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Lobato, Carmen - Im Land der gefiederten Schlange




Lobato, Carmen - Im Land der gefiederten Schlange

Beitragvon Karthause » 10.06.2012, 10:50

Als die Hartmanns 1830 Hamburg nach einem wirtschaftlichen Desaster verließen, war Katharina noch nicht geboren. Sie wollten in Mexiko mit Handel wieder auf die Beine kommen, dorthin waren bereits einige Zeit zuvor Familienangehörige gegangen. Sie träumten von erfolgreichen Geschäften, um später als angesehene Kaufleute wieder in der Heimat zurückzukehren. Aber das Leben spielte ihnen hart mit, sie wurden nicht, wie geplant, erwartet und mit offenen Armen empfangen. Sie erlebten Krieg und Belagerung und auch in der Familie gab es Kämpfe und Schicksalsschläge, dazu sorgte das Geheimnis um Katharinas Herkunft für zusätzliche Unruhe.

"Im Land der gefiederten Schlange" ist kein typischer Auswandererroman, wie man aktuell so viele in den Regalen des Buchhandels findet. Dieser Roman ist etwas Besonderes. Er vereint auf sehr angenehme Weise einen gut recherchierten historischen Roman und ist gleichzeitig eine berührende Liebesgeschichte, die sich in den historischen Rahmen einfügt und davon auch beeinflusst wird. Die Liebe zwischen der Tochter der Einwanderer und dem jungen Mexikaner wird sehr gefühlvoll beschrieben und ist für mein Verständnis in keiner Weise kitschig. Die Historie, die von der Autorin sehr anschaulich beschrieben und vermittelt wird, dient diesem Roman nicht nur als Kulisse, sie ist das Gerüst, an dem sich die Handlung orientiert und mit der sie sich entwickelt. Dieser Roman gewährt dem Leser aber auch tiefen Einblick in die Familiengeschichte der deutschen Handelsfamilie in der Zeit von 1830 1867. So geht es um die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander, um das Festhalten an alten Traditionen und den Schwierigkeiten, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Es gibt Krisen und Schicksalsschläge zu bewältigen und es gibt ein dunkles Familiengeheimnis. Dieser historische Roman enthält also alles, was von einer guten Familiensaga erwartet wird. Ich habe dadurch eine Familie kennen lernen dürfen, die mich, trotz aller Widrigkeiten und der diversen persönlichen Schwächen, die die einzelnen aufweisen (oder vielleicht gerade deshalb), sehr beeindruckte. Jede einzelne Figur ist ein Kind ihrer Zeit und hat Charakter, keine ist stereotyp oder hölzern. Alle durchlaufen eine persönliche Entwicklung. Bei der beeindruckenden Zahl von handelnden Personen gebührt der Autorin dafür ein extra dickes extra Lob. Durch die wechselnden Perspektiven beim Erzählen lenkt Carmen Lobato den Blick des Lesers immer wieder auf die Sichtweise anderer Personen, so dass nach und nach eine Art Vertrautheit zu allen Hauptfiguren aufkommt. Ganz besonders aber beeindruckte mich, wie gut es ihr gelang, die Gedanken und Sichtweisen der der indigenen Einwohner dem Leser zu vermitteln und dabei deren Traditionen und Riten zu erklären. Neben all dem überzeugt die Autorin auch durch einen sehr angenehmen gefälligen Sprachstil. Die Handlung war nicht vorausschaubar, immer wieder gab es Wendungen und Ereignisse, mit denen ich so nicht gerechnet hätte.
Obwohl das Buch 'nur' ein Taschenbuch ist, überzeugt es doch durch seine Aufmachung. Zusätzlich sind ein Glossar und ein umfangreiches Personenverzeichnis in dem Roman enthalten.
"Im Land der gefiederten Schlange" ist ein anspruchsvoller historischer Roman, der eine sehr schöne Liebesgeschichte und eine komplexe Familiengeschichte enthält. Er unterhält den Leser über fast 800 Seiten und wenn man das Buch aus der Hand gelegt hat, kann man mit Fug und Recht behaupten, einen Roman für Herz und Verstand gelesen zu haben.

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