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Tuomainen, Antti - Der Heiler




Tuomainen, Antti - Der Heiler

Beitragvon Karthause » 13.10.2012, 18:11

Helsinki in naher Zukunft. In der Stadt herrscht Chaos. Die Menschen leiden unter den Folgen der Klimaveränderungen, die Strom- und Wasserversorgung funktioniert nicht mehr, es wird geplündert und Willkür herrscht vor, kurz – die Stadt ist im Ausnahmezustand. Die Situation verschärft sich, da ein selbsternannter Heiler, als eine Art Rächer, die aus seiner Sicht für die Situation Verantwortlichen samt ihrer Familien auf brutalste Art und Weise hinrichtet. Die Journalistin Johanna Lethinen war ihm auf der Spur. Aber seit 24 Stunden hat ihr Ehemann, Tapani, kein Lebenszeichen mehr von ihr erhalten, obwohl sie sonst bei Recherchen wenigstens per E-Mail oder SMS den Kontakt hielten. Weder die Polizei, noch Johannas Chef und auch die Freunde können oder wollen Tapani helfen. Er stößt auf eine Mauer des Schweigens und beginnt auf eigene Faust, seine Frau zu suchen. Dabei muss er erkennen, seine Frau hatte eine Vergangenheit, die ihm bislang unbekannt war.

Antti Tuomainen zeichnet in seinem Roman ein düsteres Bild der nahen Zukunft. Es herrscht eine Art Weltuntergangsstimmung, alles ist trostlos, beängstigend und hoffnungslos. Dies beschreibt er außerordentlich überzeugend und realistisch. Er erklärt die Ursachen für dieses Szenario, auch dies erscheint glaubhaft.

Der Ich-Erzähler in diesem Thriller ist Tapani Lethinen. Über ihn erfährt der Leser, dass Johanna die Liebe seines Lebens ist, beide sind seit 10 Jahren verheiratet, aber ihm wird schnell klar, Johannas Vergangenheit ist ihm unbekannt. Auch das Bild von seinen Freunden wandelt sich im Laufe seiner gut 2 Tage andauernden Suche. Tapani ist ein Lyriker, zeigt aber nur wenige Gefühlsregungen und wirkt eher unterkühlt. Das passt so gar nicht zusammen. Er versucht schließlich die Liebe seines Lebens zu retten. All das geschieht in einer relativ kurzen Zeitspanne. Der in Ermittlungssachen ungeübte Ehemann kämpft an einsamer Front gegen alle, vor allem gegen das Schweigen und kommt doch überraschend schnell zu ersten Erfolgen.

Die Sprache wirkt teilweise gehetzt und abgehackt. Manche Szenen werden staccato artig erzählt. Man sollte meinen, dass dies für den Spannungsbogen, der zu Beginn auch gut ausgeprägt war, hilfreich sei. Das empfand ich leider nicht so. Trotz der Themenvielfalt und des durchaus für einen Thriller nicht unüblichen Schreibstils empfand ich etliche Passagen als langatmig.

Die Figuren waren für meinen Geschmack sehr oberflächlich charakterisiert. Sie waren auswechselbare Stereotype.

Obwohl der Thriller mit nur 224 Seiten bei recht großer Schrift sehr schnell gelesen war, wurde ich mit ihm nicht richtig warm.

Aus der Themenvielfalt und dem Plot hätte eine großartige Story entstehen können, leider spann der Autor die durchaus vorhandenen positiven Ansätze nicht konsequent zu Ende. Für die geringe Seitenzahl waren die Themen wohl zu vielfältig und komplex oder im Umkehrschluss, der Autor hatte, für das, was er dem Leser mitteilen wollte, zu wenig Raum. 100 Seiten mehr hätten dem Thriller gut getan.

„Der Heiler“ ist ein Mischung aus Dystopie und Thriller, der schnell gelesen ist und über wirklich gute und nachdenkenswerte Ansätze verfügt, jedoch bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.

Über den Autor (Quelle: amazon.de)

Antti Tuomainen wurde 1971 geboren und war früher als Werbetexter tätig. Heute arbeitet er als Autor und freier Journalist. Der Heiler wurde 2011 mit dem Finnischen Krimipreis ausgezeichnet, dem angesehensten Medienpreis für Kriminalliteratur. Antti Tuomainen lebt mit seiner Frau in Helsinki.

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