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Nesbø, Jo - Leopard




Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Karthause » 04.02.2010, 18:27

Leopard
Jo Nesbø
Originaltitel: Panserhjerte
Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
Verlag: Ullstein HC
ISBN-13: 978-3550087745

Nach seinem letzten Fall um den Schneemann brauchte Harry Abstand, Abstand zur Polizei, Abstand zu Norwegen, Abstand zu seinem bisherigen Leben. Die Trennung von Rakel und deren Sohn hat ihn sehr mitgenommen. Unterschlupf hat er in Hongkong gefunden. Aber in Ruhe leben kann er auch dort nicht. Alkohol, Opium und Pferdewetten sind für ihn zum Lebensinhalt geworden. Wegen seiner Schulden bei den Tiraden, der chinesischen Mafia, kann er auch das Land nicht verlassen, denn sie haben ihm seinen Pass als Pfand abgenommen. Die junge norwegische Ermittlerin Kaja Solness fliegt im Auftrag von Gunnar Hagen, Leiter des Morddezernates, nach Hongkong, um Hole zurück nach Norwegen zu holen, denn dort treibt erneut ein vermeintlicher Serienmörder sein Unwesen. Dies sind aber nicht die einzigen Handlungsorte, der Leser verfolgt die Ermittlungen noch in Ruanda, im Kongo und in Leipzig.

Gleich zu Beginn des Romans wird man Zeuge eines äußerst grausamen und perfide ausgeklügelten Mordes an einer Frau. War „Schneemann“ schon nichts für Zartbesaitete, empfand ich „Leopard“ im Vergleich zum Vorgängerbuch noch einmal als eine deutliche Steigerung.

Die Handlung verläuft in verschiedenen Strängen. Neben den Ermittlungen in den Mordfällen ging es in diesem Thriller auch um das Kompetenzgerangel zwischen dem Morddezernat und dem Kriminalamt.

Temporeich erzählt Jo Nesbø vom Fortschreiten der Ermittlungen, von Fehlschlägen und der behördlichen Rivalität. Mikael Bellman, Chef des Kriminalamtes und selbsternannter Platzhirsch, will mit seinem Team allein die Fälle lösen und erkennt die Kompetenz des Morddezernates nicht an. Ruhe kommt in dieses Buch immer dann, wenn Harry Hole seinen todkranken Vater am Sterbebett besucht. Es ist ein leises Abschiednehmen von Vater und Sohn, dass gefühlvoll und eindringlich beschrieben wurde. Eine weiter Handlungsebene ist die unvermeidliche Lovestory. Die gehört wohl einfach zu diesem Genre.

Prinzipiell hat mir „Leopard“ recht gut gefallen. Der Spannungsbogen wurde kontinuierlich aufgebaut und auch bis zum Ende hin gehalten. Die Morde sind zwar brutal, aber gerade noch erträglich und auch die Ermittler sind nicht zimperlich und müssen einiges einstecken. Jo Nesbø erzählt gekonnt und baut geschickte Cliffhanger ein, so lässt er dem Leser Zeit zum Durchatmen und zum stillen Weiterfiebern und hält ihn so vor allen Dingen bei der Stange. Der Thriller ist leicht und flüssig zu lesen, zieht den Leser schnell in seinen Bann und entwickelt dann eine gewisse Eigendynamik. Mir fiel es doch recht schwer, das Buch zur Seite zu legen. Nesbø nutzt intelligent die Zutaten, die einen guten Thriller ausmachen, durchkonstruierte Morde als Grundlage, ein bisschen Liebesgeflüster fürs Gefühl und einige unverhoffte Wendungen für die Spannung. Einzig die Figur des Harry Hole hat mir in diesem Fall nicht so zugesagt. Zwar gelingt es dem Autor gut, seine Sucht und Schwächen zu beschreiben, aber den Widrigkeiten seines Berufsalltags kann er trotzen, obwohl er psychisch und physisch sehr mitgenommen scheint. Nicht jeder kann seine persönlichen Defizite so gut überspielen.

Mein Fazit: „Leopard“ ist der 8., gut in Szene gesetzte Fall des Ermittlers Harry Hole. Wer sich nicht an der Spezifik des Ermittlers stört, rasante und blutige Kriminalromane bevorzugt und Liebhaber dieses Genres ist, für den wird dieses Buch kein Fehlgriff sein.

