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Schmitz, Rainer - Was geschah mit Schillers Schädel?




Schmitz, Rainer - Was geschah mit Schillers Schädel?

Beitragvon wolves » 10.11.2006, 15:14

Inhalt (von Amazon kopiert):
Dieses Buch ist gefährlich. Einerseits weil es ein schwerer Wälzer ist, mit dem man glatt jemanden erschlagen könnte. Vor allem aber, weil man sich allzu leicht darin festliest, in diesem faszinierenden und an Querverweisen, Geschichten und Literaturwissen so reichen Lexikon. Es fängt schon beim Buchstaben A auf den ersten Seiten an: Unter dem Stichwort "Abgelehnt" amüsiert man sich über die dümmsten Fehler der Verlage beim Übersehen potentieller Bestseller. Süskinds Parfum etwa haben sich Hanser und Suhrkamp entgehen lassen, obwohl es ihnen angeboten wurde. Im Beitrag "Alkohol" -- der bevorzugten Droge der Dichter -- geht es hochinteressant und anekdotenreich weiter, bevor man beim Stichwort "Anfang" etwas über die Schreibvorbereitungen berühmter Autoren erfährt. Hemingway beispielsweise spitzte jedes Mal zwanzig Bleistifte bevor er sich an die Arbeit machte. Stendhal las zur Inspiration im Gesetzbuch, Rilke roch an Zitronen. Unter "Anfangssatz, längster" beobachtet man dann das Rennen der Satzkaskadendrechsler, das Thomas Bernhard (163 Wörter) knapp vor Grimmelshausen (159) und Hermann Broch (149) gewinnt.
Manche der Einträge sind ganz kurz, etwa wenn wir erfahren, dass Astrid Lindgren alle ihre Bücher in Stenografie verfasst hat. Oder dass Hans Christian Andersen auf Reisen stets ein Seil dabeihatte, um sich notfalls aus brennenden Hotels abzuseilen. In anderen Fällen können die Beiträge auf mehrere Seiten Länge anwachsen. Etwa zum Thema "Manuskripte, verschwundene", "Ghostwriter", "Gefängnis" oder "Schlüsselromane". Ausführlich erörtert werden auch die Fragen nach Goethes sexueller Orientierung, Shakespeares Identität und natürlich auch nach dem Verbleib von Schillers Schädel.

Es kommt selten vor, dass man als Rezensent einem Autor ausdrücklich für sein Werk Dank aussprechen möchte. In diesem Fall muss es aber wirklich sein. Für die immense Arbeit, die sich Rainer Schmitz gemacht hat (über 900 Seiten, 1200 Einträge, ein ausführliches Namensregister, Hunderte Querverweise und Quellenangaben), angeblich 25 Jahre hat er "notiert, archiviert, recherchiert". Auch für seinen Schreibstil muss man danken, denn der Focus-Redakteur hat ein Lexikon verfasst, das ganz ohne die übliche verstaubte Lexikonsprache auskommt. Was geschah mit Schillers Schädel? ist wirklich ein Schatz von einem Buch, eine kostbare Fundgrube für Literaturbegeisterte und Bücherwürmer, für alle die sich für die hoch seltsame Spezies der Dichter und Schriftsteller und ihrer Tätigkeit in allen Facetten interessieren. Vielen Dank! --Christian Stahl

Kurzbeschreibung
Alles, was Sie in herkömmlichen Literaturlexika nicht finden konnten

Die Literatur besteht aus Werken. Ja. Aber es gibt immer die Menschen, die sie geschrieben haben. Über die steht in herkömmlichen Lexika meist kärglich wenig. Dabei weiß fast jeder, dass Bertolt Brecht ein schlechter Schüler war. Und Thomas Mann auch. Mehr darüber zu finden ist aber schwierig – das heißt: war schwierig. Denn ab September gibt es Den Schmitz. Da schlägt man einfach nach und sieht, welcher Literat ein schlechter Schüler war und welche Geschichten sich darum ranken. Oder wo Schillers Schädel ist, wo die Asche Dantes sich befindet (zwei von sechs Säckchen mit der mutmaßlichen Asche Dantes befinden in Italien, vier sind verschollen), wer außer Cervantes und Marco Polo noch im Gefängnis geschrieben hat, welche Autoren die besten und welche die schlechtesten Verträge hatten, wer die produktivsten und wer die faulsten Literaten waren, wer alles von der Syphilis heimgesucht wurde, wer welche Testamente hinterließ und wer alles an Zyankali starb. Eine unerschöpfliche Fundgrube von Homer bis zum Dan-Brown-Plagiatsprozess.


