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Kassmann, Reno - Lebe Deinen Traum




Kassmann, Reno - Lebe Deinen Traum

Beitragvon Coco » 13.02.2008, 09:34

Reno Kassmann

Lebe Deinen Traum - Schicksalsschläge inbegriffen



Reno Kassmann, 54 Jahre alt, bereiste fast die Hälfte seines bisherigen Lebens die ganze Welt.
Mit dem 1. Band seiner Trilogie (Band 2 und Band 3 sind noch nicht veröffentlicht) will er uns an seinem Leben, seinen Erfahrungen, und natürlich in erster Linie, seinen Reisen teilhaben lassen.

Es sind vor allem die, oft Monate dauernden, Reisen, die dieses Buch prägen.
Er berichtet von zwei Afrikareisen, in denen er jeweils mit Auto oder Motorrad die Sahara durchquerte, zwei Aufenthalten in den USA, einer achtmonatigen Tour durch Kanada und Alaska, weiteren Reisen nach Australien und Tasmanien – sowie kürzeren Trips, wiederum nach Alaska, Südamerika und quer durch Europa.

Jeder der das Gefühl des „Fernweh“ kennt, wird dieses Buch interessiert zur Hand nehmen, so auch ich.
Da Reno Kassmann kein „Pauschalreisender“ ist, keinen Aufenthalt im Vorfeld minutiös plant, sondern sich auch einfach oft überraschen lässt, was da auf ihn zukommt, bin ich teilweise von seinen Berichten sehr beeindruckt.
Er sah Afrika nicht durch die Brille des Safari-Reisenden, sondern erlebte hautnah, wie dieser Kontinent, trotz seiner wunderbaren Natur, sein kann: brutal und gefährlich.
Bei seinen Reisen durch die USA schwingt, neben der atemberaubenden Landschaft, die er dort zu sehen bekommt, die großzügige Gastfreundschaft der Bewohner dieses Landes mit.
In Kanada und Alaska findet er Weite und Ruhe. Kontakte zur Bevölkerung sucht er in Australien vergebens, findet jedoch liebevolle Aufnahme und Interesse in Indonesien und Tasmanien.

Dennoch konnten mich seine Reiseberichte, seine Eindrücke, nicht so recht überzeugen - der Funke sprang nicht über.
Hier muss vielleicht erwähnt werden, dass Reno Kassmann die meisten Reisen mit dem Motorrad unternahm. Von jeher ein echter „Biker“, der ein Gefühl von Weite, Naturnähe und Fahrerlebnis vor allem auf dem Motorrad erlebt, verliert er sich über weite Teile in Beschreibungen zu diesen Themen. Zuviele Details über Motorräder, deren Reparatur und Wartung, Ersatzteilbeschaffung, Straßenzustandsberichte mit dementsprechendem Fahrverhalten stören das Bild.
Des Weiteren fehlen mir vor allem Informationen über die bereisten Länder, z.B. ein kurzer geschichtlicher Abriss, die aktuelle politische Lage, kulturelle Besonderheiten. Leider werden sexuelle Abenteuer auf den Reisen weit detailierter beschrieben als z.B. der Besuch einer Kultstätte.
Ein bisschen, so muss ich es leider sagen, fehlt mir das Feingefühl in den Reisebeschreibungen, die Faszination außerhalb des Fahrgefühls auf schwierigen Wegstrecken, das Kennenlernen der Menschen an diesen Orten. Hier spricht der Verfasser leider zuviel von sich selbst, anstatt uns an dem Gesehenen teilhaben zu lassen.
Kartenmaterial wäre zudem äußerst hilfreich gewesen.

Reno Kassmanns Buch berichtet aber nicht nur von seinen Reisen. In Einschüben, stilistisch sehr schön gemacht, erfahren wir mehr aus seinem Leben. Kurze Szenen aus seiner Kindheit und Jugend in Ostfriesland, der Ausbildung und seiner Entscheidung, nur selbständig zu arbeiten, seinen Freundinnen, seinen sexuellen Affären; wir lesen von Motorrad-Treffen, wilden Festen, seiner Heirat und vielem mehr.

