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Schmid Michael: Fragmente des Wahns




Schmid Michael: Fragmente des Wahns

Beitragvon mombour » 20.03.2012, 17:18

Hallo,

Michael Schmid: Fragmente des Wahns

Ich gebe gerne zu, ich bin nicht der typische Leser für Psychothriller, habe seit Ewigkeiten nichts aus diesem Genre gelesen, darum war das Lesen dieses Romans an sich schon ein Abenteuer.

Ich beginne zu lesen, Es entfaltet sich eine Familiengeschichte, die auf den ersten Blick schön und harmonisch abläuft. Besonders schön finde ich die charakterliche Darstellung der Protagonisten, des Ehepaares Alex und Lisa. Alex liebt seine Familie über alles. Für die innige Liebe des Paares hat der Autor schöne Worte gefunden, diese Liebe, das Knistern zwischen den beiden, tritt sehr deutlich zwischen den Zeilen hervor, die Scherze von Lisa sind sehr sympathisch. Was sich liebt das neckt sich. Auch die Liebe zu seiner Tochter ist gewaltig. Eine sehr sympathische Familie, mit der ich mich gerne befreunden würde. Der Roman wäre eine idyllische Familiengeschichte geblieben, wenn da nicht dieser Autounfall gewesen wäre, in dem Alex verwickelt ist und erst einmal ins Krankenhaus muss. Peter erleidet retrograde Amnesie. Er kann sich nicht an den Unfall erinnern, was in solchen Situationen öfters vorkommt und nichts schlimmes ist. Da er aus dem Unfall verhältnismäßig unbeschadet herausgekommen ist, bleibt er auch nur wenige Tage im Krankenhaus und ist froh, dass er den Geburtstag seiner Tochter mit feiern kann.

Aber trotzdem. Das Leben nach dem Unfall wird ein anderes. Es schleicht sich etwas in sein Leben ein, was Alex nicht versteht, seine Familie und Freunde in dieser Hinsicht auch ziemlich ratlos sind. Alex erlebt Momente von Halluzinationen, die Alex jedenfalls als solche bezeichnet, er leidet an Ohnmachtsanfällen und ist in manchen Situationen emotional aufgeladen, verliert fast die Selbstkontrolle. Auf dieser Ebene beginnt der Roman ein Thriller zu werden, und ich hatte schon die Befürchtung, diese sympathische Familie würde zu Bruch gehen. Die Symptome, die Alex erfährt, steigern sich allmählich. Ich finde es sehr gelungen, wie im Roman diese allmähliche Steigerung, die letztlich in dem spannenden Showdown führt, durchgehalten wird. Der Leser dieses Romans wird sicher nicht vorher ahnen, wie der Roman ausgeht. Da bin ich mir ziemlich sicher.

Nach so viel Lob eine leicht verdauliche Kritik. Über einige wenige sprachlichen Stolpersteine bin ich gestolpert. In dieser Angelegenheit hätte ein Lektor seinen Stift ansetzen müssen. Ich habe mich auch gefragt, warum man in einem Roman unbedingt „Google“ schreiben muss, weil es die eingestellte Startseite einer Romanfigur ist. Vielleicht ist es auch nur mein persönlicher Geschmack, wenn ich sage, mir hätte ein anonymer Ausdruck wie „Suchmaschine“ besser gefallen, oder man denkt sich den Namen einer fiktiven Suchmaschine aus. Eine ähnliche Überlegung habe ich, ob es wichtig ist zu nennen, in welcher Stadt der Roman spielt. In diesem Roman spielt Lokalkolorit keine Rolle, was auch so sein darf, denn schließlich lebt der Roman von seinen Figuren. Aus diesem Grunde diese Geschichte z.B. auch in Stuttgart hätte spielen können. Das sind nur Überlegungen, die mir während der Lektüre in den Kopf geschossen sind.

Ich bin sehr froh, dass ich diesen Roman gelesen habe, und habe mich glänzend unterhalten. Dem Schluss konnte ich nur entgegeneilen und las die letzten 82 Seiten in einem Zuge. Spannung pur. Ein schönes Romandebüt. Sehr gerne warte ich auf den nächsten Roman des Autors. Wenn ich jetzt noch mal an das Pärchen Alex und Lisa zurückdenke, so kann ich mir den Gedanken nicht verkneifen, der Autor habe auch das Potential, einen guten Beziehungskisten-Roman zu schreiben. :D

Liebe Grüße
mombour
Thomas Hardy: Herzen in Aufruhr
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