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Dönhoff, Marion - Kindheit in Ostpreußen




Dönhoff, Marion - Kindheit in Ostpreußen

Beitragvon Katia » 08.02.2009, 22:49

[center]Marion Gräfin Dönhoff - Kindheit in Ostpreußen[/center]

Als Ergänzung zu Harrprechts Biographie, die ich im September las, habe ich nun Marion Dönhoffs Kindheitserinnerungen gelesen. Auf knapp 200 Seiten wirft die spätere Chefredaktuerin und Herausgeberin der ZEIT Schlaglichter auf ihre Kindheit und frühe Jugend im elterlichen Schloss Friedrichstein in Ostpreußen.
Große Besitzungen gehören zum Schloss, viele Bediente und Handwerker, Kinder, Gäste beleben das herrschaftlich geführte Haus. Reiten und jagen wird für die kleine Comtesse zum Lebensinhalt, Unterricht spielt allenfalls eine Nebenrolle. Die Eltern? Weit entfernt in anderen Teilen des großen Gebäudes, um so stärker der Zusammenhalt unter den Kindern. Freiheit und herrliche Natur stehen im Zentrum des Lebens.

Dass die Autorin sich später mit dem Führen eines großen Guts beschäftigte und die Geschichte des Friedrichsteins zum Thema ihrer volkswirtschaftlichen Dissertation machte, merkt man an vielen Stellen; Landwirtschaftliches spielt eine große Rolle. Sie nimmt aber auch uns Leser des späten 20. Jahrhunderts (als sie das Buch schrieb) an die Hand und erklärt uns das Leben des ostpreußischen Landadels. Die standesbewusste Mutter, Besuche Hindenburgs und der Kaiserin, das Schlagwort vom "ostpreußischen Junker" nimmt Dönhoff zum Anlass über die Rolle des Adels zu Anfang des Jahrhunderts zu schreiben - auch wenn dies Dinge sind die dem kleinen Wildfang Marion wenig bewusst waren.
Für mich war angenehm eine ausführlichere Biographie bereits gelesen zu haben, da Dönhoff durch die Zeit springt und viele der späteren prägenden Episoden (ihre Involvierung in das Attentat vom Juli '44) nur kurz anreißt. Es ist eine fast heile Welt in herrlicher Umgebung, in die immer wieder - wie das Leben so spielt - tragische Momente platzen. Die Flucht '45 nimmt man unterschwellig als prägendes Ereignis ihres Lebens wahr, auch wenn sie nicht direkt darüber schreibt.

Ein flott zu lesendes Büchlein, das den Leser auf unterhaltsame, aber auch berührende Weise in eine vergangene Welt entführt - und dabei auch historische Zusammenhänge erklärt. Die SPIEGEL-Ausgabe ist mit vielen Fotos angereichert, (leider von eher schlechter Druckqualität) die das Erzählte noch plastischer machen.

:stern: :stern: :stern: :stern:

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Beitragvon tom » 08.02.2009, 23:22

Danke, Katia, für diese Vorstellung. Wie ich ja bei Deiner Rezension zur Harrprechtsbiographie sagte, habe ich dieses Buch sehr gerne gelesen. Was Deine Bemerkung anbetrifft, dass die Flucht eher angeschnitten ist, mag das was relativ Typisches sein für viele Vertriebene. Manche erlebten einen solchen Schock, dass sie nicht davon erzählen wollten.
Bei der "Gräfin" gibt es allerdings ein zweites Erinnerungsbuch "Namen, die keiner mehr nennt", in dem sie - wenn ich recht erinnere - etwas mehr zur Flucht sagt?! Sie hat sie wohl auf dem Pferderücken erlebt! Es waren ja alles ausgezeichnete Reiter...
tom
 

Beitragvon Katia » 08.02.2009, 23:43

Ja, tom, sie ist geritten (das erwähnt sie, glaub' ich auch). Es ist auch eigentlich klar, dass sie in diesem Buch nicht konkret über die Flucht spricht, denn das war ja lange nach ihrer Kindheit - es schwingt natürlich immer mit, schließlich lebt sie in ihrem "Kindheitsparadies" nicht mehr.

"Namen, die keiner mehr nennt" kommt auch alle Fälle auf meine LzkB (Liste zu kaufender Bücher), danke für den Tipp.

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Beitragvon tom » 09.02.2009, 17:35

Katia hat geschrieben:"Namen, die keiner mehr nennt" kommt auch alle Fälle auf meine LzkB (Liste zu kaufender Bücher), danke für den Tipp.


WENN Dich dazs Thema Ostpreußen, Flucht etc. noch weiter interessiert... könnte ich Dir behilflich sein!

DIE Referenz schlechthin ist das Buch von Graf Lehndorff "Ostpreußisches Tagebuch". (Ein mir lieber Mensch hat ihn persönlich kennengelernt.)
tom
 



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