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Harris, Robert - Imperium




Harris, Robert - Imperium

Beitragvon Krümel » 03.01.2007, 19:55

Imperium von Robert Harris

Dies ist das Buch, welches den Aufstieg Ciceros zum Imperium beschreibt, das Maximum an politischer Macht.
Und dieser Aufstieg ist ernorm, da Cicero nicht aus einer Familie stammte, die zur höchsten Gesellschaftsschicht zählte, und somit alles aus eigener Kraft und seinen außergewöhnlichen Ehrgeiz vorantreibt. Harris schildert diese Karriere in allen Facetten, denn es wird dem begabten Redner nichts in den Schoss gelegt.

Beeindruckend ist es wie sehr sich der Autor an geschichtliche Fakten hält, die er nur am Rande fiktiv ergänzt. Ciceros politische Laufbahn beginnt als Quaestor auf Sizilien, und die Anklage gegen den Stadthalter Verres. Sein Klient „Sthenius“, den er vertritt, entspringt aus der Phantasie des Autors, doch seine Rede vor dem Senat kann man wiederum in Ciceros Reden nachlesen.

Der Roman fesselt den Leser von Beginn an. Die Spannung erreicht Harris dadurch, dass er keine großen Ausschweifungen zulässt, sondern sachlich und aus der Distanz heraus die Handlung von „Tiro“ erzählen lässt.
Tiro ist Ciceros Sklave und Privatsekretär, der kurz vor seinem Tod das Leben seines Herren niederschreibt. Dabei stellt er weder sich noch Cicero als unantastbaren Held dar, sondern er berichtet nüchtern auch von den Zweifeln und Ängsten des homo novus. Dies führt dazu, dass sich der Roman eher wie eine Chronik liest als eine schillernde Erzählung.
Und das hat mir persönlich gut gefallen, wenn auch dadurch die Gefühle der Personen nicht gut transportiert werden. Leser, die eher nach einem ausgeschmückten historischen Roman suchen, werden mit dieser Lektüre nicht auf ihre Kosten kommen, dazu sind die Figuren einfach zu trocken beschrieben.

Das Buch endet mit der höchsten römischen Macht, und ich hätte gerne noch von Ciceros Triumph und Untergang gelesen, aber das wird erst möglich sein, wenn der nächste Band von insgesamt drei erschienen ist.

Die politische Korruption, die Intrigen und Machtspiele damaliger Zeit kann man mit Leichtigkeit auf die heutige Politik übertragen, und somit besitzt dieses Werk auch einen ganz aktuellen Wert.

:stern: :stern: :stern: (:stern:)

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von Anzeige » 03.01.2007, 19:55

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Beitragvon Karthause » 03.01.2007, 20:12

Meine Meinung

Tiro, Erfinder der Kurzschrift, schildert den Werdegang Ciceros vom jungen kränklichen Anwalt bis hin zur Wahl zum Konsul. Bei dem Erzähler handelt es sich um den als Privatsekretär tätigen Sklaven, über den man nachlesen kann, dass er 53 v. Chr. freigelassen wurde. Tiro begleitet seinen Herren auf dessen Studienreisen, bei denen Cicero sich der Philosophie und Rhetorik widmete. Dies war für die Erfüllung seines innigsten Wunsches unerlässlich. Wollte der ehrgeizige und sehr intelligente Römer nichts lieber, als Karriere zu machen. Er entstammte keiner bedeutenden Familie von Adel und konnte nicht auf Generationen von Politikern zurückblicken. Auch hatte er keine mächtige Armee hinter sich oder wurde von einem großen Vermögen gestützt. Er war ein homo novus, diesen „Makel“ würden er und seine Gegner nie ganz vergessen können. Seine politische Entwicklung baut sich auf seiner puren Willenskraft und seiner Stimme auf. Eine Stimme, die damals wohl die berühmteste der Welt war.

Harris zeigt in seinem Roman den Weg Ciceros vom unbedeutenden Anwalt über die verschiedensten politischen Stationen bis er schlussendlich die Wahl zum Konsul gewinnt. Ich denke mit dieser Aussage nehme ich das Ende des Buches nicht vorweg, denn das ist ja allgemein bekannt. Bei der Recherche zu seinem Buch hat er sich unter anderem auf die noch existierenden berühmten Reden des Cicero zurückgegriffen und die historischen Fakten hielten meinen Nachforschungen in diversen Geschichtsbüchern und Internetportalen stand.

