Ok die 3 Tage waren tatsächlich eine persönliche Rekordleistung.
Aber bevor ich hier ein total oberflächliches Bild von mir liefere......
Ich bestelle gern bei
Amazon Market place, aber noch nie habe ich erlebt,dass ich an einem Tag ein Buch bestelle und es am nächsten bereits vom Briefträger in Empfang nehme. (in tadellosem Zustand,wohlgemerkt). Da ich am Freitag eine ambulante REHA beginne, arbeite ich zur Zeit nicht, hatte somit viel Zeit das Buch gleich zu lesen (zumal ich darauf sehr neugierig war). 130 Seiten sind auch nicht unbedingt ein Problem. Und im übrigen muß ich doch abundzu meinem Nicknamen und jetzt auch dem "Fleißigen Lieschen" gerecht werden.
Die Nachwirkungen des Buches dauern allerdings an. Wenn damals Henry Miller der Amerikanisierung anderer Länder schon so kritisch gegenüber stand, was würde er heute sagen. Man darf ja nie vergessen, dass er selbst Amerikaner war.
Für mich war als Kind Amerika ein Traumland. Zu Geburtstag und Weihnachten kamen stets Pakete mit aufregendem Inhalt: Schokoladeriegel, die nach Salz schmeckten, Nüsse, die man hier weder kannte noch kaufen konnte, absolut kitschige Klamotten für mich (ich denke da an ein gestreiftes Kleid, das aussah wie einer unserer Campingklappstühle - ich brach jedes Mal in Tränen der Verzweiflung aus, wenn meine Mutter forderte ich solle es anziehen), aber auch die erste Barbiepuppe (hab ich noch), eine von mir heißgeliebte Bärenfamilie aus Plüsch usw. Mit 16 hoffte ich inbrünstig an einen Austausch zwischen meinem jüngsten Cousin und mir, der aber leider nie zustande kam.
So lernte ich meine nächste Verwandtschaft erst Ende der Siebziger kennen - ich war Anfang Zwanzig. Mein älterer Cousin war damals schon Musikprofessor an der Uni, der jüngere Cousin studierte noch. Keine Spur von deutschen Wurzeln. Selbst meine Tante und mein Onkel hatten sich der amerikanischen Lebensvorstellung total angepasst (sie wanderten 1957 aus). Ich vermisste jegliche Art von Kultur oder was ich darunter damals empfand. Für mich war es ein Schock und auch mein Bild von Amerika bekam einen gewaltigen Riss. Bei Alltagserzählungen setzte sich in mir Scheinheiligkeit und Oberflächlichkeit fest. Wo war die angebliche Freiheit? Das Bild vom Tellerwäscher zum Millionär?
Überhaupt amerikanische Oberflächlichkeit - bei weiteren Besuchen waren die Frauen meiner Cousin dabei - Herzlichkeit mit jeder Faser und kaum hatten sie das Flugzeug bestiegen war alles vergessen. Ich musste lernen Freundschaften sitzen nicht tief. Schleicht sich leider bei uns auch intensiv ein. Eine amerikanische Tugend auf die ich liebend gerne verzichten könnte.
All diese Empfindungen erwachten beim Lesen von Henry Millers Buch wieder in mir. Ein Land, das sich seine Kultur geschaffen hat und nur ganz allmählich und in manchen Regionen nie auf die Ursprünge sieht.
Amerika über alles. Sie lernen nur sehr langsam, dass sie nicht die Einzigsten auf der Welt sind. Vielleicht gelingt mit dem neuen Präsident wenigstens ein kleiner Schritt in diese Richtung.
Übrigens Hochhäuser mag ich nicht, mußte sehr grinsen über Henry Millers Beschreibung. Mir reicht schon die Siluette von Frankfurt - scheußlich. (sorry, falls jemand aus der Region kommt
)
Übrigens die Verbindung zu meiner Verwandtschaft besteht natürlich noch, aber sie ist genau so oberflächlich wie deren Freundschaft. Das Interesse meiner Söhne allerdings ist geringfügig.
Henry Millers Buch auf der einen Seite von anno dazumal, auf der anderen so hoch aktuell. (Ich hoffe ich habe euch nicht gelangweilt)
Liebe Grüsse
Wirbelwind
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