Über den Autor (Quelle: Wikipedia)

Jo Nesbø (* 23. März 1960 in Oslo) ist ein norwegischer Musiker und Autor.

Nach einer Ausbildung als Diplom-Kaufmann und Finanzanalyst an der Norwegischen Handelshochschule Bergen war er neben seiner Aufgabe als Sänger und Komponist der Popgruppe Di Derre als Makler und Journalist tätig.

Hauptperson von Nesbøs bisherigen Kriminalromanen ist der alkoholkranke, alleinstehende Hauptkommissar Harry Hole, der zumeist brutale Mordfälle lösen muss.

Nesbø erhielt als Auszeichnung den norwegischen Riverton-Preis und den skandinavischen Krimipreis (Glasnøkkelen) für seinen Debütroman Flaggermusmannen. Sein Roman Rotkehlchen brachte ihm 2000 den norwegischen Buchhandelspreis ein und wurde 2004 zum besten norwegischen Krimi aller Zeiten (Tidenes beste norske krim) gewählt. Seine Werke wurden in die schwedische, finnische, dänische, englische, niederländische, französische, polnische und deutsche Sprache übersetzt.

Zur Reihe um den Ermittler Harry Hole gehören:

1. Der Fledermausmann (Flaggermusmannen)
2. Kakerlaken (Kakerlakkene)
3. Rotkehlchen (Rødstrupe)
4. Die Fährte (Sorgenfri)
5. Das fünfte Zeichen (Marekors)
6. Der Erlöser (Frelseren)
7. Schneemann (Snømannen)
8. Leopard (Panserhjerte)

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Beitragvon Krümel » 04.02.2010, 19:11

Kommt auch ins Blog :D
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Casoubon » 12.03.2010, 07:17

Das Buch habe ich bei meiner Mutti im Regal weggefunden :engel: . Ist es notwendig die Vorgängerbücher gelesen zu haben, um "Leopard" zu verstehen?

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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Karthause » 12.03.2010, 07:51

Es ist nicht zwingend erforderlich, die Vorgängerromane zu kennen. Ich hatte vorher auch nur "Schneemann" gelesen. Es gibt allerdings ein paar Passagen die sich auf den Schneemann beziehen. Die werden aber m.E. auch so erklärt, das man weiß warum etwas nun so ist. Du musst aber hart im Nehmen sein, wenn es um den Nesbø geht. Aber ob das Buch was für dich ist, oder nicht, entscheidet sich auf den ersten 20 Seiten. :mrgreen:
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon wolves » 12.03.2010, 09:24

Ich "schleiche" ja die ganze Zeit um den "Schneemann" herum. Normalerweise bin ich was Thriller belangt nicht so zartbesaitet. Es gibt halt persönlich gezogene Grenzen bei mir, sprich alles lese ich auch wieder nicht. *immer noch nicht weiß, ob das Buch was für mich sein könnte* :grübel: Ich würde so gerne wieder einen richtig spannenden Thriller lesen, einen richtigen Pageturner.
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Karthause » 12.03.2010, 10:05

@wolves
Ich weiß nicht, ob dir "Schneemann" nicht zu brutal und blutig ist. Aus dem Bauch heraus würde ich dir von Jeffery Deaver "Der Täuscher" empfehlen. Da geht es um Datenmanipulation und -Missbrauch und um Mord. Durch die Datengeschichte ist der Thriller ganz aktuell und hat mich doch stark überlegen, wo meine Daten überall herum schwirren. Außerdem weiß man bei Deaver bis zum Schluss nicht, ob man auf der richtigen Fährte ist. Der ist zwar auch Teil x aus einer Reihe. Ich habe auch nicht alle Lincoln Rhyme/Amelia Sachs-Fälle gelesen.
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon wolves » 12.03.2010, 10:46

Danke für den Tipp, Karthause! Ich habe mir gerade das Buch als TB-Ausgabe vorbestellt. Klingt wirklich spannend :thumleft:
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Casoubon » 12.03.2010, 14:21

Karthause hat geschrieben:Aber ob das Buch was für dich ist, oder nicht, entscheidet sich auf den ersten 20 Seiten. :mrgreen:


Die habe ich schon geschafft :wink: .
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Casoubon » 16.03.2010, 19:44

Casoubon hat geschrieben:Die habe ich schon geschafft :wink: .


