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Wellershoff, Dieter - Der Himmel ist kein Ort




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Wellershoff, Dieter - Der Himmel ist kein Ort

Beitragvon Krümel » 19.07.2012, 11:13

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Es ist die Aneinanderreihung von Perspektiven, Ereignissen und zentralen Lebensfragen, die gekonnt ineinander fließen und den Roman attraktiv machen.

„Der Himmel ist kein Ort“ beginnt mit einem tragischen Unfall nachts zu dem der Pfarrer als seelsorgerischen Beistand hinzu gezogen wird. Der Realschullehrer Karbe fährt seinen Wagen in den See, wobei Frau und Sohn untergehen. Seine Ehefrau überlebt den Unfall nicht und der Sohn hat keine medizinische Chance jemals wieder aus dem Koma aufzuwachen. Im Dorf kommt daraufhin viel Klatsch und Tratsch zutage, aber allgemein wird dem Lehrer dieses Ereignis angelastet, man spricht von Mord und erzählt von den Eheproblemen dieses Paares.

>>Es war der lahmende Rhythmus der Halbherzigkeiten. Sie beteten, als ob sie beteten, wie gefesselt von einer vagen Beschämung, die sie veranlasste, ihre Stimmen im undeutlichen Gemurmel verschwimmen zu lassen.<<

Der Protagonist des Buches, Pfarrer Ralf Henrichen, versucht in das Innenleben des Lehrers vorzudringen, zwar vergeblich, doch was er erfährt erinnert ihn sehr an seine eigene Situation. Erschrocken entdeckt er auch ein paar Parallelen im Charakter. Als nun das ganze Dorf in opportunistischer Haltung gegen Karbe agiert, verteidigt Henrichen ihn und verliert dabei seinen Glauben an Gott.

>>Gott ist die Selbstwahrnehmung der Wirklichkeit.<<

Und so reiht sich das Eine ins andere, es kommt zu einer seltsamen Begegnung, zu einer Tragödie und für Henrichen führt das Ereignis letztendlich mit einer neuen Gewissheit in den Alltag zurück. Meiner Meinung nach ist diese Aneinanderreihung genauso wie das Leben so spielt, ohne Schnörkel und leeren Versprechungen; und das ist es was ich an diesem Buch so mochte.

Dieter Wellershoff, geboren am 3. November 1925 in Neuss, lebt in Köln. Er schrieb Romane, Novellen, Erzählungen, Essays und autobiographische Bücher, z.B. Der Ernstfall, 1995, über seine Erfahrungen im 2. Weltkrieg. Wellershoff hielt poetologische Vorlesungen an in- und ausländischen Universitäten, zuletzt in Frankfurt a.M. Er erhielt u.a. den Hörspielpreis der Kriegsblinden, den Heinrich-Böll-Preis, den Hölderlin-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis und den Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik. Übersetzungen erschienen in bisher 15 Sprachen. Dieter Wellershoffs literarisches, essayistisches und autobiographisches Werk erscheint bei Kiepenheuer & Witsch, auch gesammelt in einer sechsbändigen Werkausgabe, hg. v. K. Bullivant und M. Durzak, die weitergeführt wird. In den letzten Jahren erschienen der Roman Der Liebeswunsch, 2000, der Essayband Der verstörte Eros. Zur Literatur des Begehrens, 2001, der Erzählungsband Das normale Leben, 2005 und zuletzt die Essaysammlung Der lange Weg zum Anfang, 2007. (Klappentext)

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Krümel



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