Meine Meinung
Louis Begley erzählt die Geschichte des jüdischen Jungen Maciek, der in gut situierter Familie in Ostpolen aufwächst. Sein Vater ist Arzt, seine Mutter ist im Kindbett gestorben. An deren Stelle trat seine Tante Tanja. Mit Beginn des Krieges wird der Vater eingezogen. Mit der Verfolgung der Juden wird die Familie vor immer größere Probleme gestellt. Es gibt zunehmend Einschnitte in das Leben und den Lebensstandard. So bauen sie sich ein Gerüst aus Lügen und Heimlichkeiten auf, das helfen soll, zu überleben. Da gibt es zum Beispiel falsche Namen und „neue“ Papiere sowie eine katholische Familiengeschichte. Das Schicksal verschlägt Tanja und Maciek nach Warschau, mitten in den Aufstand im Ghetto.
Die Geschichte ist aus der Sicht des heranwachsenden Macieks in der Ich-Form geschrieben. Lediglich im Prolog und im VIII. Teil wird davon abgewichen.
Die Sprache ist einfach gehalten und auch die schlimmsten Gräuel werden ohne jedes Pathos geschildert. Das hat zur Folge, dass dieser eher nüchterne Stil eine Eindringlichkeit beinhaltet, die Tage nachdem ich dieses Buch beendet hatte, immer noch in mir nachklang.
Ich war tief berührt und trotz der Kenntnis der Geschichte stark beeindruckt vom Überlebenskampf von Tanja und Maciek. So traurig auch der Hintergrund dieses Romans auch war, beim Lesen war ich nie hoffnungslos, obwohl der Ausgang des Buches für mich lange Zeit nicht vorhersehbar war.
Den tiefsten Eindruck aber hinterließ bei mir ein Satz von der ersten Seite des Buches:
„…was ihn am meisten quälte: die Scham am Leben geblieben, mit heiler Haut, ohne Tätowierung davongekommen zu sein, während seine Verwandten und fast alle anderen im Feuer umgekommen waren, unter ihnen so viele, die das Überleben eher verdient hätten als gerade er.“
Dieser Satz verfolgte mich durch das gesamte Buch. Er kam mir in den schlimmsten Situationen in den Sinn, so dass ich über die Bedeutung dieser Zeilen oft und lange nachgedacht habe.
Diesen ruhigen und bedrückenden, aber auch hoffnungsvollen Roman sollte man unbedingt gelesen haben.
Er kommt aber meiner Meinung nach nicht ganz an "Jakob der Lügner" von Jurek Becker heran. Den "Roman eines Schicksllosen" von Imre Kertesz werde in meinem SUB ganz nach oben einsortieren.
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