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Arn, Karoline - Wenn wir uns gut sind.




Arn, Karoline - Wenn wir uns gut sind.

Beitragvon oczitania » 15.04.2008, 07:05

Titel: «Wenn wir uns gut sind». Ruth Seiler-Schwab - ds Müeti vom Schlössli Ins
Autorin: Karoline Arn
Seitenzahl: 280
Verlag: Limmat Verlag
Erschienen: Auflage: 1 (Oktober 2007)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3857915331
ISBN-13: 978-3857915338

Über das Buch
Die Heimschule Schlössli in Ins im Seeland bietet seit über fünfzig Jahren «schwierigen» Kindern und Jugendlichen eine Heimat. Zusammen mit ihrem Mann Robert gründete Ruth Seiler-Schwab, «ds Müeti», 1953 die auf anthroposophischer Grundlage geführte Schule und leitete sie zwanzig Jahre.
1918 als Bauerntochter in Kerzers geboren, blieb Ruth Seiler eng mit der Natur und der Landwirtschaft verbunden, was sie aber nicht daran hinderte, sich während des Krieges der kommunistischen Bewegung anzuschliessen. Nach dem Krieg wandte sie sich vom Kommunismus ab und fand über ihren Mann Zugang zu Rudolf Steiners Anthroposophie.
Karoline Arn, die Ruth Seiler-Schwab seit mehreren Jahren kennt und bereits 2006 gemeinsam mit Martina Rieder den Dokumentarfilm «Müetis Kapital» gedreht hat, stellt in ihrer Biografie eine Frau vor, die engagiert das 20. Jahrhundert erlebt hat, den Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg, die Reformpädagogik, aber auch den Kampf gegen Kinderlähmung und das Ringen um freie Liebesbeziehungen.

Über die Autorin
Karoline Arn, geboren 1969. Ausbildung zur Primarlehrerin, später Geschichts- und Philosophiestudium und Nachdiplomstudium Journalismus.
Seit 2002 Redaktorin bei Schweizer Radio DRS. Lebt mit Mann und ihren zwei Kindern in Münchenbuchsee.
2007 fand an den Solothurner Filmtagen die Erstaufführung des Dokumentarfilms «Müetis Kapital» von Karoline Arn und Martina Rieder statt.

Meine Meinung
Ruth Seiler-Schwab hatte kein einfaches Leben - aber sie wusste genau, was sie wollte. Schon früh konnte sie melken, eine Sensation im Bauerndorf: ein kleines Mädchen, das Kühe melkt. Was aber auch damit zusammenhing, dass sie ihrem Vater zeigen wollte, zu was Mädchen fähig sind. Sie hatte lauter Schwestern.
Bauer werden wollte sie, dies zu einer Zeit, als diese Ausbildung nur den Männern vorbehalten war. Durch Heirat hätte sie höchstens Bäuerin werden können. Sie entschied sich deshalb für eine Gärtnerlehre in der Westschweiz.
Immer aber befasste sie sich mit den Problemen der Kleinbauern. So kam sie erstmals mit den Genossen, mit den Kommunisten, in Berührung. Sie war fundamentalem jedoch immer abgeneigt, entsprechend distanzierte sie sich nach dem Krieg vom Kommunismus. Längst waren sie und ihr Mann jedoch schon "fichiert". Die Bundesanwaltschaft hat in den Zeiten des kalten Krieges von unzähligen Menschen Akten angelegt. Seilers - Ruth hat ihren Mann wegen der Kleinbauernfrage kennen gelernt - hatten wegen ihren Kontakten erhebliche Probleme. Erst vor einigen Jahren, als Ruth Seiler-Schwab Einblick in die Akten nahm, wurde ihr bewusst, wieso ihr Mann immer wieder die Stelle verlor. Mal war es ein Mitarbeiter, der ihn denunzierte, mal eine Behördenstelle, die ihn der Bundesanwaltschaft meldete oder/und diese nahm direkt mit den Arbeitgebern Kontakt auf.

1953 entschloss sich das Ehepaar, eine Heimschule im Seeland zu gründen. Endlich eine eigene Schule, zuvor war er im Angestelltenverhältnis Lehrer in einem kleinen Dorf in der Region Thunersee.
Für Ruth Seiler-Schwab war es eine Heimkehr, ist sie doch im Seeland aufgewachsen. In Ins entstand nun die "Schlössli-Schule", eine anthroposophisch geführte Schule, die vierte Steiner-Schule in der Schweiz, die erste auf dem Land.
Das "Schlössli", das war Ruth. Ihr Mann war oft unterwegs, teils monatelang. Er war auch ein Freigeist (der auch gerne auf der anderen Seite des Zauns "graste". Man sei schliesslich nicht der Besitz des anderen…), sie musste derweil den Betrieb aufrecht erhalten. Sie zweifelte, aber verzweifelte nie ganz. Sie und ihr Mann schrieben sich viele Briefe, seit jeher schon. Diese und Tagebucheinträge fanden im Buch Platz und sind sehr gut in die Texte von Karoline Arn integriert.

Man erfährt viel über eine starke Frau, die ihrer Zeit weit voraus, aber keine Feministin im eigentlichen Sinne war. Eine warmherzige Frau voller Liebe, die einige Schicksalsschläge auszuhalten hatte und die viele
Entwicklungen durchmachte.

weitere Information
Ruth Seiler und ihre Freundinnen kannten bereits das "Wanderbuch". Sie schrieben ihre Erlebnisse in ein Schulheft und schickten es der nächsten Freundin weiter. So konnte jede am Leben der anderen teilhaben.

Ihr Mann lebt mittlerweile nicht mehr, sie selber wird in diesem Jahr 90. Kürzlich habe ich sie und einige ihrer ehemaligen Mitschüler interviewt, dabei erzählte mir ihre beste Freundin, dass sie einige Dinge erst aus dem Buch erfahren hat, es sei erschütternd gewesen, das zu lesen.

Den Dokumentarfilm fand ich auch sehr gut gemacht. Klar, dass nur punktuell auf das Leben von Ruth Seiler-Schwab eingegangen werden konnte. Die Bilder geben jedoch einen ersten Eindruck und Überblick.

Bild
oczitania
 

von Anzeige » 15.04.2008, 07:05

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Beitragvon Voltaire » 15.04.2008, 07:39

Eine sehr interessante Buchvorstellung. Dafür herzlichen Dank.

Gerade auch an Rudolf Steiner scheiden sich die Geister. Eine der undurchsichtigsten Personen des vergangenen Jahrhunderts. Und auch Schulen die auf der antroprosophischen Philosophie begründet wurden, sind durch aus auch Gegenstand sehr widersprüchlicher Ansichten. Insofern bekommt dieses Buch von mir den Aufdruck "unbedingt lesen".
Voltaire
 

Beitragvon Krümel » 15.04.2008, 09:40

Ich bekenne mich als Rudolf Steiner Befürworter, ist allerdings schon recht lange her als ich mich mit ihn beschäftigte. Das Buch steht nun auf meinem Wunschzettel :D
BildLiebe Grüße,
Krümel



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