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Perutz, Leo - Nachts unter der steinernen Brücke




Perutz, Leo - Nachts unter der steinernen Brücke

Beitragvon Salome » 25.04.2007, 11:37

Jetzt muss ich doch mal meine Rezi von damals hier posten. :D

Kurzbeschreibung Klappentext:

Das Geschehen am Hof Kaiser Rudolfs II., die magische Atmosphäre des Prager Gettos, das Leben und Treiben in den winkeligen Gassen, den Spelunken und Palästen dieser Stadt der Künste und der Wissenschaften, der Dämonen und Gottsucher, der Wahrsager, Hofschranzen und Narren wird zum Greifen lebendig in den novellenartigen Geschichten, die Leo Perutz hier zu einem Roman verbindet. Er handelt von der unmöglichen Liebe des kunstsinnigen böhmischen Kaisers zu Esther, der schönen Frau seines jüdischen Financiers Mordechai Meisl, die nur im Traum Erfüllung findet, wenn nachts der Rosenstrauch und der Rosmarin, die der wundersame Rabbi Loew gepflanzt hat, ihre Blüten zueinander neigen und der Kaiser vermeint, seine Geliebte in den Armen zu halten.

Meine Meinung:

Bingo! Ein absolutes Highlight! Was für eine Entdeckung!!!
"Nachts unter der steinernen Brücke" ist ein Roman, der zu Beginn gar nicht wie einer scheint. Eher glaubt man eine Sammlung von Novellen, die im Prag des 16.und 17. Jahrhunderts angesiedelt sind.
Die einzelnen Novellen erzählen, neben historischen Fakten, volksläufige Sagen und jüdische Legenden, und das in einer wundervollen Sprache, die diese Zeit und die alte Judenstadt Prags auferstehen lässt.
Erst im Laufe des Buches merkt man langsam, dass es sich um Kapitel einer, nicht chronologisch erzählten, Romanhandlung handelt.
Wenn man nun versucht,den Zusammenhang der Kapitel herzustellen, beginnt man erst den Beitrag eines jeden zuvor gelesenen Kapitels zur Romanhandlung zu verstehen und den Roman im Kopf zu konstruieren.
Leo Perutz hat an diesem Roman von 1924 bis 1951 geschrieben und es stand oft offen, ob er ihn überhaupt beendet. Ich kann nur sagen:
Ein Glück hat er es getan, denn es ist ein Meisterwerk geworden.

Fazit:
Romantisch,lustig,spannend,lehrreich,einfach schön... hach!
Zuletzt geändert von Salome am 07.11.2007, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.
Salome
 

von Anzeige » 25.04.2007, 11:37

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Beitragvon marilu » 06.11.2007, 21:14

Dieser wunderbare Roman hat mir ein sehr schönes Wochenende beschert. Obwohl mitunter sehr traurig, wird man als Leser doch immer wieder durch Perutzs schwarzem Humor abgelenkt. Trotz häufiger Zeitsprünge und einer enormen Personenvielfalt verliert man nie den Überblick. Gerade diese sorgen für einen flüssigen Leserhythmus und das Gefühl, wirklich in das Buch abzutauchen.

Die Themen, die in den einzelnen Novellen angesprochen werden, sind sehr vielseitig. Die blumige Sprache, derer sich Perutz bedient, eignet sich hervorragend dafür, die Prager Historie mit seinen Legenden und Sagen zu erforschen.

Dies ist eindeutig eines meiner Jahreshighlights!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
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Beitragvon alwin03 » 06.11.2007, 21:36

Ich hielt das Buch eher nicht für einen Roman, eher für Geschichten die manchmal in Richtung Märchen gingen.
Am Ende bilden die Geschichten dann doch wieder einen Kreis und das Buch fügt sich zu einem "Roman" zusammen.

Über die eine oder andere Person hätte ich gern mehr erfahren. An dieser Stelle ist aber des Lesers Phantasie gefragt.
Dies ist in keiner Weise eine Abwertung.

Ich hab die Geschichten sehr gern gelesen. Sie waren lehrreich, lustig, traurig und hatten alle etwas märchenhaftes, etwas leichtes harmonisches.



:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Vorsicht! Es soll da Exemplare geben, die ziemlich vollgeschmiert sind. :P
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


wENN nUr meinE sCHleChte recht(s)SchreIbunG nICHT wÄr :cry:
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Beitragvon Salome » 07.11.2007, 06:03

Ich bin ja überglücklich, dass dieses schöne Buch auf so viel positive Resonanz trifft! Für mich war es nämlich auch ein Highlight und sicher ein Buch, das man mehrmals lesen kann/sollte. :D
alwin03 hat geschrieben:Vorsicht! Es soll da Exemplare geben, die ziemlich vollgeschmiert sind. :P

Bei meinem Glück erwisch ich sicher eines... :shock: :mrgreen:
Salome
 

Beitragvon marilu » 07.11.2007, 09:58

alwin03 hat geschrieben:
Vorsicht! Es soll da Exemplare geben, die ziemlich vollgeschmiert sind. :P


Ich würde ja sehr gerne eine Seite sehen, auf der jeder kommentiert hat. Salome, meinst du, du könntest uns nach "Ende der Wanderung" ein Foto zur Verfügung stellen?