Ja, er ist sicher ein Individualist, kann sich ein Leben in geplanter Struktur für sich nicht vorstellen. Aber auch hier fehlt mir oft die Tiefe in den Erzählungen. Lustige Anekdoten wechseln mit entscheidenden Stationen in seinem Leben. Aber bei nahezu allem bleibt die emotionale Wahrnehmung aussen vor.

Das gesamte Buch ist leicht und flüssig zu lesen, sehr angenehm, wenn man sich nicht davor scheut, dass er Dinge auch beim Namen nennt. Seine Sprache ist einfach, oft derb, aber direkt.

Reno Kassmanns Leben ist interessant, spannend – er hat es für sich gewählt und ist zufrieden damit, seinen Mut finde ich bemerkenswert.
Aber für mich ist mit Teil 1 der Trilogie auch schon schluss, ich werde die folgenden Bände nicht mehr lesen.
Dennoch denke ich, dass wahre Motorradfreunde und sonstige Individualisten, die das Leben weniger intellektuell angehen, sicherlich ihre Freude damit haben werden.


:stern: :stern:


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Liebe Grüsse
Coco

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von Anzeige » 13.02.2008, 09:34

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Beitragvon Karthause » 16.02.2008, 15:58

Dies ist unsere erste Familien-Rezension. Mein Mann hat dieses Buch auch gelesen und hier sind jetzt unsere Meinungen zusammengefasst.


In seinem Buch „Lebe Deinen Traum“ berichtet Reno Kassmann von seinem eigenen Leben. Schon in jungen Jahren wird es ihm zu eng im Friesischen, er hörte den Ruf der großen, weiten Welt und folgte ihm. So war er oft monatelang mit dem Motorrad oder auch mal mit dem Auto in Afrika, den USA, in Kanada, und in Australien unterwegs. Kehrte er zurück in seine Heimat, hielt es ihn nur kurz dort. Meist dauerten seine Aufenthalte lediglich so lange bis er seine nächste Reise finanzieren konnte. Größere Planungen gingen seinen Fahrten nie voraus. Er ist Individualist, er braucht keine Reiseleitung, kein Hotel, keinen Luxus. Ihm genügen sein Schlafsack und die Weite des Himmels.
Reno Kassmann ist ein Biker wie er im Buche steht. Wenn er von Pisten, vom Schrauben an seiner Maschine, von Treffen mit Gleichgesinnten und seinen Frauengeschichten berichtet, ist er in seinem Element. Mir waren diese Schilderungen häufig etwas zu ausführlich. Sie gingen zu Lasten der Impressionen von den Strecken. Ich erfuhr zu wenig von den bereisten Ländern und den dort lebenden Menschen. Reno Kassmanns Buch ist aber nur zweitrangig eine Reisebeschreibung, in erster Linie ist es sein ganz persönlicher Lebensbericht. Er schildert seine Sicht auf die Dinge, die ihn bewegen mit seinen ganz individuellen Prämissen und die liegen eben nicht in der Wiedergabe von Landschaftsstimmungen.
Kassmann bedient sich im Wesentlichen einer einfachen, leicht zu lesenden Sprache. Eigentlich schreibt er, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Da kommt es auch schon mal zu eher derben oder deftigen Aussagen. Anfangs konnte ich darüber noch lächeln, im weiteren Verlauf des Buches störte es mich aber immer mehr. Hätte er den flüssigen Stil, der den Hauptteil des Buches prägt, konsequent durchgehalten, wäre meine Bewertung etwas besser ausgefallen.
Trotz der angeführten Kritikpunkte haben wir das Buch nicht ungern gelesen. In uns Stadtpflanzen wurde schon ein wenig die Lust auf Ferne, Weite und Abenteuer geweckt. Wir fanden es schon recht interessant, von Reno Kassmanns Lebensart zu erfahren, die sich so gänzlich von der unseren unterscheidet.

:stern: :stern: ( :stern: )

Mein Mann war für 3 Sterne, im gefielen die Geschichten rund ums Motorrad besser als mir, von mir hätte es 2 Sterne gegeben.
Viele Grüße
Karthause

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