Im Saarland um 1618. In Deana Zinßmeisters Roman „Das Hexenmal“ lernte der Leser die Geschichte der fünf jungen Eichsfelder Johann, Franziska, Katharina, Clemens und Burghard kennen, die auf der Flucht vor der Anklage der Hexerei ihre Heimat verlassen mussten. In diesem Buch, das direkt die Handlung des Vorgängers aufgreift, treffen wir die Fünf wieder und begleiten sie auf ihrer Flucht durch Hessen bis hin ins Saarland. Auf dem Gestüt Rehmringer werden sie, trotz des Todes des alten Pferdehändlers, von dessen Witwe freundlich aufgenommen und finden Arbeit und Unterkunft. Dies ist für einige Alteingesessene auf dem Hof und den der Witwe nahestehenden Amtsmann Johann von Baßy ein Dorn im Auge. Sie müssen auf der Hut sein, denn die Hexenverfolgung wird auch in ihrer neuen Heimat zelebriert. Zur gleichen Zeit ist auch der dem Leser aus dem 1. Teils der Geschichte bekannte Magier Barnabas unterwegs, in seinem Gefolge Sevatius und eine Kinderhexe.
Wie schon im „Hexenmal“ ist die Geschichte durch verschiedene Handlungsstränge geprägt. Durch nicht zu lange Kapitel hält Deana Zinßmeister die Spannung und vermeidet Längen. Ihr angenehmer und flüssig zu lesender Schreibstil ließ mich als Leser förmlich durch das Buch eilen. Die Autorin legt auch in diesem Roman großen Wert auf Details, das macht ihre Geschichten so beeindruckend authentisch. Das Alltagsleben, die damit verbundenen Schwierigkeiten, Sorgen und Nöte werden nachvollziehbar. Die belegten historischen Persönlichkeiten, die ihre Auftritte in dem Roman haben, lassen Geschichte lebendig werden.
In diesem Roman werden zwar immer wieder die Schicksale der Protagonisten in Rückblenden erzählt, so dass man ihn auch ohne Kenntnis des 1. Teils lesen und verstehen kann. Um aber die Entwicklung der Charaktere nachvollziehen zu können, sehe ich es als hilfreich an „Das Hexenmal“ gelesen zu haben. Die Story und auch die Charaktere haben in diesem 2. Teil für mich deutlich an Tiefe gewonnen. Besonders gelungen fand ich die Person des Magier Barnabas, der in seiner Bösartigkeit auch Skrupel hatte, die immer wieder deutlich wurden. Nur ganz wenige Charaktere bleiben etwas eindimensional, wie z.B. Servatius, der in jeder Beziehung einfach nur böse war. Aber letztlich war er in seinem Tun und Denken auch wieder überzeugend. Auch das Zusammenleben in der Gruppe wurde durch die Autorin realistisch und als nicht einfach beschrieben. Gab es doch im Verlauf der Handlung manch kritische Situationen für die Protagonisten zu meistern, an denen die Freundschaft der einstigen Zweckgemeinschaft zu zerbrechen drohte. Es kamen aber nicht nur die die in dem Roman zu Wort, die die konsequente Hexenverfolgung predigten und gnadenlos vollzogen. Auch die Lichtfänger konnten Akzente setzen und einen Hauch von Hoffnung hinterlassen.
Mein Fazit: Nach dem ich mit „Das Hexenmal“ ein wenig haderte, weil mir die Handlungsstränge zu losgelöst voneinander erschienen, hat sich das in „Der Hexenturm“ völlig relativiert. Ich habe mich sehr gern von Deana Zinßmeister durch dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte führen lassen und freue mich schon auf die nächste „Zeitreise“ mit ihr. Ich kann diesen schnörkellosen historischen Roman jedem Liebhaber dieses Genres empfehlen.
Taschenbuch: 448 Seiten * Verlag: Goldmann Verlag * ISBN-13: 978-3442472482