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Genazino, Wilhelm - Achtung Baustelle




Genazino, Wilhelm - Achtung Baustelle

Beitragvon Salome » 30.04.2007, 16:58

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Klappentext:

"Ich sehnte mich danach, den Schrank schrumpfen zu sehen..."; "Vogerlsalat grüßt"; "Ich lese auf meinem Zimmer Proust, fresse dazu Marzipan"; "Kätzchen, mein Meerrettich geht unter" - das sind Sätze, bei denen Wilhelm Genazino in Romanen, Essays und Betrachtungen aufmerkte, die ihn verwunderten oder verärgerten, denen er auf jeden Fall in unnachahmlicher Weise nachgegangen ist, indem er seine Fundsätze ernst nimmt, sie gleichsam seziert, mehrfach wendet, um zu ebenso einleuchtenden wie schonungslosen Analysen zu kommen.
Der zweite Teil von »Achtung Baustelle« versammelt drei große Essays zu James Joyce, Marcel Proust und Italo Svevo, der abschließende Teil faßt drei öffentliche Äußerungen anläßlich der Verleihung bedeutender Literaturpreise zusammen.
"Achtung Baustelle" sammelt Genazinos kluge, witzige, intelligente und erstaunliche Betrachtungen, die humorvoll ein anderes, besseres Lesen lehren können.

Meine Meinung:

"Achtung Baustelle" ist eine Sammlung der Kolumnen Wilhelm Genazinos in der Frankfurter Rundschau, später in der Basler Zeitung.
Eine anspruchsvolle Lektüre zum Thema "Lesen" und eine Fundgrube voller Anekdoten für Literaturliebhaber.
Genazino ist und bleibt stets Gentleman, seine Kritik stets klug und humorvoll-ironisch verpackt, dennoch schafft er es sein Wissen, seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen klar zu vermitteln. Er stellt sozusagen das Gegenteil zu Reich- Ranicki dar. :mrgreen:
Die Essays, besonders über Italo Svevo, sind brilliant, und hier beweißt sich Genazino als wahrer Sprachkünstler.
Ein zugegeben sehr anspruchsvoller Spass, der Zeit beansprucht, aber unheimlich unterhält. Ich werde mir das Buch sicher immer mal wieder zwischendurch gönnen, ähnlich wie Bastian Sick.
Auf seine Romane bin ich nun richtig gespannt! :clap:


:stern: :stern: :stern: :stern:
Salome
 

von Anzeige » 30.04.2007, 16:58

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Beitragvon tom » 30.04.2007, 17:11

Sehr interessant!!!

(Etwas off-topic: magst Du denn schon den Svevo von anderen Sachen, dass Du von ihm so sprichst? Katia und ich haben uns zweimal umsonst geoutet für eine Leserunde zur "Senilita" von ihm. Wie wär's?
Könntest Du noch was eingehender über den Inhalt der Essays sprechen - über Svevo?)
tom
 

Beitragvon Salome » 30.04.2007, 17:29

Aha, hat mein Haken mit dem "Svevo - Wurm", also gewirkt... :mrgreen:
Ich hatte damit auch besonders die Svevo- Interessierten anzusprechen gedacht, weil man doch eine wundervollen Einblick in das Werk und die Persönlichkeit Svevos erhält.
Tom, schau mal HIER hatte ich schon meine Interesse an der Svevo- Runde bekundet, welches jetzt natürlich noch um einiges gewachsen ist. :wink:

Schreibe später noch genauer dazu. Ich muss noch mit den Kindern zur Hexennachtfeier.
Salome
 

Beitragvon Katia » 30.04.2007, 21:46

Die gebundene Ausgabe gibt's bei Amazon für knapp 9 €. Ich hab' sie schon einige Zeit auf meinem Merkzettel, leider ist sie inzwischen aber teurer geworden, kostete mal nur 6€; deswegen zögere ich noch ein bisschen. Aber Deine Rezi, Salome, gibt den Ausschlag, dass ich wahrscheinlich nicht mehr lange widerstehen kann. Danke!

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Beitragvon Salome » 01.05.2007, 06:03

Kurz zu dem Essay über Svevo.
Genazino geht, im ersten Teil seines 20- seitigem Essays, zunächst auf Svevo selbst ein. Er rühmt seine literarische Liebenswürdigkeit, aber auch die Vielfältigkeit seiner epischen Welt, die er niemanden aufzwingen möchte. Genazino geht weiter auf die Entstehung und die Inhalte der einzelnen Romane ein, in welcher Lebens - und Gemütslage Svevo sich, zum Zeitpunkt der Entstehung seiner Werke, befunden hat beispielsweise. Da finden sich Erläuterungen und Analysen zu Ein Leben und Senilità.
Im zweiten Teil geht Genazino auf Svevos Schreibumstände ein, ein Beispiel wäre das die Tatsache das Svevo nur wenige Jahre seines Lebens öffentlich als Autor galt und wie sehr ihm, dem nach Selbsterhöhung Strebenden, diese Nichtachtung verletzt hat. Dann folgen weitere Beschreibungen von Svevos Werdegang.
Im dritten Teil letztlich bedauert Genazino die mangelnde Popularität Svevos, besonders auch in Deutschland.

Über Svevos Wirkung ausserhalb Italiens ist Einigkeit schnell hergestellt: Es gibt sie nicht


Und genau das werden wir jetzt beginnen zu beenden, wenn wir sein Buch "Senilità" in der Leserunde lesen, oder ?
Ich für meinen Teil bin jetzt wirklich schon unheimlich auf diesen Autor gespannt, den auch ich bis dato nie wahrgenommen habe.
Salome
 

Beitragvon Katia » 20.02.2009, 21:58

Schnelle Reaktionen bzgl. Büchern darf man von mir ja nicht erwarten und so sind seit Salomes Tipp fast zwei Jahre ins Land gegangen. Eine nicht unbeträchtlichen Anteil davon verbrachte "Achtung Baustelle" auf meinem SUB, aus dem es dank Sybille befreit wurde und für meine SUB-Wettbewerb ausgewählt wurden.
Ich wusste gar nichts mehr über das Buch, außer dass ich es aufgrund Salomes Hinweis gekauft habe und dass es irgendwie ums Lesen geht. Genazinos Nachspüren einzelner Sätze las sich einfach anregend und leider so spannend, dass ich immer noch eines und noch eines der ein- bis zweiseitigen Essays lesen musste, statt über einzelne länger nachzudenken. Was sie sicher wert sind!
Sehr gut gefallen hat mir auch der noch nicht erwähnte Bericht über Genazinos Literaturgruppe, die er in einem Gefängnis betreut. Die Auswirkungen des abgeschnitten Seins von der Außenwelt, der Glauben aller Schriftsteller zu sein, die Drogen- und Selbstwertprobleme, all das ist eindrücklich dargestellt. Nach der intellektuellen Beschäftigung mit Literatur und ihren schreibenden Protagonisten auf den über 100 Seiten davor wird man mit der harten Realität konfrontiert.

Insgesamt ein rundum empfehlenswerter Band für Leser, die gerne über das Lesen und Literatur lesen, für Satzklauber und Liebhaber des Ungewöhnlichen.

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