Über den Autor:
Rainer Schmitz, Jahrgang 1950, schreibt, ediert, lektoriert, rezensiert und sammelt Bücher. Er ist seit 1992 Kulturredakteur des Nachrichtenmagazins "Focus" und lebt in München.


Meine Meinung:
Ein Buch das ich immer wieder gerne in die Hand nehme um darin zu blättern und zu lesen. Man liest sich bei den verschiedenen Stichworten wirklich fest. Für mich ist es eine wunderschöne bibliophile Ausgabe mit einem schier unerschöpflichen Fundus. Der Preis ist zwar schon sehr hoch, aber die Ausgabe lohnt sich meiner Meinung nach. Vorausgesetzt man interessiert sich für diese Art von Buch.

Ich würde gerne die Höchstzahl an Sternchen verteilen, weiß aber leider nicht welche das hier ist. Vielleicht kann mir da jemand helfen?


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von Anzeige » 10.11.2006, 15:14

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Re: Schmitz, Rainer - Was geschah mit Schillers Schädel?

Beitragvon Krümel » 10.11.2006, 15:29

wolves hat geschrieben:Ich würde gerne die Höchstzahl an Sternchen verteilen, weiß aber leider nicht welche das hier ist. Vielleicht kann mir da jemand helfen?


:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Die Kurzinfo findest du Hier
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon wolves » 10.11.2006, 16:32

:D Danke Krümel für die Info und den Link!
Liebe Grüße
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Beitragvon Karthause » 10.11.2006, 17:55

Danke für diese Buchvorstellung. An diesem Buch bin ich schon öfter vorbei gegangen. Ich habe mich nie dafür interessiert und eher gedacht, was für ein blöder Titel. Ich habe nicht einmal den Untertitel gelesen. :oops:

Wenn ich das jetzt so lese, finde ich es sehr interessant. Es wird direkt auf meinen Weihnachtswunschzettel wandern.
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Beitragvon Katia » 10.11.2006, 21:12

Steht auf meinem Amazon-Wunschzettle, dank wolves weiß ich jetzt auch sicher, dass ich es auf "Muss ich haben" hochstufen werde. Geburtstag und Weihnachten stehen vor der Tür, ich hoffe es wird sich einer der SChenker erbarmen :wink:

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Beitragvon marilu » 11.11.2006, 22:40

Faszinierend! Haben will!!! 8) (Aber es sprengt meinen Finanzrahmen... irgendwann kommt sicher das Taschenbuch - 2008/09.... :-( ).

Danke für die Vorstellung. Werde mal in der Bibliothek schauen, ob es vorrätig ist.
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Beitragvon wolves » 12.11.2006, 11:25

:D Danke, dass meine Buchvorstellung euch so gefallen hat. Der Preis ist wirklich abschreckend, ich weiß :-( Ich habe mir das Buch von meinem Geburtstagsgeld geleistet.
Liebe Grüße
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Beitragvon Welf » 26.12.2006, 11:23

Ich habe mir das Buch bei meinem letzten Besuch meiner Buchhandlung auch gegönnt.
Meine anfänglichen Bedenken zerstreuten sich aber ganz schnell, als ich das Buch dann das erste mal aufgeschlagen hatte.
Der Autor hat hier ein höchst unterhaltsames Sammelsurium an Anekdoten, Bemerkungen, Zitaten usw. über Schriftsteller und die Literatur im Allgemeinen zusammengetragen.
Es findet sich auch im Anhang ein Register, in dem man dann ganz gezielt nach bestimmten Autoren suchen kann und hier die Verweise zu den jeweiligen Seiten findet.
Ich habe den Schmöker während der letzten Tage immer mal wieder zur Hand genommen und bin aber jedes mal mindestens eine Stunde hängengeblieben.
Für mich eine absolute Empfehlung für jeden, der sich für Literatur interessiert.

Auch von mir: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Welf
 

Beitragvon Katia » 26.12.2006, 12:51

Ich kann mich den Empfehlungen und den Sternen :stern: :stern: :stern: :stern: :stern: nur anschliessen. Es hat sich ein Schenker erbarmt und ich habe das Buch zum Geburtstag bekommen. Seitdem lese ich fast täglich darin und weil ich ein ordentlicher Mensch bin, habe ich bei A angefangen und bin inzwischen zum K durchgedrungen. Es sind viele wunderbar amüsante Anekdoten, interessante Episoden aus dem Leben bekannterer und unbekannterer Schriftsteller enthalten.
Was mich stört ist lediglich die relativ hohe Anzahl an Tippfehlern, aber das wird in den folgenden Auflagen sicher besser werden. Rundum geglückt, optimieren könnte man es fast nur durch Hinzufügen von ein paar Bildern!

