Ich möchte euch diesen überaus beeindruckenden Roman vorstellen und hoffe, dass meine Rezension diesem Werk gerecht werden kann!
Originaltitel: Unknown world
Inhalt:
Die "bekannte Welt" hier ist das fiktive Manchester County, Virginia zwischen 1830 und 1855.
Im Mittelpunkt des Romans steht der ehemalige Sklave
Henry Townsend. Er wurde als Junge von seinem Vater freigekauft, sehnt sich aber sein ganzes Leben nach dem geregelten, hierarchischen Leben auf der Plantage seines ehemaligen Herren William Robbins. Als er genug gespart hat, kauft er auf Vermittlung von Robbins Land und seinen ersten Sklaven, Moses. Leben die beiden anfänglich freundschaftlich zusammen (balgen sich, teilen sich ein Zimmer im Rohbau des Herrenhauses etc.), wandelt sich Henrys Verhalten nach einer Strafpredigt seines Mentors zu dem eines weißen Sklavenhalters. Später führt dies dazu, dass er einen seiner Sklaven für einen Fluchtversuch damit bestraft, ihm ein Drittel des Ohres abzuschneiden.
Ausgangssituation der Handlung ist der Tag, an dem Henry Townsend stirbt. Ein Tag, der in der Folge zu schicksalshaften Ereignissen führt, aber auch dazu angetan ist, die Konstellationen rund um die Farm aufzuzeigen. So lernt der Leser viele wichtige Personen kennen:
den bereits erwähnten ergeizigen Aufseher
Moses (inklusive seiner Frau Priscilla und seinem Sohn Jamie), die verwirrte Sklavin
Alice, den rebellischen
Elias und seine Familie, Henrys Witwe
Caldonia (sowie ihre Mutter Maude, ihren Zwillingsbruder Calvin), die Erzieherin
Fern, den Sheriff
John Skiffington und viele andere...
Meine Meinung:
Wie aus der Aufzählung der oben beispielhaft Genannten ersichtlich wird, wird der Leser mit sehr vielen Einzelschicksalen vertraut gemacht. Neben den häufigen Perspektivwechseln gibt es zudem auch viele Vor- und Rückschauen, die mitunter bis ins Jahr 1994 reichen. Im Wesentlichen beschränken sich diese zeitlichen Vorschauen auf die Schicksale nach dem amerikanischen Bürgerkrieg.
Ich mag solche Zeit- und Perspektivwechsel, aber natürlich wird dadurch das Lesen anspruchsvoller. Deshalb solltet ihr euch viel Zeit nehmen, um den Roman zu lesen. Wer sich darauf einlässt, wird ein besonderes Highlight erleben!
Ich fand sowohl die Handlung als auch die Art, in der sie beschrieben wurde, sehr beeindruckend! Hier geht es um eine Minderheit, von der kaum jemand etwas ahnte. Der Fokus liegt auf den "priviligierten" Schwarzen, die über ihre Freiheit, Bildung und einigen Reichtum verfügt und dennoch in der Gesellschaft unterhalb der "Hillbilles" angesiedelt ist. Eine wichtige Rolle spielt der Glaube, sei es der christliche Glaube der Weißen oder der eher mythische Glaube der Schwarzen. Einige mystische Einschübe verleihen manchen Schlüsselszene einen speziellen Charakter.
Die Wünsche, Hoffnungen und Ideale der einzelnen Charaktere werden sehr deutlich. Mitunter glaubt man fast, jeder von ihnen hätte tatsächlich gelebt. Unterstrichen wird dieser Eindruck auch durch zahlreiche Fakten, Statistiken, historische Zeugnisse und Dollarangaben zum Wert einzelner Personen. Da es sich um ein fiktives Gebiet handelt, sind natürlich auch diese Angaben fiktionalisiert, aber ihr Einsatz at mir trotzdem sehr gut gefallen!
"Die bekannte Welt" gehört eindeutig zu meinen Jahreshöhepunkten!