Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Kadeer, Rebiya - Die Himmelsstürmerin




Kadeer, Rebiya - Die Himmelsstürmerin

Beitragvon Salome » 15.07.2007, 07:29

[center]Bild[/center]

Himmelssturm für die Menschenrechte

Eine einfache Frau kämpft aus Liebe zu ihrem Volk einen scheinbar aussichtslosen Kampf und wächst dabei weit über sich hinaus

Die freie Journalistin und Sachbuchautorin Alexandra Cavelius hat, zusammen mit der uigurischen Menschenrechtlerin Rebiya Kadeer, deren eindrucksvolle Biographie “Die Himmelsstürmerin”, verfasst. Es ist der erstaunliche Werdegang einer Frau, die ihr Leben dem Kampf gegen die Unterdrückung durch die chinesische Diktatur gewidmet hat und die bis heute als Staatsfeindin Nr.1 in China gilt.

Wer ist Rebiya Kadeer?

Am 15. Juli 1948 wurde Rebiya in einfachen, ärmlichen Verhältnissen unter Goldsuchern im Gebirge von Altay in Ostturkestan (heutige sogenannte autonome Republik Xingjiang) geboren. Unter widrigen Umständen und viel zu früh geboren, aber doch stark mit dem festen Willen zu leben, steht für die Gott dankbaren Eltern schnell fest, dieses Kind gehöre nicht ihnen, sondern dem Volk. Und so wird es auch sein.
Besiedelt ist die Region in dieser Zeit von einer Vielzahl islamischer Turkvölkern, die friedlich miteinander koexistieren: Uiguren, Kasachen, Kirgisen, Dunganen…
Rebiya wächst zunächst in ihre traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter hinein, obgleich sie stets ein Mensch bleibt, der ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und auch keine Scheu vor dem Aussprechen unbequemer Wahrheiten hat. Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Folter, Mord sind zu dieser Zeit omnipräsent, sie prägen Rebiya zutiefst.
Immer deutlicher stellt sich heraus, so wie sie nie ihren Eltern gehörte, gehört sie auch nicht ihren Kindern und ihrem Ehemann.
“Ich will die Mutter des uigurischen Volkes sein, die Medizin für sein Leiden, das Taschentuch für seine Tränen, und der Schirm, der es vor dem Regen schützt.” sagt sie über sich selbst.
Schließlich wird die unbequeme Rebiya von ihrem Mann geschieden und dadurch von ihren Kindern getrennt . Aus ihrer finanziellen Not heraus gründet sie eine kleine Wäscherei. Sie entpuppt sich als findige Geschäftsfrau und hat von nun an nur noch ein Ziel: viel Geld zu machen, um erstens ihre Kinder zu sich holen zu können und zweitens Gelder für ihren Kampf gegen die chinesischen Unterdrücker zu sammeln.

Das erwirtschaftete Geld der Wäscherei investiert sie schlau in weitere Geschäfte und wird dadurch sehr reich. Durch das Gute, das sie mit diesem Geld bewirkt, wird sie eine Art Landesmutter für ihr Volk.
Sie wird sogar in den Volkskongress gewählt, merkt aber, dass sie dort nichts bewegen kann.

Die Unterdrückung der Uiguren

Es ist kaum zu glauben, mit welchen Fakten Rebiya Kadeer aufwartet. Angefangen mit der unerbittlichen Zwangsbesiedlung Xinjiangs durch Chinesen, der systematischen, schleichenden Ausrottung der Bevölkerung dieser Region durch Zwangsumsiedlungen, Verhaftungen (in Gefängnisse mit schlimmsten Haftbedingungen), Morden, das Schaffen sehr schlechter Lebensumstände für die Uiguren; des Weiteren das Beschneiden aller Freiheiten der Uiguren, die totale Kontrolle durch das kommunistische Regime, das Plündern aller Ressourcen der Region, Hungersnöte durch Misswirtschaft; bis hin zu Zwangsabtreibungen, sogar bis zum Geburtstermin, und auch das Töten von Neugeborenen.