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Beitragvon Katia » 02.01.2007, 10:38

So, jetzt hat mich Herr Schmitz endgültig: Inzwischen bin ich beim "P" und habe den Artikel zu "Plagiatsfalle" gelesen und erstens gelernt, dass eine Plagiatsfalle ein absichtlicher (meist lustiger) Fehler in einem Lexikon ist und zweitens, dass Schmitz' Buch auch eine solche enthält ... Na toll, jetzt bin ich hiebelig und will wissen, was die ist, weil das Buch enthält soviele abenteuerliche Anekdoten, etwas offensichtlich Falsches fiel mir bisher nicht auf und wird es wahrscheinlich auch nicht. Also, wenn von Euch einer was bemerkt ... wäre ich sehr dankbar.

Oder meint er diesen Satz: "René Schickele ist der Vater von Otto Flakes Tochter." (S. 736) :?:

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Beitragvon Pippilotta » 02.01.2007, 14:07

@Katia und/oder wolves: Da hätte ich dann gleich eine Frage. Ich lese gerade von Wolfram Fleischhauer "Die Frau mit den Regenhänden". Es kommt da die Figur des Vrain-Lucas vor. Google gibt zu diesem Kerl nicht viel her, aber ich habe zumindest herausgefunden, dass er in "Was geschah in Schillers Schädel" erwähnt wird.
Sollte es ein Glossar, Stichwortregister o.ä. geben, könntet ihr da mal nachgucken, was über ihn steht? Er ist angeblich (ich habe aber leider fast gar nichts gefunden) in einem Fälschungsskandal verwickelt gewesen bei dem in gefälschten Briefen behauptet wird, Newtons Theorien würden in Wirklichkeit auf Pascal zurückgehen.

Vielleicht findet ihr ja was :?:
Herzliche Grüße
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Beitragvon Katia » 02.01.2007, 14:31

@Pippi: Ja, es gibt einen langen Artikel über Vrain-Lukas (Stichwort: Unsterbliche, Der). Ich fasse zusammen:

Rechtsanwalt mit Ambitionen Bibliothekar zu werden. Das klappt nicht, er arbeite bei einem Stammbaumfälscher, wo er lernt frisches Pergament auf alt zu trimmen. Dann lernt er 1861 den Mathematiker Chasle kennen, dem er einen gefälschten Molière-Brief verkaufte und 27 320 weiter gefälschte Handschriften, z.B. von Kleopatra, ein Geständnis des Judas Ischariot, alles eher plump gefälscht. Darunter auch die von Dir erwähnten Dokumente, die "beweisen", dass Newtons Ideen von Blaise Pascal stammen - hat den Franzosen natürlich erstmal geschmeichelt. Die Fälschung wurde aber bald entlarvt, Vrain-Lukas schrieb einfach aus Pascals Werken ab und erwähnt Kaffee 7 Jahre bevor er eingeführt wurde, Pascals Stil war schlecht gefälscht. Chasle glaubte weiter unbeirrt an die Echtheit der Dokumente, wie auch große Teile der Franzosen - Nationalstolz. Die schiere Fülle der Briefe schien ihm Recht zu geben, es waren über 2000 Stück.
Schließlich wird Vrain-Lukas doch vor Gericht gestellt, er bekam zwei Jahre Gefängnis und musste 500 Franc bezahlen.
Seine Finger vom Fälschen konnte er doch nicht lassen, wegen Urkundenfälschung stand er ein zweites Mal vor Gericht. Chasle musste den Rest seines Lebens unter dem Spott der Kollegen leiden.
Alphonse Daudet verarbeitet die Affaire literarisch in seinem Buch "Der Unsterbliche". Auch in Arno Schmidts "Zettls Traum" wird der Fall erwähnt, ebenso wie es Otto Müller, Wilhelm Raabe und Gustav Freytag tun.

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Beitragvon Pippilotta » 02.01.2007, 15:50

:danke: für die prompte Lieferung! :wink:

Ich hatte von dem Kerl noch nie vorher gehört, und bin immer wieder erstaunt, wie toll Fleischhauer recherchiert. Ich habe schon sehr viel aus seinen Büchern gelernt! :lol:

PS: Bei Fleischhauer bekam er 3 Jahre Haft! :wink:
Herzliche Grüße
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