Der Teufel übt immer schon eine gewisse Faszination aus. Unser Held Alvaros wird so durch Neugier dazu getrieben, den Teufel anzurufen, nachdem er Bekanntschaft mit einem Okkultisten macht. Alvaros’ Prahlerei wird missbraucht, denn seine aufgeblasene Parole, den Teufel bei den Hörnern zu packen um es mit ihm aufzunehmen, will er nicht aberkennen, weil er sich sonst als Feigling zu erkennen geben würde. Während der Seance tritt der Teufel in Erscheinung, allerdings im Körper einer Frau. Als Pagen dient sie ihm fortan, ist ihm hörig, und verliebt sich. Er weiß um die Gefahr der „Frau“, will sie loswerden, doch die Waffen einer Frau sind vielseitig, Alvaros hat keine Chance, sie abzuschütteln, zu stark sind die umgarnenden Fäden ihrer Verführkünste.
Wenn er so wenig verlangt, mir so gar nicht zur Last fällt, keine Ansprüche macht, warum sollte ich ihn nicht behalten? Er versichert mich ja, dass ich ihn zurückschicken kann, wann ich will. Warum soll ich mich zwingen, dass gerade jetzt zu wollen, was ich zu jeder Tagesstunde wollen kann?
Es ist die Idee, die zur Besessenheit wird, alle Wünsche erfüllt zu wissen, die ihm die Vernunft raubt. Seine Leidenschaft zum Spiel wird verstärkt, seine Standfestigkeit wird auf die Probe gestellt. Das Spiel im Kasino wandelt zur Metapher, wenn er durch des Teufels Hand zum Meister am Roulettetisch wird. Schnell wird ihm klar, die Unmöglichkeit zu verlieren nimmt ihm die Freude daran. Der Reiz, das Spielfieber wird abgetötet.
Im Buch ist es Alvaros, der uns seine Geschichte erzählt. Dadurch bekommen wir einen Einblick in seine Rat- und Machtlosigkeit. Alles wird Täuschung und der Leser ist gezwungen, diese Irritation zu teilen. Wir erleben, wie die Vernunft den Rand des Verstandes berührt. Das Erschreckende am Buch ist weniger der Verlust moralischer Grundsätze als vielmehr die Zweifel am eigenen Verstand. Zunehmend verliert er die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit aus den Augen, die wechselnde Gestalt des Teufels verwirrt ihn, selbst das eigene Motiv, das zur Verbindung mit dem Teufel beitrug, verliert sich. Moralische Geschichten warten gewöhnlich mit einer belehrenden Pointe auf, Cazotte aber verzichtet darauf. Eine gewollte Verunsicherung bleibt zurück, da eine Infektion immer und überall erfolgen kann.
Doch hat er seinen Rückzug gedeckt und Verwirrung in Ihrem Geiste und in Ihrem Herzen gelassen, wodurch er den Angriff erneuern kann, wenn sie ihm Gelegenheit geben.
Das Buch ist in sehr einfach gestrickter Sprache gehalten, liest sich also sehr flüssig. Das einzige Manko an dieser Geschichte ist das unspektakuläre Ende. Gerne hätte ich den Helden in eine schicksalhafte Falle steigen sehen, so aber konnte er sich mit seinen Grundsätzen aus der Affäre ziehen und das Heim als rettenden Anker benutzen. Dieser Teufel zeigt sich nicht als Schreckensherrscher über die Flammen (wie in „Vathek“), sondern hier wirkt er subtiler und eleganter. Aber über eines dürfen wir uns sicher sein. Der Teufel trägt doch Prada.
/
Gruß,
chip