Gebundene Ausgabe: 560 Seiten
Verlag: List
ISBN-13: 978-3471786796
Kurzbeschreibung www.amazon.de
Wir müssen über Kevin reden wurde durch Mundpropaganda ein Erfolg in Amerika und England, sorgte allseits für Aufsehen und bot Stoff für zahlreiche kontroverse Debatten. Die Autorin wurde für das große Wagnis, das sie mit diesem Roman eingegangen ist, mit dem Orange Prize ausgezeichnet, einem der wichtigsten internationalen Literaturpreise. Evas Sohn Kevin hat eine furchtbare Gewalttat begangen: In der Schule hat er mehrere Menschen getötet. Von allen verurteilt und von jetzt an auf sich selbst gestellt, findet Eva den Mut, sich in aller Offenheit den quälenden Fragen auszusetzen: Hätte sie ihr Kind mehr lieben sollen? Hätte sie das Unglück verhindern können? Hätte sie ihre Ehe retten können? Stilistisch brillant und mit erschütternder Klarheit lotet dieser Roman die Tiefen und Untiefen der modernen Gesellschaft aus. Lionel Shriver erzählt aus der Sicht einer Mutter, die sich auf schmerzhafte und ehrliche Weise mit Schuld und Verantwortung auseinandersetzt.
Meine Meinung
Kevin Khatchadourian war kein Wunschkind. Eva, die Verlegerin von Reiseführern und Franklin, der Location-Scout, entschlossen sich für ein Kind, weil es ihrer Meinung nach zu einer perfekten Familie gehört. Doch mit der Geburt des Jungen wurde alles anders. Damit ist aber nicht nur die normale Veränderung im täglichen Leben nach der Geburt eines Kindes gemeint, die jede junge Familie trifft. Eva konnte für ihr Kind nichts empfinden, Kevin lehnte seine Mutter vom Tage seiner Geburt ab. Diese Situation zieht sich als roter Faden durch den gesamten Roman. Ganz anders ist das Verhältnis Evas zu ihrer Jahre später geborenen Tochter Celia.
„Wir müssen über Kevin reden“ ist ein Briefroman, eine Art Literatur, die ich nicht unbedingt bevorzuge. Aber dieser Roman ist anders. Eva schreibt in diesen Briefen ihre Sicht der Dinge an ihren (Ex-?)Mann Franklin. Darin beschreibt sie ihr Leben bevor sie Franklin kennen lernte und schildert auch, wie es zu der Entscheidung für das Kind kam und welche Zweifel sie ständig hegte. So begleitet der Leser die Familie über einen Zeitraum von fast 20 Jahren, bis Kevin dann wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag die unfassbare Tat begeht. Er läuft an seiner Schule Amok. Aus dem Klappentext ging das schon hervor und mit diesem Wissen ausgerüstet, bewertete ich beim Lesen jedes Problem, das bei Kevins Entwicklung auftrat. Mit Eva und ihrer Auffassung, Kevin sei von Geburt an böse, konnte ich mich den ganzen Roman über nicht anfreunden. Unzufrieden war ich über weite Strecken, dass in den Briefen von Eva nie Bezug auf eine Antwort Franklins genommen wurde, auch das löst sich zum Ende hin auf.
Zu Beginn des Buches hatte ich einige Probleme mich in Evas Gedankenwelt zurechtzufinden. Ihre Art mit Kevin umzugehen, war mir nicht immer verständlich. In ihren Briefen geht sie mit sich selbst ins Gericht, sucht die Ursachen für diese Schreckenstat nicht zuletzt bei sich selbst und erscheint erbarmungslos ehrlich dabei.
Lionel Shrivers Stil habe ich als sehr eindringlich empfunden. Der Roman liest sich als würde Eva über ein reales Geschehen schreiben, dem ist aber nicht so. Die Autorin hat sehr realitätsnah geschrieben. Ich habe das Buch nun schon einige Tage beendet, aber in Gedanken bin ich immer noch bei der Familie Khatchadourian. Dieses Buch ist fesselnd, berührend, erschreckend und bedrückend zugleich. Nach der letzten Seite hätte ich gern über Kevin geredet, aber auch über Eva, Franklin und Celia.