@Alwin: Ich habe "Nachts unter der steinernen Brücke" durchaus als Roman empfunden, weil alles durch einen roten Faden verbunden ist.

Was mir auch sehr gut gefiel, sind die Anmerkungen zum Entstehen des Buchs. Es hat mich echt beeindruckt, wie lange Perutz an der Vollendung gearbeitet hat. Vor allem vor dem Hintergrund der arg bewegten Zeiten!
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Beitragvon Salome » 07.11.2007, 12:37

marilu hat geschrieben:ch würde ja sehr gerne eine Seite sehen, auf der jeder kommentiert hat. Salome, meinst du, du könntest uns nach "Ende der Wanderung" ein Foto zur Verfügung stellen?


Tolle Idee! Das werde ich auf jeden Fall machen! Die schonungslose Wahrheit
ans Licht zu bringen macht mir immer Spass! :lol:
Salome
 

Beitragvon wolves » 01.02.2008, 13:50

Gerade eben habe ich dieses Buch beendet. Streckenweise war es das reinste "Wanderbuch" für mich :lol: Mit Krümelchen im weego, immer dann wenn der kleine Monsieur besonders unwillig war, bin ich lesenderweise rund um den Eßzimmertisch gewandert.
Für mich waren es einzelne Novellen, die durch geschickte Personeneinflichtung ein rundes ganzes ergeben haben. Wirklich toll gemacht!
Schwierig war es für mich, weil ich das Buch nicht dann lesen konnte, wenn ich Zeit und Muße gehabt hätte. Dieses abgesetzte holprige Lesen bekommt so einem Buch nicht wirklich und wird ihm nicht immer gerecht.

Die Sprache des Buches möchte ich noch besonders hervorheben. Für mich war sie "sagenhaftig". Sehr schön!

Ich gebe sehr gerne :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Salome » 02.02.2008, 08:00

@wolves : Klasse! Ich freue mich, dass es Dir gur gefallen hat! Wenn es auch anscheinend zur falschen Zeit gelesen wurde...
Salome
 

Beitragvon Krümel » 09.03.2008, 13:31

Nun gut, dann will ich mal ...

Fadenscheinig, das scheint mir das treffende Wort zu sein, wie ich das Buch empfinde :cry:
Die Sprache ist klasse, wenn auch altbacken. Und altbacken ist eigentlich das ganze Buch!
Ich mag keine Bücher, die mir den "menschlichen Makel" aufdecken, der so bekannt ist wie die Menschheit selber. Und hier hatte ich auch noch das Gefühl, dass der Autor sich in dieser Rolle so richtig wohl fühlte. DA schaut her, und DORT, das ist das Letzte.
Wer nur um sich schlägt, und denkt er könnte damit die Welt erlösen, kann wirklich einer so naiv und dumm sein?

Ich habe es nicht komplett gelesen, später nur noch quergelesen, nein keine Lektüre für mich.

Bewertung: :stern:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Katia » 09.03.2008, 13:46

:shock: Wir scheinen zwei verschiedene Bücher gelesen zu haben. Ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, dass Perutz denkt, er könne die Welt retten.
Er erzählt alte Legenden, was die altbackene Sprache erklärt und vielleicht auch manchmal eine etwas plakative "Moral von der Geschicht" (woran ich mich jetzt nicht konkret erinnern kann, aber das ist ja schon eine Weile her).

Für mich war es (ich habe damals wohl vergessen hier einen Kommentar zu schreiben) eine wunderbare Lektüre, die ich wegen der Sprache und dem genialen Aufbau sehr genossen habe, aber auch weil ich die Stadt Prag sehr mag.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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Beitragvon Salome » 09.03.2008, 13:47

Schade, Krümel, dass Du das so siehst! :-(
Aber ich freue mich dennoch sehr über die allgemein gute Quote für dieses wundervolle Buch! :thumleft: Und ich freue mich schon sehr auf die Komms im Wanderbuch.
Salome
 

Beitragvon tom » 09.03.2008, 17:51

wolves hat geschrieben:Schwierig war es für mich, weil ich das Buch nicht dann lesen konnte, wenn ich Zeit und Muße gehabt hätte. Dieses abgesetzte holprige Lesen bekommt so einem Buch nicht wirklich und wird ihm nicht immer gerecht.


Ja, in gewissem Sinne verträgt gerade dieses Buch keine große Unterbrechung, damit man die Erzählfäden irgendwie noch miteinander verbinden kann. Es verlangt also schon eine gewisse Konzentration.

Der Aufbau ist bemerkenswert.
Den Inhalt EMPFINDEN kann eventuell jede(r) anders, ist ja normal und hier also für uns ganz klar mit z.B. der Reaktion von Krümel.
Rein INHALTLICH gesehen, hätte ich dem Buch auch nicht meine gefühlten vier Sterne gegeben, doch - wie gesagt - von der Konstruktion genial.
tom
 



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