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Kristof, Agota - Die Analphabetin




Kristof, Agota - Die Analphabetin

Beitragvon Voltaire » 04.09.2007, 22:16

Titel: Die Analphabetin
Originaltitel: L’Analphabéte
Verlag: Serie Piper
Erschienen: Juli 2007
Seitenzahl: 75
ISBN-10: 3492249027
ISBN-13: 978-3492249027
Preis: 7.00 EUR


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Auf 75 Seiten erzählt die 1935 in Ungarn geborene Autorin Agota Kristof ihr Leben. Wie üblich schreibt sie in wortkargen Sätzen, Sätze die aber ungeheuer eindringlich sind. Wo andere viele Worte und Buchstaben vergeuden, da gelingt es Agota Kristof mit ganz wenigen Worten das Wesentliche zu sagen. Beeindruckend ist dabei die Tiefe ihrer Erzählungen. Auch diese autobiographische Erzählung lässt den Leser nicht schnell aus ihrem Bann.

Mit großer Intensität lässt sie den Leser an ihrer Kindheit in Ungarn teilhaben, auch ins Internat begleitet der Leser die Autorin und auch die Flucht nach Österreich und später in die Schweiz wird mit wenigen kargen Worten unendlich eindringlich erzählt.

Agota Kristof erzählt teilweise mit distanzierter Kühle, die aber bei näherem Hinsehen alles andere als kühl ist. Eine Autorin die es wirklich wert ist gelesen zu werden; deren Erzählungen sich durch eine große Offenheit und Ehrlichkeit auszeichnen. Eine Autorin, die absolut nicht enttäuscht. Sehr lesenswert.

Meine Bewertung:
:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Voltaire
 

von Anzeige » 04.09.2007, 22:16

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Beitragvon wolves » 05.09.2007, 07:21

Juchhu, endlich gibt es die Analphabetin als Taschenbuchausgabe! Ich habe die ganze Zeit schon drauf gewartet. Irgendwann letztes Jahr habe ich von Agota Kristof ein sehr interessantes Filmporträt gesehen und seit der Zeit interessiere ich mich speziel für dieses Buch.

Wenn ich mir deine Rezi durchlese habe ich den Eindruck, dass du schon mehr von ihr gelesen hast. Gibt es weitere Empfehlungen von dir?
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Voltaire » 05.09.2007, 07:41

wolves hat geschrieben:Juchhu, endlich gibt es die Analphabetin als Taschenbuchausgabe! Ich habe die ganze Zeit schon drauf gewartet. Irgendwann letztes Jahr habe ich von Agota Kristof ein sehr interessantes Filmporträt gesehen und seit der Zeit interessiere ich mich speziel für dieses Buch.

Wenn ich mir deine Rezi durchlese habe ich den Eindruck, dass du schon mehr von ihr gelesen hast. Gibt es weitere Empfehlungen von dir?



Ich habe, so glaube ich, bisher alles von ihr hier in Deutschland Verfügbare gelesen. Und ich kann eigentlich jedes Buch von ihr uneingeschränkt empfehlen. Allerdings muss man schon ihren teilweisen sehr knappen und zudem auch sehr kühlen Schreibstil mögen.
Voltaire
 

Beitragvon Krümel » 21.01.2008, 13:38

Kaum hat man begonnen, ist man auch schon durch!

Ich kann mich nicht der Meinung anschließen: “Kaum eine Prosaschriftstellerin erzielt mit weniger Wörtern mehr Wirkung … “ FAZ
Man bekommt einen guten Ersteindruck, aber aus dem Stoff hätte man wesentlich mehr machen können! Ein Roman von 400 Seiten, der das Leben der Autorin in der Schweiz erzählt; diese tiefen Empfindungen wiederspiegelt, wie sie sich als Analphabetin im Ausland fühlt; hätten mich mehr bewegt. In Rückblenden hätte sie dann von ihrer Kindheit berichten können, dass sie schon mit vier Jahren lesen konnte.
Für mich ist dieses Büchlein nicht mehr als eine längere Notiz, bewegend schon, aber nicht ausgereift. Als Liebhaber der Wälzer fehlt einem bei dieser Lektüre Lebendigkeit und Charaktere. So hinterlässt es Leere.

