Wilhelm Genazino: Die Liebesblödigkeit
Ein Mann, Anfang 50, zwei Frauen, die er beide liebt, mit beiden führt er glückliche Beziehungen, die sich nicht in die Quere kommen. Doch wenn so ein Mann von Beruf Apokalyptiker ist, sich sein Geld also damit verdient, dass er in verschiedenen Hotels und minderwertigen Akademien die Ängste der Menschen bestätigt, dann ist es nur konsequent, dass er die Gefahren sieht, die mit dem Alter auf ihn zukommen: Was wäre, wenn er ins Krankenhaus müsste (und sei es nur, um endlich seine Krampfadern ziehen zu lassen), wie sollte er da ein Treffen von Sandra und Judith verhindern.
Es hilft nichts: von einer der beiden wird er sich trennen müssen.
Genazinos Ich-Erzähler hält über 200 Seiten einen Monolog, dem ich immer gerne zugehört habe. Dass der Roman "handlungsintensiv" sein, wie der Text aus dem Tages-Anzeiger auf dem Buchrücken behauptet, würde ich nicht unterschreiben, unterhalten habe ich mich trotzdem.
Es ist ein Buch über einen Mann, der spürt, dass er altert, der merkt, dass sein Lebensentwurf ihn aber nicht ins Alter tragen wird. Ohne Rentenversicherung mit zwei halben, statt einer ganzen Beziehung. Feigheit hat sein ganzes Leben begleitet, die Angst zum Arzt zu gehen, sich zu entscheiden, sich gegen Unarten des Vaters zu wehren.
Der Ich-Erzähler beobachtet seine Umwelt und sich ironisch, so dass das Buch ohne im eigentlichen Sinne witzig zu sein, und trotz der apokalytischen Grundstimmung immer flott liest.
Genazino Stil gefällt mir daher sehr und Romane von ihm wird sicher irgendwann in meinem SUB landen.
Katia