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Dagerman, Stig – Deutscher Herbst




Dagerman, Stig – Deutscher Herbst

Beitragvon tom » 28.01.2009, 18:04

Original : Tysk Höst (schwedisch, 1946-47)

ZUM INHALT: Im Herbst 1946 hält sich der schwedische Schriftsteller und Journalist Stig Dagerman im zerstörten Deutschland auf, angefangen von Hamburg und den weiteren zerbombten Großstädten, dem Ruhrgebiet, bis auch hin zu eher ländlichen Gegenden. In diesem Buch ist eine Reihe von Artikeln zusammengefasst, die er nach Schweden sandte. Dagerman betrachtet nicht nur „unparteiisch“ das Leid der Menschen im Nachkriegsdeutschland, sondern drückt auch ein verhaltenes Mitgefühl aus, bzw. wehrt sich gegen eine Rechtfertigung deutscher Leiden wegen der Nazigräuel. Diese Haltung fand teils erstaunte Reaktionen in seiner Heimat und anderswo, doch könnte auch heute manch deutschen Leser überraschen. Manche angeschnittenen Themen waren einfach tabu oder wurden ganz einfach von einer eher extremen politischen Meinung vereinnahmt!

GEDANKEN: Ich denke, dass ich für einen Deutschen meiner Generation relativ viel über Nazideutschland, die Kriegszeit, die Nachkriegszeit gelesen und gehört habe. Vielleicht aber immer aus einer allgemein hin angenommenen politisch korrekten Perspektive, und das kann manchmal auch nicht der ganze Schuh sein! Doch in diesen Artikeln fand ich manch neue Wendungen, Beschreibungen, Verbindungen, die mich überraschten und die ich als Bereicherung empfand, um etwas ehrlicher, unparteiischer und menschlicher an diese Generation heranzugehen. Der Ton verallgemeinernder Anschuldigungen wird hier vermieden und Dagerman, dem man sicherlich nicht faschistische Tendenzen vorwerfen könnte, schreibt in einer Weise, die Verständnis wecken, bzw. Sachverhalte erläutern. In all seinen Beobachtungen ist er sehr fein, präzise, und spricht von verschiedensten Wirklichkeiten des Lebens in diesem Herbst 1946.
Ich denke, dass dieses Büchlein nicht nur eine fast notwendige und gute Erhellung Nachkriegsdeutschlands ist, sondern darüber hinaus gewisse Probleme beschreibt, die auch heute noch so bei anderen Konfliktsituationen gelten, z.B. die Frage des Zusammenhanges zwischen Hunger/Nahrung und Demokratie/Kultur etc...
Wahrscheinlich hätte in dieser Zeit (und auch heute?) kaum ein Deutscher solch ein Buch schreiben können. Dagerman schafft es mit gerade mal 23 Jahren!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

ZUM AUTOR: Stig Halvard Dagerman (* 5. Oktober 1923 in Älvkarleby; † 5. November 1954 in Enebyberg bei Stockholm) war ein schwedischer Journalist und Schriftsteller. Er wuchs bei den Großeltern väterlicherseits auf, nachdem seine Mutter ihn, einige Monate alt, verlassen hatte. Seine Jugend wird als glücklich bezeichnet. Als Erwachsener zog er nach Stockholm, wo er ab den 1940er-Jahren als freischaffender Schriftsteller lebte. 1943 heirate er eine deutsche Flüchtlingsfrau, wohl um ihr dadurch die rettende schwedische Nationalität zu geben. Stig Dagerman schloss sich der syndikalistischen Gewerkschaft Sveriges Arbetares Centralorganisation (SAC) an und schrieb bis zu seinem Tod für deren Wochenzeitung Arbetaren. Man nannte ihn den „schwedischen Kafka“, doch schrieb er wohl realistischer. Schon sein erster Roman „Die Schlange“ brachte ihm 1945 großen Erfolg. 1949 bricht er das Schreiben ab. Infolge einer persönlichen Krise nahm er sich 1954 das Leben. Stig Dagermans Leben und Werk bildet ein Motiv in Siegfried Lenz' Roman Die Klangprobe.

Anscheinend ein schwer zu findendes Buch? Ich gebe die beiden bestehenden Ausgaben an.

Gebundene Ausgabe
Verlag: Suhrkamp; Auflage: 1 (1987)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3518019244
ISBN-13: 978-3518019245

Gebundene Ausgabe: 165 Seiten
Verlag: Hohenheim Verlag (April 1984)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3814700023
ISBN-13: 978-3814700021
tom
 

von Anzeige » 28.01.2009, 18:04

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