Krümels-Bücherwelt ...

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Jamison, Kay Redfield - Meine ruhelose Seele.




Jamison, Kay Redfield - Meine ruhelose Seele.

Beitragvon tom » 06.06.2007, 17:55

(Untertitel:) Die Geschichte einer manischen Depression

Original: An Unquiet Mind

In der Reihe von autobiographischen Erfahrungsberichten hier im Bücherforum möchte ich kurz das Buch von Jamison über ihren Kampf und Umgang mit der eigenen manisch-depressiven Veranlagung vorstellen. Kay Redfield Jamison wurde 1946 geboren. Sie unterrichtet Psychiatrie an der John Hopkins Universität in den USA und gilt als Expertin manisch-depressiver Erkrankungen.
(Mehr zu ihrem Werdegang und ihrem Leben und Werk mag der Interessierte HIER finden: http://en.wikipedia.org/wiki/Kay_Redfield_Jamison )

In diesem fesselnden Buch beschreibt Jamison die manische Depression vor allem als Selbstbetroffene, die bis nah an einen Selbstmordversuch kam und den Verlust des Arbeitsplatzes zu befürchten hatte. In der manischen Depression, die heute auch und eher unter dem Begriff der bipolaren Störungen bekannt ist, rutscht der Betroffene in mehr oder weniger gestochenen Zyklen von einer manischen in eine depressive Phase. (Wer als Außenstehender mehr über diese Krankheit erfahren will, mag unter http://de.wikipedia.org/wiki/Bipolare_St%C3%B6rung eine sehr gute Einführung finden.)
Doch in dieser Art Buch spricht man wohl eher mehr oder weniger direkt Betroffene an, die sich oder ihren Bekannten plötzlich in dieser und jener Beschreibung wieder erkennen und anschließend vielleicht besser verstehen.
Letztlich geht es nicht darum (wie eine übereilige Zusammenfassung an gewisser Stelle suggeriert), wie man diese Krankheit „überwindet“ und „abhakt“, sondern wie ich mit ihr zu leben lerne und sogar in diesem Handicap eine Art Kraftquelle schöpfen kann.
Dabei enthüllt uns Jamison mehrschichtige Ansätze: einen medikamentösen (der sich mit den Jahren entwickeln mag) als auch eine menschlich soziale Komponente, die die Annahme der eigenen Veranlagung ermöglicht.
Die notgedrungen zutiefst persönlichen Bemerkungen der Autorin hinterlassen einen tiefen Eindruck, der die Hoffnung vermittelt, dass ein Leben MIT dieser Krankheit möglich ist.

:stern: :stern: :stern: :stern: /:stern:

Taschenbuch: 254 Seiten
Verlag: Goldmann (September 1999)
ISBN-10: 3442150302
ISBN-13: 978-3442150304

ISBN-13 der englischen Ausgabe: 978-0330346511

Es sei mir erlaubt, an dieser Stelle Kritik zu üben, wenn ich bei der gebundenen Bertelsmannausgabe von 2002 folgenden Titel des hier besprochenen Buches finde: „Meine ruhelose Seele. Die Geschichte einer Depression.“ Die Unterlassung des einen Wortes verzerrt Sinn und Inhalt des Buches und zeugt, m.E. von der oberflächlichen Behandlung eines ernsten Themas.

Bild
tom
 

von Anzeige » 06.06.2007, 17:55

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Beitragvon Krümel » 06.06.2007, 18:58

Also manisch kann ich lesen :wink:
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Beitragvon Pippilotta » 06.06.2007, 19:04

@Krümel: Die Abbildung des Buches ist nicht die Bertelsmann-Ausgabe!

Diese hier ist die Bertelsmann-Ausgabe:

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Beitragvon Pippilotta » 06.06.2007, 19:10

Danke, @Tom für die Vorstellung dieses Buches.

Ich habe irgendwie Schwierigkeiten mit dem Umgang von "solchen" Kranken. Man "sieht" die Krankheit nicht und es tut auch nichts weh. Ich selber habe ja ein recht sonniges Gemüt und kann mich vielleicht deshalb noch schwerer in (manisch-)depressive Leute hineinversetzen. Ich ertappe mich schon öfter bei dem Gedanken, die Betroffenen mit "Selbstmitleid" oder "Einbildung" abzufertigen :grübel2: (v.a. wenn kein nach außen ersichtlicher Grund wie z.b. Schicksalsschlag, Krankheit, o.ä., vorliegt).
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Beitragvon Krümel » 06.06.2007, 19:28

Oh, tut mir leid :oops:

@ Pippi
Ich habe ja diese Erfahrung gemacht, wie es ist mit Depressiven umzugehen. Das ist verdammt schwierig, weil unsere normalen Hilfestellungen, diese kleinen Anschubste, damit erreicht man diese Menschen gar nicht; oder stellst sie unbewusst vor noch höheren Mauern, wo sie nicht rüber kommen. Das ist der totale Mist, du verzweifelst so dermaßen, weil du nicht helfen kannst. Ich fand diese Zeit so schwierig und frustrierend.
Aber ich rede jetzt von Depressionen, manisch depressiv muss noch eine Stufe schlimmer sein, ich denke, da wird man als Außenstehender nur noch dumm schauen können :roll:

Ich bin froh über diese Entwicklung, dass man Depressionen nicht mehr vertuscht. Diese Krankheit nimmt ja auch immer mehr zu, da muss man einfach aufgeklärt werden, wie man sich verhalten soll :thumleft:
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Beitragvon tom » 08.06.2007, 08:26

Krümel hat geschrieben:...unsere normalen Hilfestellungen, diese kleinen Anschubste, damit erreicht man diese Menschen gar nicht; oder stellst sie unbewusst vor noch höheren Mauern, wo sie nicht rüber kommen....

Ich bin froh über diese Entwicklung, dass man Depressionen nicht mehr vertuscht. Diese Krankheit nimmt ja auch immer mehr zu, da muss man einfach aufgeklärt werden, wie man sich verhalten soll :thumleft:


Ersteres ist wohl sehr gut beobachtet: eine rein moralische doch "nicht so anzustellen" etc. ist eher frustrierend und an der Wirklichkeit vorbei. In solchen Phasen KANN man irgendwie nicht mehr. Unser einfaches Aushalten, Dabei-Bleiben ist vielleicht alles, was wir bieten können...

Zum zweiten will ich nochmals sagen, dass depressiv und manisch-depressiv nicht die selben "Krankheiten" sind, auch wenn die depressive Phase in der manischen Depression eben "depressiv" ist. Allerdings ist die Frequenz der manischen Depression anscheinend durch die Jahrhunderte gleichbleibend(er): sie ist teils auch veranlagt. Das Ausbrechen kann dann durch äussere Auslöser beeinflußt werden.

Manche Depressionen sind evntuell eher zivilisatorisch bedingt?

Manches ist aber sicherlich auch, dass wir heute offener darüber reden, diese Krankheitsbilder eher annehmen, feststellen...
tom
 



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