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Nabokov, Vladimir - Die Schwestern Vane




Nabokov, Vladimir - Die Schwestern Vane

Beitragvon Katia » 28.05.2007, 09:40

[center]Vladimir Nabokov: Die Schwestern Vane
Erzählungen in englischer Sprache 1943-1951[/center]

Vladimir Nabokov hat von 1921 - 1951 etwa 70 Erzählungen geschrieben, die meisten davon auf russisch, doch in den letzten 10 Jahren, als er bereits in den USA lebte, zehn auf englisch. Der Band "Die Schwestern Vane" versammelt diese, hat sonst aber keinen inhaltlichen Zusammenhalt. Die Erzählungen wurden für die Veröffentlichung im New Yorker o.ä. geschrieben, auch mit dem Hintergedanken Geld zu verdienen - was er nach der Veröffentlichung der Lolita nicht mehr nötig hatte.

Im Gegensatz zu seinen methapernstrotzenden, leicht schwülstigen frühen Erzählungen, sind diese späten auf der Höhe von Nabokovs Erzählkunst, sprachlich und auch die (oftmals etwas verschachtelte) Struktur. Am besten gefallen haben mir "Zeichen und Symbole" und Titelgeschichte "Die Schwestern Vane". Die erste erzählt von einem älteren Ehepaar, das seinen geistig verwirrten Sohn im Heim besuchen will, da er Geburtstag hat; schon auf dem Hinweg geht alles schief - verpasste Busse, Regen. Dort angekommen, erfahren sie, dass der Sohn mal wieder versucht hat, sich umzubringen - sie dürfen nicht zu ihm. Des Nachts sitzen sie wach zusammen und überlegen, ob sie ihren Sohn zu sich nehmen sollen - dreimal schreckt sie dabei das Telefon hoch...
Typisch für Nabokov die Krankheit des Sohnes: Er leidet an "Beziehungswahn", glaubt die Handlungen aller anderer Personen nur auf sich bezogen.
Typisch auch das offenen Ende, aber die Erzählung gespickt mit Andeutungen, was das Ende sein könnte. Wie so oft gibt es eine Menge zwischen den Zeilen zu lesen, von dem ich mit Sicherheit das meiste überlesen habe. Immerhin hatte ich Boyds Nabokov-Biographie als Hilfe, die zu jeder Erzählung etwas enthält. Aber auch ohne dies hat man Spaß an Nabokovs Texten; insbesondere weil er sprachlich so ausgefeilt schreibt, immer mit viel Sinn für Details.
Aus den "Schwestern Vane" (D. ist Sybils Geliebter)

[...] Sybils Arbeit indessen wies ihre übliche Kombination mehrerer Damönenhandschriften auf. Sie hatte mit einem sehr blassen, sehr harten Bleistift angefangen, der die freie Rückseite mit einer auffälligen Prägeschrift versehen, auf der Vorderseite jedoch wenig von bleibendem Wert hinterlassen hatte. [...] Obwohl noch schlechter, als ich ohnehin erwartet hatte, trug ihre Arbeit alle Anzeichen einer verzweifelten Gewissenhaftigkeit, mit Unterstreichungen, Umstellungen, überflüssigen Fußnoten, als wäre sie darauf bedacht gewesen, alles in der denkbar anständigsten Weise zum Abschluß zu bringen. Dann hatte sie sich Mary Valavskys Füllfederhalter ausgeliehen und hinzugefügt: "Cette examain est finie ainsi que ma vie. Adieu, jeunes filles! Bitte, Monsiuer Le Professeur, setzen Sie sich mit ma soeur in Verbindung und sagen Sie ihr, dass der Tod nicht besser war als die Note D minus, aber entschieden besser als das Leben minus D."


Ich mochte das Buch sowieso, nicht umsonst zählt er zu meinen Lieblingsautoren und daher :stern: :stern: :stern: :stern: (:stern: )
(Der fünfte in Klammern, weil natürlich nicht jede der 10 Erzählungen gleich gut ist)

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