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Padura, Leonardo - Der Nebel von gestern




Padura, Leonardo - Der Nebel von gestern

Beitragvon Coco » 24.11.2010, 11:31

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Havanna, Mitte der 90er Jahre.
Mario Conde quittierte den Polizeidienst und hält sich, mehr schlecht als recht, mit dem Verkauf antiquarischer Bücher über Wasser. Doch dann scheinen alle Geldsorgen auf einen Schlag gelöst. Er entdeckt in einem Privathaus eine Bibliothek von ungeheurem Wert, die völlig verarmten Bewohner des Hauses sind zum Verkauf bereit.
In einem Kochbuch, das Conde der Mutter seines besten Freundes schenken möchte, findet er einen 40 Jahre alten Zeitungsausschnitt in dem die Bolero-Sängerin Violeta del Rio ihren Rückzug von der Bühne bekannt gibt. Vollkommen fasziniert von dieser Frau recherchiert Conde – schon fast obsessiv -, was aus ihr geworden ist. Er begibt sich auf die Suche nach ihrer Geschichte und taucht in ein Havanna längst vergangener Tage ein – das Havanna der 50er Jahre.
Damals ein Ort der Lust, des Geldes, der Musik und der Prominenz. Alles was Rang und Namen hatte besuchte diese Stadt; Nachtbars, Restaurants und nicht zuletzt die nie endenden Rumba- und Bolero-Klänge bestimmten den Tag und vor allem die Nacht.
Hier feierte Violete del Rio – die Königin der Nacht – ihre großen Erfolge und verschwand von einem Tag auf den anderen.

Die Suche nach dieser Frau entwickelt sich zu einem Kriminalfall, der 40 Jahre zurück liegt.

Doch kann dieses Buch eigentlich nicht als Krimi bezeichnet werden. Die Suche nach dem Täter steht nicht im Mittelpunkt der Geschichte. Es ist vielmehr eine Liebeserklärung an Havanna – an die mondäne Metropole der 50er Jahre, aber auch an das heutige Havanna, das von Armut, Elend und Melancholie geprägt ist, aber trotz allem von einer unbeschreiblichen Lebenslust, Energie und Freude. Wir lesen von Korruptionen unter Batista, von Veränderungen nach der Revolution Fidel Castros – davon, wie sich Menschen mit veränderten Bedingungen arrangierten und trotzdem ihre Geschichte, die Liebe zu ihrem Land, ihrer Musik und ihrer Bücher nicht verloren.

Mario Conde bleibt dabei stets der „Latino-Macho“ mit weichem Kern, dem nichts wichtiger erscheint als mit seinen besten Freunden das gerade verdiente Geld bei einem großen Fest auszugeben, der davon träumt, endlich „sein“ Buch zu schreiben und der ausschließlich, Kette rauchend und Rum trinkend, im Hier und Jetzt lebt.

Mir hat dieser Ausflug in die Geschichte Havannas, einer Stadt in der ich selbst noch nicht war, sehr gut gefallen. Ich spürte die Liebe zu Büchern und zur Musik und ich war begeistert von der Freundschaft dieser, teils mittellosen, Menschen, von ihrem Mut und ihrer Lebensfreude. Nicht zuletzt war auch der eigentliche Kriminalfall spannend und gut konstruiert.

Dies ist nicht das erste Buch Leonardo Paduras um Mario Conde. Im vierbändigen „Havanna-Quartett“ kann man Conde noch als Polizei-Ermittler erleben, in „Adios Hemingway“ widmet sich Padura dem Mythos um die Zeit Hemingways in Havanna.
Ich werde wohl, nach diesem Einstieg, auf jeden Fall mehr von Padura lesen.


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Liebe Grüsse
Coco

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