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Domínguez, Carlos María "Das Papierhaus"

21.05.2006, 11:17

Das Papierhaus von Carlos María Domínguez

Kurzbeschreibung von Amazon:
Eine Literaturdozentin, die so in die Gedichte von Emily Dickinson vertieft ist, dass sie tödlich verunglückt, ihr argentinischer Kollege, der um die halbe Welt reist, um das Geheimnis eines rätselhaften Buches zu lösen, und ein Mann, der bereit ist, seine Liebe für Bücher in Stein zu fassen: drei Menschen, die ohne Bücher nicht sein können und deren Leben auf höchst seltsame Weise miteinander verknüpft werden.


Ohne Punkt und Komma stolpert Domínguez in seine Erzählung hinein, der Leser steht direkt mittendrin. Es werden auf der einen Seite viele Macken von uns Leseratten dargestellt, und irgendwo findet man sich selber. Die andere Seite ist dann das Handlungsgerüst, welches einiges zu wünschen übrig lässt. Ich habe schon einige Erzählungen gelesen, und habe dabei des Öfteren festgestellt, dass nicht immer in der Kürze die Würze liegt, manchmal braucht eine Handlung etwas mehr Spielraum. Der Schluss gibt dann dennoch einige Gedankengänge frei, so dass es im Großen und Ganzen lesenswert ist.


:stern: :stern: :stern:

Bild
Zuletzt geändert von Krümel am 21.05.2006, 13:30, insgesamt 1-mal geändert.

21.05.2006, 11:17

21.05.2006, 11:32

Ich fand den Beginn eigentlich sehr ansprechend - in der Tradition einer Kurzgeschichte. Nach wenigen Seiten stellte ich dann aber fest, dass die Erwartung, die ich aufgebaut hatte (hier etwas über Opfer und Gewinner des Lesens zu erfahren), enttäuscht wurde. Die Rahmenhandlung begann.

Bis zum Schluss hatte ich das Gefühl, dass die Rahmenhandlung nur dazu gebastelt worden war, um verschiedene Momentaufnahmen aus der fantastsischen Welt der Bücher mit einander zu verknüpfen. Eine Methode, die ich für durchaus statthaft halte, aber wenn sie angewendet wird, dann doch bitte auch so, dass die Geschichte selbst ein Gewicht hat. Das hat mir gefehlt...

96 Seiten sind einfach zu kurz, um eine Erzählung rund zu machen und dazu noch philosophische Betrachtungen einzubringen. Der Erzähler hat nicht einmal einen Namen zugewiesen bekommen, natürlich wird er irgendwie lebendig (hervorstechendste Eigenschaft ist seine Neugierde), aber so ganz verstanden habe ich ihn bis zum Schluss nicht.

Nachdem er das Papierhaus besuchte, fuhr er einfach ab. Neugierig wie er ist, wäre es doch nur folgerichtig gewesen, dass er nach dem verschwundenen Carlos Brauer sucht...

Die Stellen über unterschiedliches Leseverhalten und die Auseinandersetzung darüber miteinander gefielen mir gut, hatte das meiste aber bereits in anderem Zusammenhang gelesen. Wem es gefällt, sei "Eine Geschichte des Lesens" von Alberto Manguel empfohlen. Das Buch bietet wesentlich mehr Informationen zum Thema und ist wie ein Roman wegzulesen (da ich noch nicht alle Kapitel kenne, habe ich bisher auf eine Rezension hier verzichtet; sie folgt noch).

Außerdem fehlte mir ein Hinweis auf den Inhalt "Der Schattenlinie" von Joseph Conrad. Gerade zum Schluss wird auf diese Bezug genommen. Es wäre schön gewesen, wenn der Verlag irgendeinen Vermerk eingebaut hätte...

Aus diesem Grund erhält "Das Papierhaus" von mir nur:

:stern: :stern:

21.05.2006, 12:41

Ich war von diesem Buch eigentlich enttäuscht. Aus genau den Gründen, die marilu schon bemerkte.

Hätten mich die Ausführungen über die Bücher, die Buchsammler und Bucheroberer nicht so angesprochen, würde mein Urteil ziemlich schlecht ausfallen. Aber an etlichen Stellen fand ich mich wieder, sah wie Domínguez auch mir den Spiegel vor das Gesicht hält, das hat mich etwas besänftigt.

Mein Fazit: :stern: :stern: :stern:

Der 3. Stern ist für folgenden Satz:

Wir Leser spionieren die Bücherschränke unserer Freunde aus und sei es zur Ablenkung. Weil wir ein Buch entdecken könnten, das wir lesen wollen und nicht besitzen, oder weil wir einfach wissen wollen, was ein Tier, das wir vor der Nase haben, in sich hineingefressen hat.


Das bin ich! :oops:

21.05.2006, 18:25

Gleich mal vorweg: Das Buch war wie geschaffen für eine Lesenacht!
Vom Umfang her leicht zu schaffen, und auch inhaltlich gab es doch genug Stoff zum Diskutieren.

Das Buch selber ist mir doch einiges schuldig geblieben. Wie auch meine Vorgängerinnen in diesem Thread kam ich mit der Rahmenhandlung nicht so gut zurecht. Es begann sehr vielversprechend und auch spannend, das Geheimnis um die verrückten Tage von Monterey machte neugierig.

Was dann folgte war aber keine Lösung - nicht einmal Hinweise - auf diese verrückten Tage als vielmehr eine Reise in die Welt der Bücher. Diese Reise genoss ich sehr, sie brachte mich in mir sehr bekannte Gefilde :D. Lesetypen und -macken wurden beschrieben, der Umgang mit der Masse von Büchern, das Gefühl, Bücher "besitzen" zu müssen, das Problem der Aufbewahrung und Lagerung, die beste Strategie beim Büchersammeln bis hin zur passenden Musik und den Tipp, Bücher, die vor der Erfindung des elektrischen Stroms geschrieben wurden, naturgetreu bei Kerzenlicht zu lesen.

Die Rahmenhandlung empfand ich als konstruiert und überflüssig, sie ging weder auf das erwähnt Buch "Die Schattenlinie" genauer ein, noch deckte sie das Geheimnis um Carlos richtig auf. Das passte für mich nicht zusammen.

Nichtsdestotrotz ein Buch, das auf alle Fälle Lust aufs Lesen macht und bei dem ich mich als Vielleser und Massenbuchbesitzer sehr verstanden gefühlt habe und dessen Lektüre ich nicht bereut habe!

Ein absoluter Pluspunkt gilt der Aufmachung des Buches. Eine sehr edel aussehende herausklappbare Landkarte auf Pergamentpapier, darstellend Buenos Aires und Umgebung, schmückt das kleine Büchlein.

:stern: :stern: :stern:
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