Und nun auch den Rest :D .

Ein sehr gelungener Krimi mit Spannung & Nervenkitzel bis (fast) zur letzten Seite. Dem Autor gelingen immer wieder überraschende Wendungen, manchmal habe ich vor Anspannung die Luft angehalten :wink: , vor allem bei den "Wortmeldungen" des Täters.

@Karthause: Vielen Dank für die Empfehlung :flower: .

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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon wolves » 17.03.2010, 08:41

:motz: ... jetzt bin ich doch superneugierig geworden


:mrgreen: :D
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Casoubon » 17.03.2010, 09:00

@wolves: So soll es sein :mrgreen: .
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Karthause » 17.03.2010, 09:44

Casoubon, da freue ich mich. Kennst du "Schneemann" von Nesbø? Kann ich auch empfehlen. Hast du von solch einem Leopoldsapfel schon mal gehört? Ich hatte mal kurz Google bemüht und bin nicht fündig geworden.

@wolves
Ziehen wir dich in Richtung Krimi-Fraktion? Zwischendurch lese ich sie ja seeehr gern. Nur mag ich es nicht alle. Entweder richtig heftig oder sehr subtil, aber immer mit viel Spannung. Die Ostfriesen-Krimis von Klaus-Peter Wolf sind auch sehr gut.
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon wolves » 17.03.2010, 10:13

Oh, da braucht es nicht viel. Ich lese sehr gerne Thriller und Krimis (Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Thriller und einem Krimi, frag ich mich grad :grübel: Sind Thriller etwas "härter"?). Alle mag ich allerdings auch nicht und Spannung muss auf jeden Fall sein, da darf auch mal gerne die Grenze der Logik strapaziert werden. Dann bringe ich es auch fertig mit Krimi in der Hand zu kochen :mrgreen:
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon Karthause » 17.03.2010, 10:49

Ich hab mal Wikipedia bemüht:

Wikipedia hat geschrieben:Thriller überschneiden sich mit dem Mystery-Genre oder dem Kriminalroman, unterscheiden sich hiervon jedoch anhand ihrer Handlungen und Spannungskurven. In Thrillern muss sich der Held meist gegen moralische, seelische oder physische Gewalteinwirkung durch seinen Gegenspieler behaupten, während dies in Kriminalgeschichten viel weniger der Fall ist. Auch ist im Kriminalroman meist die Aufklärung des Verbrechens der Höhepunkt, während im Thriller erst der darauf folgende, oft sehr knappe, aber endgültige, Sieg über den Widersacher den Höhepunkt darstellt, mit dem der Held sich selbst und womöglich auch andere rettet. In Thrillern, die durch Film noir oder Tragödien beeinflusst wurden, stirbt der Held oft auch beim Besiegen seines Gegners.

Normalerweise wird in Thrillern viel Wert auf die Beschreibung der Handlung gelegt. Werden hingegen die Figuren und deren Psyche ebenso stark oder gar stärker betont, spricht man von einem Psychothriller. Meist ist hier ein emotionaler Konflikt zwischen mehreren Personen oder auch ein Konflikt innerhalb einer Person Thema. Beispielsweise aufgrund früherer Erlebnisse. Typische Merkmale von Psychothrillern sind der Einsatz der Bewusstseinsstromtechnik, ein Erzähler oder die ausgedehnte Thematisierung einer Vorgeschichte.

Bekannte Vertreter des Thrillergenres sind Alfred Hitchcock mit Filmen wie Psycho, Tom Clancy, Patricia Highsmith, Matthew Reilly, Ken Follett, Dan Brown mit Illuminati und Sakrileg, das Autorengespann Douglas Preston & Lincoln Child, Scott McBain sowie Eric Ambler, der als einer der Mitbegründer des Genres gilt. Auch die Fernsehserien 24 und Lost gehören dem Thrillergenre an.
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Re: Nesbø, Jo - Leopard

Beitragvon wolves » 17.03.2010, 10:55

Ui! :danke:
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