Es ist eine unfassbare Ansammlung an Menschenrechtsverletzungen in China und durch China, die sie aufzeigen kann. Unglaublich, dass wir mit diesem Land so unbefangen wirtschaftlich zusammenarbeiten, obwohl diese Dinge ja durchaus bekannt sind. Viele Tatsachen, die man erfolgreich im Alltag verdrängt, werden durch “Die Himmelsstürmerin” schmerzlich bewusst und hinterlassen den Leser mit ohnmächtiger Wut.

Verhaftung und Befreiung von Rebiya Kadeer


1999 wurde Rebiya, nach einer flammenden Rede im Volkskongress, über das Unrecht der Regierung und der darauf folgenden Entziehung ihrer Ämter, endgültig inhaftiert. Die Hölle der Zeit im Gefängnis schildert Rebiya so hautnah, dass es wehtut.

Unermüdlich kämpft unterdessen Rebiyas Familie, ihr zweiter Ehemann Sidik und sechs der elf Kinder im amerikanischen Exil, für ihre Freilassung. Dadurch wurde ihre Geschichte auch in den westlichen Ländern bekannt. 2005 kommt sie frei.

Eine Biographie, die bewegt

Zusammenfassend kann man sagen, dass Rebiya Kadeer mit der Journalistin Alexandra Cavelius ein sehr bewegendes, aufklärendes Buch verfasst hat. Ihr Schicksal, ihr unermüdlicher, selbstloser Kampf für die Menschenrechte, für den sie auch zurecht für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen wurde, ist beeindruckend. “Die Himmelsstürmerin” hat das Leben dieser Frau großartig festgehalten und ihr ein Denkmal gesetzt. Ein Buch, das man nicht mehr vergessen wird.


ISBN: 3453120825
Heyne Verlag
Juni 2007 - gebunden - 415 Seiten
Chinas Staatsfeindin Nr. 1 erzählt aus ihrem Leben
16 - seitiger Bildteil
Salome
 

von Anzeige » 15.07.2007, 07:29

Anzeige
 

Beitragvon tom » 15.07.2007, 11:55

Danke, Salome, für die engagierte, ausführliche Vorstellung des Buches, bzw. der Geschichte von Rebiya Kadder. Sehr, sehr interessant, wenn das auch nicht das angemessene Wort ist...?!

Zitat:
Es ist kaum zu glauben, mit welchen Fakten Rebiya Kadeer aufwartet. Angefangen mit der unerbittlichen Zwangsbesiedlung Xinjiangs durch Chinesen, der systematischen, schleichenden Ausrottung der Bevölkerung dieser Region durch Zwangsumsiedlungen, Verhaftungen (in Gefängnisse mit schlimmsten Haftbedingungen), Morden, das Schaffen sehr schlechter Lebensumstände für die Uiguren; des Weiteren das Beschneiden aller Freiheiten der Uiguren, die totale Kontrolle durch das kommunistische Regime, das Plündern aller Ressourcen der Region, Hungersnöte durch Misswirtschaft; bis hin zu Zwangsabtreibungen, sogar bis zum Geburtstermin, und auch das Töten von Neugeborenen. (Zitatende)

Leider sticht die chinesische Innenpolitik oft durch solche Vorgehensweisen hervor. Man könnte daran anschliessend natürlich viel Ähnliches von dem Handeln in Tibet erzählen... Deine Beschreibung könnte man so fast übernehmen für diese bekanntere Region...
tom
 

Beitragvon wolves » 16.07.2007, 08:55

Ich habe mir ja mittlerweile das Buch auch schon besorgt. Das ist ja fast schon peinlich, dass ich noch nie etwas von Rebiya Kadeer gehört habe. Die Rezi klingt sehr vielversprechend, wenn auch das Thema sehr ernst werden wird.
Liebe Grüße
wolves


Benutzeravatar
wolves
Buchgenießerin
Buchgenießerin
 
Beiträge: 6413
Registriert: 07.11.2006, 14:51
Wohnort: Saarland


Zurück zu Biographien/Tagebuch/Briefe

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron