Klappentext hat geschrieben:„Höchstens für ein halbes Jahr", hat Papa gesagt. "Dann haben wir die Ausreisegenehmigung. Dann treffen wir uns in Amsterdam und fahren zusammen nach Amerika.“
Nelli und Steffi, Töchter einer reichen jüdischen Wiener Familie werden 1939 von ihren Eltern vor dem Naziterror nach Schweden geschickt. Wie auf einem anderen Stern fühlen sich die Stadtmädchen die es auf eine einsame Insel verschlägt. Während Nelli, die Jüngere, sich bald in ihrer Familie einlebt, hat es Steffie schwer bei einer scheinbar harten Fischersfrau. Es dauert lange bis die beiden sich näher kommen.
Meine Meinung:
Dieses Buch hat meiner Meinung nach zu Recht den Deutschen Jugendliteraturpreis 1999 gewonnen!
Steffi (12) und ihre kleine Schwester Eleonore (Nelli) kommen durch ihre Evakuierung nach Schweden in einen ihnen fremden Kulturkreis. Sie müssen lernen, sich in einer hermetisch abgeschlossenen Inselgemeinschaft einzuleben, die zudem streng protestantisch ist. Die Gläubigen versuchen sie dann auch sehr schnell zu "erwecken".
In Schweden werden sie zwar als Juden nicht verfolgt, aber ihr Glaube wird auch hier nicht ernst genommen.
Zudem müssen sie ihren Lebensstil komplett umstellen - ihr Wiener Leben wird auf der Insel als "elender Schlendrian" betrachtet...
Während sich Nellie schnell einlebt, begegnet Steffi einer Fülle von Problemen und kämpft darüber hinaus noch mit der Pubertät. Sie muss immer die Stärkere sein, um ihre kleine Schwester zu trösten und die Eltern daheim nicht zu ängstigen. Sie wünscht sich auch Trost und Interesse an ihrer Person, traut sich aber nicht, direkt darum zu bitten. So stellt sie ihre Stacheln auf und vergrätzt mögliche Freunde.
Geht es in der ersten Hälfte des Buches hauptsächlich um ihr persönliches Schicksal, so kommt im zweiten Teil auch verstärkt die politische Dimension dazu: die Verfolgungen und Repressalien in Wien werden stärker, so dass Steffis Vater seine Tochter um Mithilfe bittet. Sie soll ihm und seiner Frau helfen, nach Schweden einreisen zu dürfen.
Besonders positiv fand ich die Gegenüberstellung vom Leben in Schwedens Süden und den Lebensbedingngen im besetzten Wien, die durch Rückblicke und Erinnerungen eingeflochten werden.
Der Grundgedanke, der auch dem Buchtitel zu Grunde liegt, ist ein Hoffnungsvoller:
Kein Mensch ist eine Insel, ganz und gar für sich;
jeder Mensch ist ein Teil des Festlandes, ein Teil des Ganzen [..]
der Tod eines jeden Menschen macht mich geringer, denn ich bin eingeschlossen in der Menschlichkeit; drum sende nie Boten aus und frage, für wen die Glocke läutet: Sie läutet für dich.
Diese freie Übersetzung aus John Donnes Meditationen trifft die Situation sehr gut.
Ein tolles Kinderbuch, das eine Brücke zwischen zwei Kulturen schlägt und einen Ausschnitt aus dem 3. Reich sehr kindgerecht aufbereitet.
Die Folgebände:
Eine Bank am Seerosenteich
In der Tiefe des Meeres
Offenes Meer