Fabian, Die Geschichte eines Moralisten - Erich Kästner
Zunächst etwas zur Geschichte Deutschlands vor dem II. Weltkrieg. Der „Schwarze Freitag“, der Börsencrash in Amerika schwappt auch nach Europa über, und erzeugt auch eine absolute Wirtschaftskrise in Deutschland. Sechs Millionen sind arbeitslos, und leben in Hunger und Elend. Die daraus resultierende Unzufriedenheit ist ein günstiger Nährboden für den Nationalsozialismus. 1933 wird Hitler Reichskanzler. Diese Situation wird noch erschwert dadurch, dass die Industrie rationalisiert, Maschinen übernehmen viele Aufgaben, wozu vorher Menschenhände erforderlich waren.
Man könnte glauben Kästner wäre ein Visionär gewesen, der uns die heutige Sachlage vor Augen hält. Sein Buch ist erschreckend aktueller als viele Bücher der Gegenwart. Und vor diesem Hintergrund steht sein Roman „Fabian“, eine gesellschaftskritische Satire.
Der Protagonist schildert auf äußerst ironische Art über das Leben und Denken der Berliner Gesellschaft. Das Vergnügen wird groß geschrieben, Moral und Anstand werden tief in der Manteltasche vergraben. Viele kleine Episoden reihen sich aneinander im ersten Teil, und berichten vom sittenlosen Berlin.
Im zweiten Teil wird die Handlung intensiver, der Leser lernt den Idealisten Fabian mit seinen Ansichten kennen, und schließt ihn ins Herz. Seine Träume, ohne Geld und Machtgier durch´s Leben zu kommen, enden in Arbeitslosigkeit, und bedeuten das Ende der aufblühenden Liebesbeziehung, weil für Idealisten keine Nische im System vorhanden ist.
Der Untertitel: „Die Geschichte eines Moralisten“ ist meiner Meinung nach nicht zutreffend, denn auch Fabian liebt in gewisser Weise das unmoralische Leben. Er ist vielmehr ein Idealist und Weltverbesserer, der sich nicht kaufen und bestechen lässt, sondern seine Maßstäbe, oder sein inneres Bild der Gesellschaft, vehement vertritt ohne Rücksicht auf Verluste.
Der Roman hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die Ironie des ersten Teils mit seiner Überspitzung der Beschreibung, sowie die tiefe Darstellung im zweiten Teil fand ich grandios. Als Kind habe ich Kästners Kinderbücher geliebt, jetzt werde ich auf die Suche nach mehr Stoff von ihm gehen. Eine absolute Empfehlung!