Das Buch ist flüssig geschrieben, die Namen der Römer sind etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach kurzer Zeit stellt das kein Problem mehr dar. Im 1. Teil, während des Verres-Prozesses, hatte ich kurzzeitig einen kleinen Hänger, der aber wohl auf zu intensives googlen zurückzuführen war. So hatte ich mir die Spannung selbst genommen. Ich fand diesen Roman sehr interessant. Das Leben des Marcus Tullius Cicero war für mich eher ein Thema, das ich dem Schulunterricht zugeordnet hätte. Aber „Imperium“ hat mich neugierig gemacht, über diese historische Persönlichkeit würde ich gern noch mehr erfahren wollen. Das Leben im antiken Rom wurde anschaulich geschildert, zwei sich im Buch befindende Karten haben es erleichtert, die wichtigsten Orte einzuordnen. Am meisten war ich aber von der Aktualität des Romans beeindruckt, handelt er doch in der Antike. Die Mittel, die in der Politik angewandt wurden, wie z. B. Intrigen, Bestechung, Korruption, Ränkespiele bis hin zum Stimmenkauf bei Wahlen, sind mir auch aus den aktuellen Nachrichten bekannt.

„Imperium“ hat den Erwartungen, mit denen ich an dieses Buch gegangen bin, voll entsprochen. Es war ein kurzweilig zu lesendes Buch, das mich gut unterhalten hat. Zudem konnte ich meine Geschichtskenntnisse wieder etwas auffrischen. Aber so manche Szene ließ mich erst schmunzeln und dann auch nachdenklich werden, denn leider ist den heutigen Politkern noch nichts Neues eingefallen.
Dieser Roman, der den Aufstieg Ciceros beschreibt, ist als der erste Teil einer Trilogie konzipiert. Die folgenden beiden Teile sollen die Herrschaft und den Fall des Politikers beinhalten. Auch diese werde ich sicher lesen.

:stern: :stern: :stern: ( :stern: )
Viele Grüße
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Robert Harris: Imperium

