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Nazer, Mende - Sklavin




Nazer, Mende - Sklavin

Beitragvon marilu » 06.08.2006, 12:09

Inhalt:

Mende Nazer, Angehörige der Karko, eines Nubastammes in den Nubabergen des Sudan, wurde ab ihrem 12. Lebensjahr zur Sklavin. Bis dahin in einer liebevollen Umgebung und als Nesthäkchen ihrer Familie aufgewachsen, stürzt ihre Welt in sich zusammen, als sie miterlebt, wie Milizen ihr Dorf überfallen, die Frauen vergewaltigen, Männer erschießen und Hütten abbrennen. Sie versucht zu fliehen, wird aber von einem Araber aufgegriffen und ihr Martyrium beginnt.
Bereits auf dem Weg in das Milizlager versucht der Reiter, der sie entführt, sie zu vergewaltigen. Im Camp angelangt, werden sie und die anderen Kinder auf die Ladefläche eines Autos verfrachtet und nach Khartoum gefahren.
Dort angelangt werden die Kinder weiterverkauft. Mende wird von der Frau Rahab gekauft und muss für sie putzen, waschen, Kinder betreuen - prinzipiell alles erledigen, was im Haus anfällt. Nur nach draußen darf sie nicht.
Sie ist Eigentum der Familie und arbeitet zu allen Tageszeiten, ohne Freizeit, ohne Lohn und wird unter ständiger mentaler Folter gehalten. Rahab ist eine sehr impulsive Frau, die Mende beständig unter Druck setzt, sei es durch Beleidigungen, Schläge oder andere Mißhandlungen.

Nach ca. 6 Jahren in Rahabs Haushalt wird sie von dieser an ihre Schwester Hanan nach London verschenkt. Dort flieht sie und schreibt im Zuge ihres Asylgesuches ihr Leben nieder. Das Buch "Sklavin" erscheint erstmalig in Deutschland, weil sich die englischen Verlage nicht trauen, während des Bewilligungsverfahrens dieses Buch zu veröffentlichen.

Der starke öffentliche Druck bewirkt letztendlich, dass Mende lebenslanges Aufenthaltsrecht in Gßbritannien erhält.

Meine Meinung:

Ein Buch, das mich stark erschüttert hat.

Der erste Teil des Buches beschreibt Mendes Kindheit, die eine glückliche war. Teilweise fand ich sie extrem verwöhnt, aber irgendwie zeigt ihr Verhalten als junges Mädchen, das sich bei ihrer Familie (fast) alles erlauben durfte, und das der jungen Frau, die (fast) keinen eigenen Willen mehr hat, den Kontrast zwischen ihren verschiedenen Lebensabschnitten umso deutlicher!
Der zweite Teil beschäftigt sich mit ihrer Zeit als Sklavin im Sudan während der dritte auf ihre Erlebnisse in London eingeht.
Den Abschluss macht die Stellungnahme von Damien Lewis, ein englischer Journalist, der Mendes Erfahrungen zu Papier gebracht hat und sich aktiv gegen den Sklavenhandel im Sudan einsetzt.

Wenn man googlet, findet man sehr viele Seiten zu Mende und ihrer Lebensgeschichte - manche kritsch, manche zynisch, andere herzlich und mitfühlend. Es gibt ein sehr breites Spektrum an Meinungen zu dem Thema. Ein bißchen zu stöbern ist interessant und stellt neue Fragen.

"Sklavin" ist ein sehr menschliches Buch, das Gefühle in den Mittelpunkt stellt und als Plädoyer gegen die Skalverei dienen soll. Erschütternd fand ich, dass Mendes Asylantrag beim ersten Durchgang abgelehnt wurde, weil sie nicht "verfolgt" sondern "nur" versklavt worden sei. Die Veröffentlichung ihres Buches allerdings würde eine Verfolgung ganz klar nach sich ziehen...

Lest selbst! Es ist sicher kein sprachliches und stilistisches Meisterwerk, aber das habe ich mir von der Lektüre auch nicht versprochen. Sobald ich einmal begonnen hatte, konnte ich es nicht mehr weglegen - zu sehr "packte" mich die Schilderung.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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von Anzeige » 06.08.2006, 12:09

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Beitragvon Krümel » 06.08.2006, 13:15

Ja, ich habe sie mal live bei Kerner oder Beckmann gesehen, ist ja wirklich tragisch ihr Schicksal :cry:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Karthause » 06.08.2006, 19:11

Sklavin habe ich vor einiger Zeit, gleich als herauskam, gelesen. Meine Empfindungen sind genau wie marilu sie beschrieben hat. Es wurde ein erschütterndes Schicksal geschildert, von dem ich sehr betroffen war.
Viele Grüße
Karthause

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