Agota Kristof wurde am 30. Oktober 1935 in Csikvánd in Ungarn geboren. Sie verließ ihre Heimat während der Revolution 1956 und kam über Umwege nach Neuchâtel in die französischsprachige Schweiz, wo sie bis heute lebt. Als Arbeiterin in einer Uhrenfabrik tätig, erlernte sie die bis dahin fremde Sprache und schrieb auf französisch ihre erfolgreichen Bücher, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden sind.

Werke:

* Der Beweis 1989
* Die dritte Lüge 1993
* Gestern 1998
* Das große Heft 1999
* Die Analphabetin 2005
* Irgendwo 2007

Bewertung: :stern: :stern: :stern:
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Beitragvon Pippilotta » 23.01.2008, 18:25

Wie ich im Lesenacht-Thread schon erwähnte, war ich auch irgendwie enttäuscht von diesem Buch. Der Inhalt erschien mir eher wie eine ausführlichere Version des Klappentextes. Obwohl ich sonst eine nüchterne Betrachtungsweise sehr schätze, fehlte mir bei diesem Buch das gewisse Etwas.

Ich brachte das Buch heute in die Bibliothek zurück. Dort arbeitet eine gute Bekannte, die einerseits auch Teilnehmerin unseres Lesekreises ist und zudem selber vor 25 Jahren aus Ungarn über die "grüne Grenze" nach Österreich kam, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Als sie das Buch sah meinte sie "Hast Du das gelesen? Jetzt weißt Du wie es mir ergangen ist! - Ein wunderbares Buch, sie schreibt genau so wie es ist!" - Vielleicht lesen "Betroffene" dieses Buch anders, vielleicht lesen sie mehr heraus bzw. zwischen den Zeilen :?:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon Karthause » 23.01.2008, 18:51

Der Klappentext des Buches war viel versprechend. Eine junge Frau flüchtet mit Mann und Kind 1956 aus Ungarn, über Österreich kommen sie schließlich in die französisch sprechende Schweiz. Ihr, die leidenschaftliche Leserin war, fehlen plötzlich die Worte. Sie fühlt sich als Analphabetin.

Kurze Knappe Sätze prägen diese Erzählung. Der Stil ist schon als minimalistisch zu bezeichnen. So blieb kaum Platz in den wenigen das Buch umfassenden Seiten, um die Gefühle der Autorin zu beschreiben und Emotionen beim Leser zu wecken. Die Geschichte von Agota Kristofs Leben beschränkt sich auf das Allerwesentlichste. Es wird kein Wort zuviel verwendet. Aber nicht immer ist weniger mehr. Ich vermisste die Tiefe in diesem Buch. Zu den in „Die Analphabetin“ beschriebenen Personen fand ich keine Beziehung. Durch die Kürze des Textes fehlte eine Charakterisierung und ihre Gesichter blieben für mich leer. Einzig die Liebe der Autorin zum geschriebenen Wort konnte zum Ende hin nachvollziehen, als sie beginnt, die neue Sprache zu sprechen und sie aber weder lesen noch schreiben kann.

Schade, aus dieser Thematik hätte deutlich mehr gemacht werden können.

:stern: :stern: :stern:
Viele Grüße
Karthause

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Beitragvon Krümel » 23.01.2008, 18:58

Pippilotta hat geschrieben: Vielleicht lesen "Betroffene" dieses Buch anders, vielleicht lesen sie mehr heraus bzw. zwischen den Zeilen :?:


Nö, ich denke eher, sie haben es am eigenen Leib erfahren, und deshalb geht es ihnen unter Haut.

Ich habe schon eine Menge heraus gelesen, und gerade deshalb war ich so enttäuscht, dass aus dem Stoff nicht mehr gemacht wurde.
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