eine Figur dreht, die nicht so einfach zu nehmen ist. Sie ist in einer Vielzahl von Widersprüchen verstrickt, denn auf der einen Seite berichtet der Ich-Erzähler von gravierenden Fehlern seines Tun und Handelns, die er auch gerne ins Lächerliche zieht, und auf der anderen möchte er als der waghalsige Seemann erscheinen. Dementsprechend wirken seine Äußerungen oft bizarr.
Auch wird sehr schnell klar, dass er selber den Dreh- und Angelpunkt dieses Romans darstellt, der ein Selbstportrait und ein Entwicklungsroman zugleich ist.

Darauf folgen zahlreiche Episoden, die die Sucht des Protagonisten aufzeigen, nämlich die Eifersucht. Was hält er nicht alles seiner Frau vor? Was denkt er sich alles über ihre Freundinnen aus? Oho, ein Brieffreund, da muss doch noch etwas anderes dahinter stecken. All seine Gedanken verdichten sich immer mehr zu einem wahnsinnigen Phantasiebild. Dies wird zwar mit viel Humor und einer guten Portion Selbstironie vorgetragen, aber es gibt Stellen, da konnte ich als Leser nicht mehr. Ich musste das Buch beiseite legen, innehalten, und die abstruse Egozentrik ein wenig absacken lassen.

Wohin dann diese Entwicklung, dieses fanatische Denken führt, wird ausführlich im letzten Drittel beschrieben. Es kommt zur Scheidung, und er begibt sich wieder auf See. Denn in den Jahren der Ehe vermochte er dies nicht, er musste sie tagtäglich sehen und überwachen. Acht Jahre umsegelt er darauf die Welt und kommt mit neuen Einsichten wieder an Land …

Der Roman liest sich recht flott, und ist sehr humorvoll geschrieben. Nur in der Mitte hatte ich mit der maßlosen Eifersucht meine Schwierigkeiten, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte, die aber durch ihre starrsinnige Haltung den Roman sehr zeitlos macht, ja, ihn sogar aktuell wirken lässt.
Ein besonderes Vergnügen beim Lesen bereitet die handschmeichelnde Samtausgabe aus der “Anderen Bibliothek” des Eichborn-Verlags - sicher auch sehr gut als Weihnachtsgeschenk geeignet.

Über den Autor:
Milán Füst wurde 1888 in Budapest geboren und verstarb dort 1967. Er gilt heute unter Kennern als einer der bedeutendsten Lyriker, Dramatiker und Essayisten Ungarns. Populär wurde er allerdings mit seinem einzigen Roman “Die Geschichte meiner Frau”, der in viele Sprachen übersetzt wurde.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: :stern:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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