Beitragvon lost » 23.07.2010, 20:35

Hallo und guten Abend,

nachdem ich mich vor Wochen vorgestellt habe, möchte ich nun endlich einen konstruktiven Beitrag schreiben. Dazu habe ich den eben zu Ende gelesenen historischen Roman „Imperium“ von Robert Harris ausgesucht, über den die Suchfunktion noch keine Beitrag zu Tage fördert.
„Imperium“ ist der erste Teil einer Trilogie über das Leben von Cicero, dem großen Redner, dem begabten und intriganten, selbstsüchtigen Politiker und Philosophen. Harris lässt Ciceros Geschichte von seinem Sklaven und eng verbundenen Sekretär Tiro erzählen, also einem Zeugen, dem man eine intime Kenntnisse zutrauen kann. Cicero ist ja heute für seine eleganten Reden und eine elegante Sprache bekannt und wird von Historikern als Politiker entweder bewundert oder verachtet. Bestimmt haben auch überzeugte Lateinlehrer in vielen Schülern Cicerophobien geweckt ;-) Vielleicht kann der Roman dann ein Heilmittel sein.
Das Buch hatte ich am Sonntagmorgen, nach dem Abschluss von „Soll und Haben“ angefangen, und am Abend hatte ich 300 Seiten gelesen. Für mich ist das mittlerweile ein großes Pensum was zeigt, wie sehr mich der Roman fasziniert hat. Der Sonntagabend hatte wieder ein Mal diese Momente, in denen ich mich ärgerte, dass ich noch im Erwerbsleben stehe, denn ich hätte gerne am Montagmorgen weiter gelesen.
Harris ist mir schon durch drei Bücher bekannt und geschätzt. Er kann spannend erzählen ohne die Plattitüden des kreativen Schreibens bis zur Geschmacklosigkeit auszulutschen. So kommt er hier fast ohne Sex und Schmachtfetzen aus. Crime ist in dieser Kultur genug verbürgt und lässt sich nicht umgehen. Seine Sicht auf die politischen Verhältnisse zeigt mir eine ausgesprochen dynamische, wenn auch in den meisten Teilen abstoßende Kultur der bestimmenden politischen Gruppen und seine Geschichte bleibt auch weitgehend diesem Milieu treu . Die Welt der Oberschicht und der Mächtigen wird nicht reißerisch, aber doch mit vielen Spannungsmomenten geschildert, die Figuren bleiben immer authentisch. Harris wäre aber nicht Harris, wenn er uns nur eine Geschichte aus der Vergangenheit erzählen wollte. Es tauchen immer wieder die Hinweise auf unsere Gegenwart auf, ob in einzelnen Episoden, denen sich Harris besonders genau widmet, oder in Randbemerkungen, die seine kritische Sicht auf unsere politische Kultur mit den Ereignissen vor über 2000 Jahren verknüpfen. Das ist meines Erachtens ein Merkmal eines guten historischen Romans. So findet man in dem Stellvertreter Roms Verres in Sizilien einen antiken Mafioso und in einem fiktiven Überfall von Piraten auf die Peripherie Roms und der anschließenden verbürgten Bekämpfung des Übels, die politischen Folgen des 11. September 2001 sehr deutlich wieder. Natürlich setzt er den Schlusspunkt so, dass es einen strarken Impuls gibt gleich den nächsten Band zu lesen. Dieser Impuls hat bei mir zum Vorteil von Harris und em Verlag dazu geführt, dass ich mir „Titan“ gleich angeschafft habe. Ein gutes Mahl soll man aber mit Bedacht genießen, und so habe ich mich zu Mäßigung entschlossen und die Lektüre auf 2011 verschoben, weil auch der dritte Band noch nicht erschienen ist.
Mit der antiken Geschichte habe ich mich bisher nur oberflächlich befasst. Nach der Lektüre des Romans bin ich allerdings versucht, die Zeit der römischen Republik als die antike Periode zu sehen, mit der ich mich auch im Detail beschäftigen würde (auch ein Merkmal eines guten historischen Romans). Harris betont einfach durch seine literarische Darstellung so viel Parallelen zu unserer Zeit, dass ich die Zeitgeschichte wie im Spiegel lese. Bevor ich also im nächsten Jahr den zweiten Band „Titan“ in Angriff nehme, werde ich eine Cicero Biografie und eine Monografie über die römische Republik lesen, um einen Eindruck über die Authentizität der Geschichte, wie sie Harris erzählt zu bekommen und um Einzelheiten, die die Struktur der römischen Gesellschaft dieser Zeit betreffen, besser zu verstehen.
Liebe Grüße

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Re: Robert Harris: Imperium

Beitragvon Nerolaan » 23.07.2010, 21:17

Hallo lost,

danke für deine interessante Rezi :-) Ich hatte das Buch erst neulich wieder in der Hand. Mal sehen, vielleicht lege ich es mir dann doch jetzt bald mal zu.

Da die Suche leider alles, nur nicht zuverlässig ist, haben wir hier einen Rezensionsindex angelegt: Rezensionsindex
Dort findest du alle Rezis, die schon hier im Forum zu finden sind :-)

Und ich würde einen Admin bitten, diesen Thread evt. mit dem schon bestehenden zusammenzulegen.
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Re: Harris, Robert - Imperium

Beitragvon Pippilotta » 24.07.2010, 06:51

ich habe die beiden Threads zusammengefügt. Kein Problem.

Es gab auch eine Mini-Leserunde zum Buch, falls es Dich interessiert: http://kruemel.iphpbb3.com/forum/10385128nx42658/2007-f161/harris-robert-imperium-t488.html
Herzliche Grüße
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Re: Harris, Robert - Imperium

Beitragvon lost » 25.07.2010, 17:09

Danke für den Hinweis auf den Rezensionsindex und das Verschieben meines Beitrags.

Es ist oft interessant die Ansichten von anderen über ein Buch zu lesen und ich sehe, wie verschieden doch Aspekte aus der den besprochenen Büchern von Lesern aufgenommen werden.
Liebe Grüße

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Re: Harris, Robert - Imperium

Beitragvon Krümel » 27.07.2010, 18:58

Ich denke, „Titan“ sollten wir dann gemeinsam lesen, obwohl, tz, "Imperium" müsste ich bestimmt erneut vorweg lesen, oder ich müsste mal intensiv bei wiki lesen gehen :wink:
Ja, diese sachliche Schreibweise von Harris gefiel mir und spannend war es sowieso :D
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