Nach einer großen Handlung darf man in den Romanen von Márai nie suchen, wie auch in diesem Werk. Aber er legt einem eine geniale Gedankenvielfalt vor und tiefste psychologische Präzision. Was immer wieder faszinierend ist!
Viktor Henrik Askenasi, Prof. der orientalischen Sprachen, verbringt seinen Sommerurlaub an der dalmatinischen Küste.
Der Leser wird zunächst durch eine Außensicht in die Hotelgesellschaft eingeführt, die Gäste werden einzeln beschrieben, darunter befindet sich auch unser Protagonist, der dann ans Telefon gebeten wird. Ab diesem Zeitpunkt bleibt Askenasi im Zentrum des Geschehens, und sukzessive reisen wir in dessen Vergangenheit. Wir lernen
Die Fremde kennen, seine Frau und seine Beweggründe für die Reise. Die nämlich nicht nur eine unterhaltsame Sommerepisode darstellt, sondern vielmehr eine Flucht ist!
Unser Held ist auf der Suche nach sich selbst, oder nach der Idee vor dem Spiegelbild.
Wie viele heute nach dem großen Kick suchen, und ihn nicht finden, sucht Askenasi diese Befriedigung beim weiblichen Geschlecht. Aber es fehlt immer was, und er ist auf der Suche nach dem WAS.
Er ist auf der Suche nach einer Antwort, die ihm die Prinzipien von Folge und Reihe erklären. Er sucht ständig. Und diese Suche kennt auch der Leser. Ist es die Suche nach dem Sinn, die keine Antwort parat hat. Die Findung in der Wirklichkeit ohne Trugbild, die Erleuchtung oder die Erkenntnis.
Auf jedem Fall fühlt sich Askenasi unvollständig, und das treibt ihm zum Schluss zu einer Wahnsinnstat! Absolut lesenwert, denn genial!
Bewertung:
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Piper Verlag, 2005, OT: A Sziget (1934), Übersetzung: Heinrich Eisterer, Hardcover 16,90 €, 202 Seiten, ISBN: 978-3492047753