Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Pratchett, Terry - Total verhext




Pratchett, Terry - Total verhext

Beitragvon Coco » 25.03.2008, 19:47

.
.
.

Die Spitzhornberge erstrecken sich nur über einen kleinen Teil der Scheibenwelt. Dort bereitet sich Desiderata Hohlig, ihres Zeichen Hexe, auf ihren Tod vor (als Hexe hat sie den „Vorteil“ ihren genauen Todeszeitpunkt zu kennen). Letzte Vorbereitungen sind zu treffen, vor allem eine Nachfolgerin zu bestimmen. Nach einem kurzen Pläuschen mit TOD steigt sie dann auch in ihr bereits ausgehobenes Grab und übergibt sich seiner weiteren Arbeit.

Magrat Koblauch – die ernannte Nachfolgerin Desideratas – ist eine aufgeschlossene Hexe, die weiten Gebiete der Psychologie, Selbstfindung und Emanzipation bestimmen ihren Tag. So ist es denn nicht verwunderlich, dass sie ihrer Ernennung zunächst befremdlich gegenübersteht, hatte sie sich mit Magie, insbesondere dabei der Handhabung eines Zauberstabes, nie wirklich auseinandergesetzt.
Doch sie tritt das Erbe an.
Ihre erste Aufgabe besteht darin, im fernen Gennua Lilith, eine weitere Hexe und frühere Partnerin von Desiderata, daran zu hindern, eine Prophezeiung wahr werden zu lassen.

Oma Wetterwachs und Nanny Ogg werden ihre Reisegefährtinnen.

Oma Wetterwachs, ein wahrer Haudegen, hält mehr auf gesunden Menschenverstand, denn auf Magie – obwohl sie diese dennoch perfekt beherrscht – und rettet so manche brenzlige Situation durch forsches Handeln. Ansonsten ist ihr das Reisen und vor allem das Ausland mehr als suspekt.

Nanny Ogg, selbsternannte Fremdsprachenexpertin und eine wahre Frohnatur, verabschiedet sich von ihrem Familienclan – zumindest von denen, mit denen sie nicht gerade zerstritten ist – und tritt die Reise nur mit ihrem Kater Greebo, dem wildesten Jäger der Spitzhornberge an.

Das Abenteuer kann beginnen.
Müssen zunächst murrige Zwerge besänftigt werden, gilt es bald eine Horde wilder Stiere, die durch die Strassen einer Stadt jagen, währen die Bevölkerung aus diesem Anlass ein Fest feiert, aufzuhalten.
Bald treffen die beiden ein kleines Mädchen mit rotem Käppchen und können der Identitätskrise des Wolfes, der bereits im Haus der Grossmutter wartet, durch gezieltes Handeln ein Ende setzen.
Richtig Ärger gibt es in einem Schloss; in dem die drei alle - schon lange schlafenden - Bewohner wohl etwas zu früh aufwecken.
Nebenbei wird beim Glücksspiel noch viel Geld verloren, aber auch wieder gewonnen.

Man nähert sich dem Ziel – der Stadt Gennua.
Hier hat Lilith mittels Magie eine Schreckensherrschaft errichtet – nach der Prophezeiung soll das Stubenmädchen Ella den Prinzen heiraten, doch dieser Prinz ist eine Marionette Liliths (vormals war er ein Frosch) – so will sie die absolute Macht gewinnen.
Allerdings gibt es auch Widerständler, die Lilith mittels Voodoo aufhalten wollen. Natürlich werden dabei auch Puppen gebastelt !

Doch unsere drei Hexen helfen, alles zum guten Ende zu bringen.
Wie ? Das sei hier nicht verraten !


Meine Eindrücke:

Ab und zu ein Pratchett macht wirklich viel Spass !

Sehr schnell war ich ganz vernarrt in die drei Hexen, wäre gerne mit ihnen gereist. Mit grossem Vergnügen habe ich ihre Abenteuer verfolgt.
Unvergessen einfach Oma Wetterwachs auf einem Schiff. Bei dem Kartenspiel „Leg Herrn Zwiebel rein“ nimmt sie, ein altes, verwirrtes Mütterchen mimend, ein paar Berufsspieler komplett aus – herrlich !

Pratchett ist ein Meister der Anspielungen, sei es auf Begebenheiten und Strömungen unserer Welt, sei es – wie gerade hier – auf Märchen und Fantasy-Geschichten.
Seine Ironie ist manchmal böse, aber immer doch auch irgendwie wahr.
Hierfür ein kleines Zitat:

„Die Yen-Buddhisten sind die reichste Sekte des Universum. Für sie ist das Streben nach Reichtum eine Sünde, die schwer auf der Seele lastet. Deshalb nehmen sie die unangenehme Pflicht auf sich, möglichst viel Geld zu sammeln, um das Risiko für unschuldige Leute zu verringern.“

Leider, leider kann die Geschichte mit Ankunft der drei Hexen in Gennua, das Tempo nicht mehr halten. Nun wird es oft etwas verworren, manchmal auch etwas langweilig. Das Ende ist vorhersehbar. Irgendwie scheint es, als sollte das Buch schnell beendet werden.
Daher gibt es in der Bewertung auch ein paar Abzüge

Dennoch denke ich, ein Pratchett lebt selten von der Geschichte selbst, sonder davon, was er daraus macht. Die kleinen Begebenheiten, die Nebensätze, sind es, die mich faszinieren.

Leider wird Terry Pratchett wohl nicht mehr viele Bücher schreiben können. Letztes Jahr hat er seiner weltweiten Fangemeinde mitgeteilt, dass er an Alzheimer erkrankt ist. Der Gedanke, dass solch ein wacher Verstand einfach nach und nach ausgelöscht wird, tut wirklich weh.


:stern: :stern: :stern: / :stern: :stern: :stern: :stern:


Bild
Liebe Grüsse
Coco

-----------

:studie:

Charlotte Bronte - Villette
Gerhard Henschel - Abenteuerroman
Benutzeravatar
Coco
Susi Sunshine
Susi Sunshine
 
Beiträge: 4718
Registriert: 04.04.2007, 07:44
Wohnort: Darmstadt

von Anzeige » 25.03.2008, 19:47

Anzeige
 

Beitragvon wolves » 26.03.2008, 09:36

Da ist ja die Rezi auf die ich mich die ganze Zeit schon gefreut habe. Das Buch liegt ja noch auf meinem SuB und scheint Lesespaß zu versprechen. Klasse!

Ich war auch betroffen, als ich gelesen habe, dass Pratchett an Alzheimer erkrankt ist. :-(
Liebe Grüße
wolves


Benutzeravatar
wolves
Buchgenießerin
Buchgenießerin
 
Beiträge: 6413
Registriert: 07.11.2006, 14:51
Wohnort: Saarland

Beitragvon Coco » 26.03.2008, 13:57

:mrgreen:

ich denke, ein paar vergnügliche Stunden sind Dir sicher !
Liebe Grüsse
Coco

-----------

:studie:

Charlotte Bronte - Villette
Gerhard Henschel - Abenteuerroman
Benutzeravatar
Coco
Susi Sunshine
Susi Sunshine
 
Beiträge: 4718
Registriert: 04.04.2007, 07:44
Wohnort: Darmstadt

Re: Pratchett, Terry - Total verhext

Beitragvon Katia » 10.10.2010, 08:56

"Witches Abroad" ist der dritte Scheibenweltroman, in dem die drei Hexen eine Hauptrolle spielen. Die "Damen" auf ihre Reise in eine märchenhaft Fremde zu begleiten hat viel Lesespaß bereitet. Lilith Weatherwax, Grannys Schwester, als "böse Fee" versucht die Welt in ein Märchen zu verwandeln, Happy End inklusive, besonders, wenn es ihrem Machtbedürfnis dient. Eine Mischung aus Froschkönig und Aschenputtel entspinnt sich im Showdown.
Wie Coco schon schrieb startet der Roman furios, gelangweilt hab' ich mich allerdings auch in Genua nicht.
Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen immer wieder, hier werden von Bösen Frösche in Männer verwandelt, von Guten Katzen in Männer (herrliche Szenen mit Greebo!) und Männer glauben gemacht, Sie seien Frösche. Es kommt halt darauf an WARUM jemand hext oder den Zauberstab schwingt, "I'm the Good one!" ist auf beiden Seiten zu hören. Erinnert uns das nicht an irgendwie an unsere Welt und ihre Kriege? (Der Roman erschien 1991)

Aus welchem Märchen (?) stammt eigentlich die Voodoo-Frau im Sumpf? Ich kannte die bisher nur aus "Monkey Island", ist das ein Zitat, das mir entgeht?

:stern: :stern: :stern: :stern:

Katia
Benutzeravatar
Katia
techn. Chefkrümel
techn. Chefkrümel
 
Beiträge: 3364
Registriert: 17.07.2006, 11:35
Wohnort: München



Ähnliche Beiträge

Pratchett, Terry - Ein Hut voller Sterne
Forum: Fantasy/SF
Autor: marilu
Antworten: 0
Pratchett, Terry - Eric (Faust)
Forum: Fantasy/SF
Autor: marilu
Antworten: 2
Pratchett, Terry - Gevatter Tod
Forum: Fantasy/SF
Autor: wolves
Antworten: 11
Pratchett, Terry - Der Club der unsichtbaren Gelehrten
Forum: Fantasy/SF
Autor: marilu
Antworten: 0
Pratchett, Terry - Kleine freie Männer
Forum: Fantasy/SF
Autor: marilu
Antworten: 0

Zurück zu Fantasy/SF

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron